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Die Welt braucht heute nicht nur gute Dance-Songs
– die meiner Meinung schon wieder out sind.
Die Welt braucht etwas völlig Neues.
[DIE MITWIRKENDEN: GIORGIO MORODER]
[PRODUZIERT VON GIORGIO MORODER & PETE BELLOTTE] - Wie war das damals,
als du mit der Musik angefangen hast?
Kann ich die Geschichte erzählen,
wie ich den Synthesizer kennenlernte?
Ich traf diesen deutschen Klassik-Komponisten, der einen Moog hatte.
Also fragte ich ihn, ob ich mir den mal anhören könne.
Ich besuchte ihn dann,
und er spielte mir diese Basslinie vor ...
[imitiert Synthesizer-Sound]
Das klang alles sehr tief und mysteriös,
aber irgendwie auch langweilig.
Also fragte ich seinen Techniker,
was man damit noch so machen könne.
„Viele Sachen“, meinte er.
[imitiert Synthesizer-Sound] ... und all so was.
Und in dem Moment wusste ich,
dass ich mit diesem Instrument arbeiten wollte.
Ich hatte diese Idee von einem Album mit Donna Summer.
Ich fand, dass der Sound gut war,
aber ich fand nicht, dass er in der Welt
der elektronischen Musik von großer Bedeutung war.
Mittlerweile aber höre ich
immer mehr Menschen sagen: „Wow, das ist der Song.
‘I Feel Love’ ist der Song,
der die elektronische Tanzmusik revolutionierte.“
Jeder tanzt doch gerne.
Für zehn Minuten, eine Stunde, zehn Stunden
vergisst man seine Probleme
und ist einfach gut drauf.
Diese Tanz-Verrücktheit war hauptsächlich
diesem neuen Rhythmus geschuldet.
Verstehst du? Diese Bassdrum.
Wir nennen den Rhythmus „Four on the Floor“.
Sogar ich würde dazu tanzen können, weil ...
Er geht so: eins, zwei, drei ...
Man wird förmlich zum Tanzen gezwungen.
Die 120 bpm erinnern ein wenig
an unseren Herzschlag.
Es schlägt etwa 60-mal in der Minute.
120 Schläge pro Minute sind das Doppelte.
Der Rhythmus fährt also fast automatisch in den Körper.
Geht man heutzutage in eine Disko,
besonders in diese großen wie auf Ibiza,
ist das absolut surreal.
Dort siehst du 5.000 Menschen,
wie sie alle im Gleichtakt tanzen.
Der DJ übernimmt die Rolle des Dirigenten eines großen Orchesters:
Er drosselt das Tempo, und alle werden langsamer.
Dann erhöht er das Tempo, und alle tanzen wie verrückt.
Alle sind glücklich, und ich glaube,
das ist wohl auch das Vermächtnis der Dance-Musik.
Darum ist Dance im Moment
auch die populärste Musik auf der Welt.
- Wann haben Sie zum ersten Mal
einen Song von Daft Punk gehört?
Oh, das müssen so fünf oder sechs Jahre her sein.
Mein Lieblingssong damals war ...
Ich hatte es eben doch noch.
„One More Time“ war mein Lieblingssong.
Besonders der Teil, in dem sie den Song zerlegen,
und man nur noch diese leise Melodie
und einfachen Akkorde hört.
Das ist ein schöner Moment.
Thomas und Guy-Manuel sind Perfektionisten.
Wenn ich auf dem Vocoder einen Sound erzeugen wollte,
dauerte das 20 Minuten
oder eine Stunde.
Sie erzählten mir dann, dass sie bis zu eine Woche
nach dem richtigen Sound suchen.
Und wer weiß, wie lange sie für die Vocals brauchen.
Ich glaube, sie berücksichtigen einfach
jedes noch so kleine Detail.
Wenn man all diese Details vernachlässigt,
kann ein Song auch nicht erfolgreich sein.
Allerdings muss ich gestehen,
dass die Aufnahmen mit Donna Summer
nur wenige Stunden dauerten.
Ich bin einfach nicht so detailverliebt.
Neulich hörte ich mir die 24-Spur-Aufnahme von „Love to Love you Baby“ an,
meinem ersten Hit mit Donna Summer.
Dabei stellte ich fest,
dass die Basslinie am Anfang wirklich schrecklich ist.
Aber damals hörte ich das nicht,
also nahmen wir sie auch rein.
Bei Daft Punk ist das allerdings nicht der Fall.
Sie hätten sich niemals damit abgefunden.
Als ich ins Studio kam,
war schon alles für mich vorbereitet.
Unter anderem waren drei Mikros aufgebaut.
Ich fragte mich,
ob sie Angst hätten, dass ein Mikro nicht reichen würde.
Also wandte ich mich an den Techniker
und fragte ihn:
„Warum benutzt ihr drei Mikros?“
Er sagte: „Das linke ist für den Sound der 60er, das andere für den der 70er
und das hier für den Sound von heute.“
„Und wer würde den Unterschied hören?“
Da meinte er nur: „Niemand.“
„Und warum macht Thomas das dann?“, wollte ich wissen.
„Na weil er den Unterschied hört!“, war seine Antwort.
In den 70ern ging ich nicht in Diskos.
Ich war ja im Studio und arbeitete bis spät in die Nacht.
Hin und wieder nahm ich kurze Demos auf
und gab sie einem befreundeten DJ,
der die Songs spielte, um die Reaktionen zu testen. Mehr machte ich damals aber nicht.
Ich hatte keine richtige Vorstellung von meiner Zukunft.
Ich bevorzuge digital, weil es so viel einfacher ist.
Mit ein bisschen Talent und etwas Leidenschaft
kann man großartige Musik machen.
Vor 20, 30, 40 Jahren
war das um einiges schwieriger.
Jetzt drückt man einen Knopf, und man hat einen Loop.
Man drückt, und hat einen Arpeggio. Man drückt hier und da ...
Das sorgt heutzutage
für ein unglaubliches musikalisches Output.
Darum wollten Daft Punk etwas machen,
das nicht nur durch Drücken einer Note
oder eines Akkords entsteht.
Und das kann man hören.
Ihr Sound ist ansprechend und kräftig, und die Drums und der Bass
klingen warm und satt.
Es ist an der Zeit, in der Disko-Welt
etwas Neues zu erschaffen.
Ich liebe Disco-Dance weiterhin,
aber das hier ist ein Schritt nach vorn.
Sie mussten einfach etwas Anderes machen.
Immer noch Dance und immer noch Electronic,
aber mit einer menschlichen Note.