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Kapitel 8 Coco by Karl
Mademoiselle Chanel.
Ich bewundere die junge Coco,weil sie aus dem bisschen Glück, das sie hatte,
etwas Großes gemacht hat, das ist fantastisch.
Ich bewundere sie als Kind.
Sie genoss keine Erziehung, die Eltern waren sehr arm,
der Vater nie da, da war nichts.
Ich meine, sie fing quasi bei Null an.
Erstaunlich, was sie daraus gemacht hat.
Ich denke, die Nonnen waren richtig bösartig,
und die Atmosphäre war sicherlich sehr unangenehm.
Die hygienischen Verhältnisse müssen schrecklich gewesen sein,
die Verpflegung sicher furchtbar.
Und im Winter war es bestimmt kalt.
Die Strafen waren sicher grausam, zu unmöglichen Zeiten wurde gebetet.
Wie haben sie das bloß überlebt, ohne krank zu werden?
Erkältung, Grippe, Lungenentzündung und der ganze Rest.
Es war schmutzig und ärmlich.
Der Erfolg von Coco kam nicht von heute auf morgen.
Er kann nur durch ihre Ausstrahlung erklärt werden.
Sie hatte Charme und ihren Reiz,
ich glaube, in ihrer Jugend hatte sie das gewisse Etwas,
das andere nicht hatten.
Chanel, sie hatte etwas Unwiderstehliches,
Chanel, sie hatte eine natürliche Vornehmheit.
Ihre eigene Definition von Eleganz.
Auf den Fotos strahlt sie dennoch
eine jugendliche Frische aus, mit ihrem dichten Haar,
einer sehr tiefen Stirn, und den ausgeprägten Augenbrauen.
Eine Art Audrey Hepburn vom Land.
Sie trug relativ einfache Sachen,
fast wie eine Gouvernante.
Daran ist nichts auszusetzen.
Das ist eleganter als dieser Schnickschnack und Flitterkram
aus hässlichem Satin.
Wenn man nicht dieses ganze Grünzeug auf dem Kopf trug,
dann taugte man praktisch nichts.
Etwas Kleines, Rundes aus Stroh anzustecken,
mit einer einzigen Feder,
dazu gehörte damals Mut.
Diese Zeit war furchtbar.
Man musste überleben,
man denkt, es war die Belle Époque,
es war absolut grauenvoll.
Für eine Frau war es viel schwieriger, Erfolg zu haben
als heute.
Man musste erfolgreich sein,
beweisen, dass man auf der Sonnenseite des Lebens stand.
Das ist ganz normal, notwendig und sogar bewundernswert.
Ich kann Coco Chanel verstehen.
Ich verstehe ihre Boshaftigkeit, ich verstehe alles,
denn wenn sie so geworden ist, wie sie später war, dann nur,
weil sie überwunden hat, wer sie war.
Ich bewundere außerdem, dass sie sich nichts hat gefallen lassen.
Sie hat viel dazu beigetragen, aus sich eine Legende zu machen.
Sie verkörperte viele Legenden.
Aber sie hat Recht.
Man schuldet niemandem die Wahrheit.
Sie hat ein Image geschaffen
und liebte die Vorstellung, dass sich die Nachwelt daran festhält.
Dass man heute sagt: So war das eigentlich nicht,
was bedeutet das schon?
Das Ergebnis ist da. Das Bild ist da.
Ihre Seele ist allgegenwärtig. Sie ist lebendig.
100 Jahre später
gibt es weltweit 300 CHANEL Boutiquen.
1913 gab es nur eine einzige in Deauville.
Was bedeutet das also schon?
Sie hat doch etwas geschaffen,
was keinem anderen gelungen ist.