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Anfang 1943 kam die Gestapo, die Geheimpolizei,
die 2 Monate nach Hitlers Machtübernahme gegründet wurde,
und sagte uns: „In einigen Tagen müssen Eure Sachen gepackt sein.
Ihr werdet nach Berlin gebracht.
Wir schicken euch nach Osten."
Sie kamen nach 2, 3 Tagen.
Wir mußten einen kleinen Zettel ausfüllen, soweit ich mich erinnere.
„Da ich ein Verräter oder Spion bin, der gegen Deutschland handelt,
habe ich kein Recht, innerhalb der Grenzen Deutschlands zu leben
und werde nach Osten evakuiert."
Bei Paaren mit kleinen Kindern
unterschrieb entweder der Vater oder die Mutter für das Kind.
„Mein Sohn...", „Meine Tochter...", „Mein Baby..."
„Ein halbes Jahr alt...", „3 Monate alt..." ist ein Verräter oder Spion...
Und der Vater unterschrieb im Namen seines Kindes.
Wir verloren unsere Staatsangehörigkeit, weil...
Haben Sie unterschrieben? -Ja, wir mußten unterschreiben.
Sie brachten uns nach Berlin
in ein gewesenes Altenheim
in der Großen Hamburger Straße, soweit ich mich erinnere.
Dort blieben wir 2, 3 Tage.
Nein, zirka eine Woche.
Und...
Nach 3, 4 Tagen kamen zwei...
zwei Männer,
glatzköpfig, es geflohene Gefangene, die man geschnappt hatte.
und sagten: „Ihr braucht nichts in die Lager mitnehmen. Ihr verliert alles."
Wir antworteten: „Vielleicht habt ihr. Wir nehmen unsere Sachen mit.
Bei uns ist es etwas anderes. Wir sind anders."
Das waren Menschen, die aus Auschwitz. geflohen waren. Wir glaubten ihnen nicht.
Sie versuchten, uns aufzuklären, doch wir wollten nicht hören.
„Das sind Erfindungen, kommt schon, ihr redet Unsinn.
Wir glauben das alles nicht."
Also nahmen wir unser Gepäck mit. Wir ignorierten, was sie sagten.
Was haben Sie mitgenommen?
Jeder von uns hatte 2 Koffer und einen Rucksack.
Jeder trug 3, 4 Jacken, um so viel wie möglich mitnehmen zu können.
Am 19. April, 1943,
einen Tag vor Hitlers Geburtstag, der am 20. war...
Eine leitende Persönlichkeit schickte Hitler seine Glückwünsche:
„Als Geburtstagsgeschenk schicken wir einen großen Transport in den Osten."
Am 19. April brachte man uns zu einem abgelegenen Bahnhof.
Wir waren zirka 60, 70, 80 jüdische Frauen, Männer und Kinder.
Wir mußten in einen leeren Viehwaggon, der mit Stroh ausgelegt war.
Es gab nur einen Eimer für unsere Bedürfnisse.
Die Türen wurden geschlossen und wir fuhren ins Ungewisse.
Uns wurde gesagt: „Ihr Männer arbeitet auf einer Farm.
Die deutschen Farmer müssen an die Front.
„Die Frauen können in den Fabriken arbeiten,
Uniformen für die Armee und den Parteimitgliedern herstellen."
Und wir glaubten ihnen.
Entweder waren wir ignorant oder wir waren naiv, ich weiß es nicht.
Jedenfalls, wo liegt der Unterschied: hier oder dort zu arbeiten...?
Nach ein, zwei Tagen
kamen wir an. Die Viehwagen wurden geöffnet und wir schauten hinaus...
Können Sie ungefähr schätzen, wieviele Menschen in ihrem Waggon waren?
Ich glaube...
50, 60, so etwa.
Die Hälfte saß, der Rest lag auf dem Boden.
Wurde irgenwelche Nahrung verteilt? -Nein, nichts.
Wir wurden hinein gequetscht...
Wir dachten, etwas unterwegs zu erhalten, aber nichts, nein...
Wir waren zu aufgeregt zum Überlegen: Menschenskind, was sollen wir tun?
Wir hatten keine...
Es sei denn, man hatte seine eigene Verpflegung, etwas in den Taschen.
Gab es Fenster?
Ja, ein winziges Fenster in der Decke des Waggons, durch das ein wenig Luft kam.
Es war vergittert.
Ab und zu stieg einer auf den anderen, um heraus zu schauen.
Wenn der Zug anhielt,
hob einer den anderen auf seine Schulter, damit er sieht, wo wir waren.
Wir wußten es nicht.
Es war unbekannt.
Am 20. April...
Nebenbei, als wir auf dem Weg nach Auschwitz waren,
am 19.4.43, begann im Warschauer Ghetto der Aufstand. Wir wußten nichts.
Das geschah, während wir in Viehwaggons nach Auschwitz fuhren.
Die Waggontüren wurden geöffnet,
wir schauten hinaus und sahen, dass wir von Stacheldraht umgeben sind.
Gefangene liefen in gestreiften Anzügen hin und her.
SS-Soldaten mit Schäferhunden kamen zu den Waggons:
„Los, raus, schnell, los, bewegt euch!"
Einige Ältere sagten: „Moment, ich habe meinen Koffer vergessen."
„Vergiss den Koffer, du bekommst ihn später."
Sie drängten und stießen uns auf ein großes Feld.
Ich habe einige Bilder.
Ich weiß nicht, wie groß das Feld war.
Wir alle vom Transport wurden dorthin gebracht.
Mitten in diesem Durcheinander stand ein Mann auf einem Podest
und selektierte mit Handbewegung, wer leben und wer sterben wird.
Er schrie: „Junge Männer hier! Junge Frauen dort!
„Frauen mit Kinder! Frauen ohne Kinder!
„Alte Männer! Alte Frauen!" Er sortierte sie alle.
Den Alten wurde gesagt: „Sicher seid ihr von der Fahrt müde.
„Geht in die Halle dort,
„duscht und wechselt die Hemden."
Sie sagten: „Um Himmels Willen, wir können nicht so viel gehen,
„das ist zu weit." „Macht euch keine Sorgen."
Große Menschengruppen
wurden von Lastautos abgeholt. Ich weiß nicht, wie weit es war.
Man brachte sie zu den sogenannten „Duschen".
Die anderen, die jüngeren, brachten sie...
Ich war ok. Ich war 22 Jahre alt. Für die Nazis war ich in Ordnung.
Auf Lastwagen brachten sie uns nach Ausschwitz 3.
Waren Sie mit Ihrer Frau.
Ja, bis wir in Ausschwitz-Birkenau angekommen sind.
Im Moment der Selektion wurden wir getrennt.
Ich beobachte etwas, was meine Frau nicht sah,
sonst hätte sie nicht überlebt:
eine Frau mit 2 kleinen Kindern und einem auf den Arm.
Die Kinder weinten furchtbar.
Meine Frau wollte dieser Frau helfen:
„Gib mir ein Kind, ich werde es halten."
Als ich aber sah, dass ein Unterschied besteht zwischen Frauen mit Kindern
und Frauen ohne Kinder,
schrie ich im letzten Moment zu meiner Frau:
„Gib das Kind zurück. Hier geht etwas vor."
Meine Frau sah mich an: was hat er nur?
Sie gab das Kind zurück. Andernfalls wäre meine Frau...
Das Schicksal der Frau war gleich so vieler anderer.
Es hat keine Frau mit Kinder das Lager wieder verlassen.
Alte und fast alle die, die Kinder hatten, wurden umgebracht.