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Hallo, YouTube,
und willkommen beim Kontrabass-Meisterkurs
für das YouTube Sinfonieorchester 2010.
Ich bin Matthew Gibson, Kontrabassist beim
London Symphony Orchestra.
Ich möchte euch ein paar praktische Tipps geben,
wie ihr an ein solches Probespiel
herangehen könnt.
Wenn ihr für ein Orchester vorspielt,
solltet ihr daran denken,
dass die Jury auf vier verschiedene Aspekte
eures Spiels achtet:
den Ton,den ihr auf eurem Instrument erzeugt,
die Musikalität eures Spiels,
solide Intonation,
und ein wirklich gutes Rhythmusgefühl.
Meiner Meinung nach sind alle diese vier Aspekte
gleich wichtig.
Bei der Vorbereitung von Orchesterauszügen
solltet ihr das Stück
zuerst einmal anhören,
falls ihr es noch nicht kennt.
Kauft euch eine CD, eine Aufnahme oder
ladet es herunter. Kauft wenn möglich eine Partitur
und macht euch vertraut mit dem Kontext der Musik
die ihr spielen werdet.
Und dann könnt ihr euch überlegen,
in welchem Tempo ihr das Stück spielen möchtet
und auch mit welchem Charakter.
Bei Orchesterauszügen kommt sehr häufig
noch Musik vor dem Teil,
den ihr spielt,
und wenn ihr fertig seid,
geht die Musik noch weiter.
Sehen wir uns als ersten Orchesterauszug
den dritten Satz von Beethovens
5. Sinfonie an.
Dieser Auszug besteht aus zwei Teilen.
Wir haben zur Eröffnung das Allegro und den Trio-Teil.
Beides gehört zum selben Satz.
Beim Vorspiel ist es wichtig,
beide Teile im selben Tempo zu spielen.
Und zur Bestimmung des Tempos
würde ich mir zuerst das Trio anschauen
und mir überlegen, wie ich diesen Teil spiele.
Das Stück ist voller Energie, eine Art fliegendes Staccato,
und sehr lebendig.
Es ist offensichtlich ein Einschlag-Takt.
Das ganze Stück ist im Einschlag-Takt.
Die Viertelnoten solltet ihr aber in einer Geschwindigkeit spielen,
in der die einzelnen Töne gut herauskommen.
Also...
Das wäre meiner Meinung nach ein passendes Tempo.
Nehmt das rüber in den Allegro-Teil
und beginnt den ersten Satz in dieser Geschwindigkeit.
Das Eröffnungs-Allegro ist legato.
Es beginnt mit einem Aufstrich
und ist pianissimo.
Am Ende der ersten Zeile
kommt ein Forzando.
Ich würde dieses Forzando nicht zu stark betonen.
Es muss eher eine moderate Betonung sein, keine starke.
Und bei dem Takt vor der Pause
würde ich mit getrennten Strichen spielen,
sodass das Fis am Ende des Taktes
innerhalb des Ritenutos gespielt werden kann,
das dann einsetzt.
Dann geht es wieder mit ganzen Viertelnoten weiter.
In den Takten bei dem Diminuendo, Subito-Diminuendo
nach den Forzando-Takten,
in Takt 43 gibt es zum Beispiel Forzandos,
in Takt 44 haben wir ein Diminuendo.
Ihr müsst das Gewicht wirklich weg von diesem Takt nehmen,
um wieder zum Pianissimo zurück zu kommen.
Dann kommt das Trio,
und das Trio sollte möglichst
im gleichen Tempo wie zuvor das Allegro gespielt werden.
Ich würde die erste Viertelnote
lang spielen, nicht kurz.
Das ist eine Art Sprungbrett in den Rhythmus des nächsten Taktes.
Crescendo im zweiten Takt,
und dann zwei Abstriche im dritten Takt,
damit ihr in Zweitaktphrasen
in der nächsten Passage phrasieren könnt.
Am Anfang dieses Auszugs
ist es meiner Meinung nach wichtig, eine bestimmte
Form in den Abschnitt mit den Viertelnoten zu bringen.
Phrasiert also zum Beispiel jeden zweiten Takt.
Und beim jeweils zweiten Takt
haltet die Auftakte lang.
Ein wichtiger Aspekt sind auch die Pausen.
Die Pausen müssen unbedingt im Tempo bleiben.
Es muss die ganze Zeit im Einschlag-Takt klicken.
Und im B-Teil
beginnen wir forte, dann diminuendo,
dann piano, und dann sempre piu piano.
Und ihr müsst wirklich ganz aktiv
das Gewicht vom Instrument wegnehmen
und immer leiser werden
und dabei das Tempo halten.
Unser nächster Auszug
ist Mozarts 35. Sinfonie, vierter Satz.
Diese Passage hat es in sich.
Diese fließenden Achtelnoten, über die Takte hinweg gebunden, piano.
Ich würde dies am Anfang ganz langsam üben,
mit getrennten Strichen
und mit zwei verschiedenen punktierten Mustern.
Ich zeige euch, was ich meine.
Das ist das erste punktierte Muster.
Das zweite würde so gehen...
Dann würde ich dasselbe erneut üben, diesmal aber gebunden.
Und das zweite Muster.
Dann würde ich es mit geradem Rhythmus üben.
Erst getrennt.
Und dann gebunden.
Und dann, wenn ihr mit einem Metronom spielt,
würde ich das Metronom eine Stufe höher stellen
und noch einmal ganz von vorne anfangen
und dabei jedes Mal schneller werden.
Bei einer so schnellen Passage
würde ich die Finger minimal bewegen,
besonders mit der linken Hand.
Hebt eure Finger nicht allzu weit vom Griffbrett ab.
Haltet sie nahe an den Saiten.
Verändert die Position möglichst wenig.
Und quert die Saiten nicht allzu sehr.
Vor allem müssen die Finger eurer linken Hand entspannt bleiben.
Der andere interessante Aspekt an dieser Passage
ist die Dynamik.
Takt 134, also der erste Takt,
ist mit piano angegeben.
Fünf Takte später steht wieder piano.
Und in Takt 147 steht forte.
Und das war es auch schon so ziemlich,
abgesehen von den zwei Forzandos
in den letzten vier Takten.
Aber natürlich müssen wir in diese Stelle
noch etwas Form hineinbringen.
Wir können das nicht die ganze Zeit flach spielen.
Wenn wir also zu der Melodie in Takt 139 kommen...
... würde ich
im dritten Takt das erste D trennen
und die nächsten drei Viertelnoten in einem Bogenstrich spielen,
mit einem wachsenden Crescendo über diese Viertelnoten
bis zum nächsten Takt und dann diminuendo
auf dem A und Fis.
Bei Takt 152
würde ich ein Crescendo durch diese Phrase spielen,
ein Diminuendo bei der nächsten,
Crescendo bis 157 und dann...
Baut jedes Mal durch die Phrase auf.
Ich spiele es euch vor.
Ein letzter Tipp:
die Nerven.
Wir alle sind nervös.
Ich bin jetzt nervös. Ich bin schweißgebadet.
Und wer behauptet, nicht nervös zu werden,
ist wahrscheinlich ziemlich nervös.
Profimusiker sind es gewohnt,
bei Auftritten nervös zu sein
und die Nervosität als positive Energie zu nutzen.
Aber ich habe schon ganz früh gelernt,
und das funktioniert bei mir gut,
vor einem Auftritt,
der mich nervös macht,
fünf oder zehn Minuten vorher
eine kontrollierte Atemü*** zu machen.
Dabei atme ich fünf Sekunden ein,
halte fünf Sekunden die Luft an,
atme fünf Sekunden lang kontrolliert aus
und warte dann wiederum fünf Sekunden lang.
Und dann wiederhole ich das vier, sechs oder acht Mal.
Und ich merke, wie mein Puls langsamer wird,
wenn ich nervös bin, und die Situation
wieder unter Kontrolle bekomme
und Freude an meinem Auftritt habe.
Ich muss sagen, ich spiele total gerne
in meinem Orchester.
Ich bin an so vielen verschiedenen Musikstücken
beteiligt.
Und in den letzten 20 Jahren habe ich mich niemals gelangweilt.
Also strengt euch an, und ihr könntet dabei sein.
Viel Glück!