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Stellen wir uns vor, wir wollen ein Teilchen entdecken. Als Erstes muss man -
Na klar! Danke, dass du das für uns klargestellt hast, John. Wenn wir mal ehrlich sind, sollten
wir sagen, dass das mathematische Modell für das Higgs in den 1960ern entdeckt wurde, aber
das Teilchen selbst wurde erst 2012 entde- äh... nachgewiesen. Das Higgs Boson ist noch nicht
einmal das erste Teilchen, dass am Large Hadron Collider... beobachtet wurde: das Xi-b Teilchen,
im Prinzip ein schwerer Bruders des Neutrons, wurde schon einige Monate vorher nachgewiesen.
Davon hat man nicht viel mitbekommen, weil das Xi-b nur eine neue Kombination von Quarks ist, die man
bereits kennt. Das ist also nicht so aufregend. Ich meine, wenn man Käse kennt und
Cracker kennt, dann stellt die Entdeckung von Käse auf Crackern, so lecker das ganze auch ist,
dein Universum nicht auf den Kopf.
Das Standardmodell der Teilchenphysik sagt aber auch etwas voraus, das über Käse und Cracker hinausgeht -
denn, einmal alle Bazillion Kollisionen, sollte ein Higgs Teilchen rauskommen, das dann
in alltägliche Teilchen, wie zum Beispiel Elektronen und Photonen, zerfällt. Und die
sind dieselben Krümel, die wir immer im Detektor finden.
Dieser Kampf zwischen dem unwahrscheinlichen Fall, dass wir ein Higgs-artiges Teilchen produzieren
und den Spratzillionen anderen Kollisionen, die die gleichen Krümel produzieren, ist ein Grund
warum wir überhaupt so große Maschinen wie den Large Hadron Collider brauchen. Es gab schon
früher Beschleuniger mit genügend Energie um prinzipiell ein Higgs Boson erzeugen zu können -
aber die konnten einfach nicht genügend Kollisionen machen, um wirklich sicher zu sein, dass es ein Higgs
Boson ist. Und nicht nur Krümel, die zufällig so aussehen, als kämen sie von einem Higgs Boson.
Das ist so, als versuchte man herauszufinden, ob ein 20-seitiger Würfel manipuliert ist. Du vermutest, dass
es doppelt so wahrscheinlich ist, dass du eine 3 bekommst, als es eigentlich sein sollte. Aber wie kannst du das
prüfen? Naja, das klingt recht simpel - einfach ein paar mal Würfeln und wenn zu viele Dreier kommen,
dann ist was faul, richtig?
Nicht so voreilig. Wenn du den Würfel, z.B. 10 Mal wirfst, gibt es eine gute Chance, dass du
überhaupt keine Dreien kriegst! Denn auch, wenn die 3 zweimal so wahrscheinlich ist, wie jede andere
Zahl, gibt ja immer noch genug andere Zahlen, die man würfeln kann.
Zufall und große Zahlen, können einen schnell in die Irre führen - selbst wenn man den Würfel
Hundert Mal wirft und tatsächlich mehr Dreien bekommt, stehen die Chancen immer noch 1 zu 50, dass der Würfel
NICHT manipuliert ist und man nur zufällig so viele Dreien bekommen hat. Wie viel würdest
du darauf wetten, dass du ein neues Teilchen nachgewiesen hast, wenn die Chancen 1 zu 50
stehen, dass du nur eine zufällige Abweichung gemessen hast, ohne dass es das Teilchen wirklich gibt? Was wäre
wenn ein Nobel Preis auf dem Spiel stünde - wie sicher willst du dir sein? 1 zu 1000?
1 zu 10.000?
Physiker sind da sogar noch rigoroser. Sie sagen erst dann, sie haben ein neues Teilchen nachgewiesen,
wenn die Wahrscheinlichkeit, dass sie das selbe Ergebniss durch Zufall bekommen haben, weniger ist als
1 zu 1 Million... wenn du also einen Teilchen- physiker überzeugen willst, dass ein Würfel
manipuliert ist, musst du über 550 Mal würfeln!
Und das auch nur bei einem 20-seitigen Würfel! Es gibt noch weit mehr
als 20 mögliche Ausgänge einer Hochenergie- Teilchenkollision. Also wenn man sich
sicher sein will, wenn man den Nachweis eines neuen Teilchens am LHC bekannt gibt, muss man
600 Millionen Kollisionen haben… jede Sekunde… Zwei Jahre lang. Erst dann kannst du den Wein
zu deinem Käse und deinen Crackern aufmachen und behaupten, dass du ein Teilchen entdeck- Ich meine,
wissenschaftlich nachgewiesen hast.