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Mit 8.000 Einwohnern ist Glastonbury wohl die kleinste berühmte Stadt Großbritanniens.
Oder dessen berühmteste Kleinstadt.
Es liegt in den Somerset Levels, einem tiefliegenden Gebiet manchmal „Klein Holland“ genannt.
Es erhebt sich wie eine Insel
und vor dem 13. Jahrhundert, als mit der Landrückgewinnung begonnen wurde,
war es fast komplett von Sumpfen umgeben.
Es soll die Insel Avalon der keltischen Mythologie sein.
Das markanteste Merkmal ist das „Tor“, das sich ca. 160m über NN erhebt.
„Tor“ ist die örtliche Bezeichnung für einen kegelförmigen Hügel, aber für viele ist Glastonbury Tor „das“ Tor.
Der Turm ist der Rest der Kirche zu St. Michael, gebaut in den 1360er Jahren nachdem das Original zerstört wurde.
Eine Legende um das Tor besagt, dass es ein Zugang zur Hölle sein soll;
eine andere, dass hier der Heilige Gral begraben liegt.
In der Nähe ist Wearyall Hill, angeblich die Stelle wo Joseph von Arimathäa landete, und der Heilige Dorn mitbrachte.
Er ist eigentlich eine Art Weißdorn, der nur in Glastonbury wächst.
Er blühlt zweimal im Jahr: im Frühling und zu Weihnachten;
und jedes Weihnachten wird dem Monarchen ein Steckling gesandt.
Diese und andere Legenden wirken anziehend auf Leute, die ein unkonventionelles Leben erstreben.
Es gibt Indizien dafür, dass hier Menschen seit 8000 v. Chr. leben,
also sind auch die ältesten Gebäude relativ neu.
Die Trinkhalle erinnert an das 18. Jahrhundert, als Glastonbury ein Kurort war.
Das Rathaus ist ungefähr 100 Jahre jünger.
Die Johanneskirche ist viel älter, mehr oder weniger um 1500 fertiggestellt,
und der reichlich verzierte Turm ist die zweitgrößte in Somerset.
Das Marktkreuz wurde 1846 gebaut.
Das prächtige George and Pilgrims Hotel ist seit weit über 500 Jahren in Betrieb.
Ein Haus aus dem 15. Jh. diente als Gericht, heutzutage als Verkehrsamt.
Es ist aber alles kein Vergleich zur Abtei.
Vermutlich wurde mit den ersten Gebäuden um 712 n. Chr. begonnen,
und über die Jahrhunderten hinaus weiter gebaut.
Sie wurde 1539 aufgelöst und der letzte Abt, Whiting, auf Glastonbury Tor hingerichtet.
Schon zu Shakespeares Zeiten war sie eine Ruine.
1086 war sie die reichste Abtei in England; vor ihrer Auflösung war nur Westminster reicher.
Es ist schwer, sich vorzustellen, wie groß sie war.
Die Große Kirche war die längste in Nordeuropa.
Ein Modell im Besucherzentrum zeigt, wie sie augesehen haben muss, und wie sie die Stadt beherrschte.
Es muss ein prächtiger Anblick gewesen sein.
Hier und dort sieht man noch Farbe
und einige winzigen Fragmente des ursprünglichen Fußbodens haben überlebt.
Die Mönche behaupteten 1191 den Grab des Königs Arturs und der Königen Guinevere gefunden zu haben.
Zu der Zeit hatte die Abtei finanzielle Probleme, also ist Skepsis hier wohl angebracht.
Die noch bestehenden Überreste sind zum größten Teil die der Kirche;
die anderen Gebäuden sind bis auf die Fundamente fast komplett verschwunden.
Die Ausnahme ist die Küche des Abts, das einzige vollständige Gebäude.
Benediktinermönche aßen sehr einfach, aber Gäste mussten richtig gefüttert werden,
also hatte der Abt, der ja mit den Gästen aß, seine eigene Küche
und einen erstaunlich vollen Terminkalender.
Zusätzlich zu den Schornsteinen an jeder Ecke
war das ganze Dach so gebaut, dass Rauch und Dampf nach oben und raus geführt wurden.
Im Mittelalter war Glastonbury für Geld auf Pilger angewiesen.
Heutzutagen nennen sie sich „Touristen“. Dies ist noch immer die einzige Industrie in der Stadt.