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Der Parther Farnaspe bittet,
zu dir vorgelassen zu werden.
Er komme und werde angehört.
Tapfere Kameraden, ihr bietet mir ein Reich,
das euer Blut nicht minder als das meine erhält,
und ich weiß nicht,
warum ich allein die Früchte unserer gemeinsamen Mühen ernten soll.
Heute, da dich Rom als seinen Kaiser verehrt,
wende deinen erhabenen Blick, der das Schicksal vieler Reiche bestimmt,
auf den Prinzen Farnaspe. Er war dein Feind.
Nun legt er seinen Zorn vor des Kaisers Füßen nieder
und schwört Gehorsam und Treue.
(Diese Feigheit ist unnötig, Farnaspe.)
Rom ist die Mutter aller Völker
und nimmt jeden in ihren Schoß, der sich ihr anschließen will.
Sie ehrt die Freunde, vergibt den Besiegten, und in erhabener Tugend
erhöht sie die Unterdrückten und erniedrigt die Hochmütigen.
(Welch unerträgliche Eitelkeit!)
Auch ich komme, um dich um einen Akt römischer Tugend zu bitten.
Die Tochter des Parther-Königs schmachtet in euren Kerkern.
Und?
Trockne die Tränen ihres Vaterlands!
Übergib sie mir, und nimm dafür, was ich dir biete.
Ihr Vater möge kommen, denn für ihn behüte ich sie.
Unterdessen sorgen wir für sie.
Seit dem verhängnisvollen Kampfwissen wir nichts vom Schicksal unseres Königs.
Doch ist der Kaiser so eifrig auf ihre Ehre bedacht,
so überlasse er ihrem Bräutigam die Sorge für sie.
Wie? Emirena ist Braut?
Es fehlen nur noch die heiligen Riten.
(O Gott!) Aber wo ist der Bräutigam?
Herr, ich bin es.
Prinz, die schöne Gefangene soll selbst über ihr Schicksal bestimmen.
Gehen wir zu ihr. Wenn sie dich, wie du glaubst, weiterhin liebt,
dann... (es sei gesagt)
nimm sie fort mit dir.
Von den Lippen, die dich so zart entzünden,
hängt dein Schicksal ab,
von ihnen hängt dein Schicksal ab
(und auch das meine).
Dein Leiden quält mich.
Ich teile es, und ich spüre,
dass die Qual in deinem Herzen ebenso das meine quält.
Von den Lippen, die dich so zart entzünden,
hängt dein Schicksal ab
(und auch das meine).
Farnaspe, hast du die Worte des Kaisers verstanden?
Mir scheint, er liebt Emirena, ist eifersüchtig auf dich
und vertraut ihr.
Liebt sie womöglich meinen Feind?
Ach, ich will diese Klinge vor deinen Augen...
Nein, das glaube ich nicht. Sie ist meine Tochter.
Ich will den Händen meines Feindes
das holde Pfand entreißen, um das ich zittere,
und dann meinem Zorn freien Lauf lassen.
Fürchte, stolzer Römer, Osroas Zorn!
Ich bin besiegt, doch nicht geschlagen,
und dir zum Trotz will ich es ewig bleiben.
Die starke Eiche verachtet das Rasen der Winde,
gewohnt, die Härte Hunderter Winter zu ertragen.
Und geht sie doch zu Boden, sticht sie bald darauf in See
und trotzt auf dem Meer weiter dem Wind.
Die starke Eiche verachtet das Rasen der Winde,
gewohnt, die Härte Hunderter Winter zu ertragen.
Ach, wenn ich Emirena nicht listig zuvorkomme,
bin ich verloren.
Der Kaiser überlässt sie großmütig Farnaspe, obwohl er sie liebt.
Und vergisst er die Glut, die ich so kunstvoll schürte,
kehrt er zu Sabinas Liebe zurück, deren Antlitz ich stets im Herzen trage.
Götter, wo versteckt sich Emirena?
Da ist sie. Ans Werk!
Ist es wahr, Aquilio, oder bin ich zu leichtgläubig?
- Ist mein Farnaspe eingetroffen? - Wäre er es doch nicht!
Warum betrübt dich mein Glück?
Prinzessin, ich beklage dein Unglück.
Ach, hättest du gesehen, wie aufgebracht der Kaiser deinetwegen ist!
Farnaspe verlangte nach dir.
Er sagte, dass ihr einander liebt.
So weckte er im Herzen des Kaisers rasende Eifersucht.
Erzittert, droht und schwört,
er werde dich, falls deine erste Liebe nicht erloschen ist,
hinter seinem Wagen zum Kapitol schleifen.
Wappne dich!
Ich habe dir gezeigt, wie du deinem finsteren Schicksal entgehst.
Ich Elende, welch ein harter Schritt!
Prinz, ist dies das Antlitz deiner Geliebten?
O Gott! Sie ist es,
die meinen Augen immer wieder schöner erscheint.
(Sei standhaft, mein Herz!)
Schöne Emirena, sieh, mit wem ich zu dir zurückkehre.
Ich weiß, dass mein Kommen dir diesmal willkommener ist.
Bestätige es mir.
Herr, wer ist dieser Fremde?
- Der Fremde? - Du kennst ihn nicht? - Du weißt nicht, wer ich bin?
(Wie quälend ist diese Heuchelei!)
Ich erinnere mich nicht.
Schöne Emirena, in solcher Weise empfängst du deinen Geliebten?
- Deinen Farnaspe... - Du bist Farnaspe?
Nun erkenne ich dich an deinem Namen.
Ich weiß, wie viel mein Vater deiner Tapferkeit zu verdanken hat.
Ich erinnere mich an deine vielen Siege
und ebenso an deine Verdienste.
Ach, vergiss mich nur schnell wieder!
Das wäre weniger beleidigend für mich.
Wie beleidige ich dich, wenn ich deine Verdienste und meine Pflicht anerkenne?
(Gerechte Götter, welche Kälte! Ich verliere den Verstand.)
Wer von euch betrügt mich?
Verstellt sich Emirena, oder heuchelt Farnaspe?
Die Liebe oder das Vergessen muss gelogen sein.
Ich bin es nicht, die dich betrügt.
Dann bin ich es also?
Ich weiß nur zu gut, welche Macht
deine Blicke über mein Herz haben.
Ein einziger genügt, um die Treue
in meinem Herzen zu schwächen.
Würde dein Antlitz erröten
und Reue dein Herz plagen,
könnte ich mich an deiner Röte
voller Hoffnung und Stolz erfreuen.
Ich weiß nur zu gut, welche Macht
deine Blicke über mein Herz haben.
Ein einziger genügt, um die Treue in meinem Herzen zu schwächen.
Bräutigam, Kaiser, Herr!
Wie sehr habe ich auf diesen Augenblick gewartet!
Nun ist er gekommen, und ich bin bei dir.
Lass mich dich betrachten, geschmückt vom Lorbeerkranz,
der meine Liebe so viel Leid gekostet hat.
- (Was soll ich sagen?) - Du antwortest nicht?
Vergib mir. Ernste Pflichten rufen mich fort.
Aquilio, das verstehe ich nicht.
Und doch ist das Rätsel leicht zu erklären.
Der Kaiser ist verliebt. Dies ist deine Rivalin.
Gnädige Kaiserin,
der Himmel möge dich lange Zeit für deinen Kaiser erhalten!
Hab Mitleid mit einer Unglücklichen, und hilf ihr!
Reich und Bräutigam,
Vaterland und Vater, alles habe ich verloren.
Nicht du bist elend.
Vielleichtwerde ich dich bald selbst um Gnade bitten.
Meine Fesseln...
Genug. Lass mich allein.
(O Götter, welche Qual!)
Als verlassene Gefangene
verdiene ich Mitleid, nicht Härte.
Ach, du tust deinem Herzen Unrecht,
wenn du mich so verachtest.
Vertraue nicht dem Schicksal!
Auch ich bin von königlicher Geburt,
und auch du könntest eines Tages
in Fesseln seufzen.
Als verlassene Gefangene
verdiene ich Mitleid, nicht Härte.
Ach, du tust deinem Herzen Unrecht,
wenn du mich so verachtest.
Ich weine!
Ach nein! Meine Schwäche soll sich nicht offenbaren.
Doch der harte Schlag trifft meine Tugend schwer.
Ich ging bis nach Asien, um meinen Liebsten zu suchen,
fand ihn treulos bei meiner Rivalin, und mein Anblick verwirrte ihn.
Er hörte mich kaum an und wandte den Schrittfort von mir.
Sollte ich da nichtweinen?
Ach, das würde selbst einen Stein erweichen!
Wer ohne Tränen erträgt,
seinen Liebsten mit seiner Rivalin zu sehen,
der hat kein Herz in der Brust
oder kennt die Liebe nicht.
Wenn ihr je so fühltet, ihr schönen liebenden Seelen,
bestätigt meinen grausamen Schmerz.
Wer ohne Tränen erträgt,
seinen Liebsten mit seiner Rivalin zu sehen,
der hat kein Herz in der Brust
oder kennt die Liebe nicht.
Ihr wilden Parther, der Himmel lacht unserem Plan.
Schaut euch um, und betrachtet die Ruinen des Reiches unserer Feinde!
Dieser Schatten einer Rache sei ein Trost für unsere Verluste.
Oh, wie schnell breitet das Feuer sich aus,
und wie viele Flammen und Funken fliegen zum Himmel empor!
Ach, wären doch in diesen Mauern, die das parthische Feuervernichtet,
der Senat, das Kapitol und ganz Rom versammelt!
Osroa, mein König!
Sieh, Farnaspe!
Dies ist mein Werk.
- Götter! Und deine Tochter? - Wer weiß?
Vielleicht erleidet sie in den Flammen im Angesicht ihres Kaisers
die gerechte Strafe für ihre Schuld.
Ach, Emirena, ach, meine Liebste!
- Höre, wohin gehst du? - Sie retten und sterben.
Wie? Die Undankbare, Treulose,
- die vergaß... - Sie ist eine Verräterin, ich weiß,
aber sie ist meine Geliebte.
Dieser Verrückte ist verloren; Freunde, wenden wir uns anderen Dingen zu!
Werft die Fackeln zu Boden! Versteckt euch am gewohnten Ort!
Und dennoch,
meinem Zorn zum Trotz,
regt sich Vaterliebe in mir.
Ich kann nicht fortgehen.
Immer wieder wende ich mich jenen Mauern zu.
Ha, ich will die zärtliche Stimme nicht hören!
Ach, vielleicht stirbt gerade meine Tochter!
Und vielleicht ruft sie mich sterbend beim Namen!
Hoffentlich ist Farnaspe noch rechtzeitig gekommen.
Ich will ihr Schicksal erfahren.
Wohin wende ich mich?
O Götter! Von dort nahen Leute,
dort schwillt der Lärm,
der ganze kaiserliche Palast ist in Aufruhr.
O Freund! O Tochter!
Gehe ich? Bleibe ich? Was tun?
Wenn ich sie nicht rette, bin ich verloren.
O Götter, ihr habt mir alles geraubt!
Warum nur ließt ihr mir diese zarten Gefühle?
Im selben Augenblick friere und glühe ich,
ich bin furchtlos und fürchte mich, ich widerstehe und ergebe mich,
ich entschließe mich und bereue.
Welch finsterer Augenblick für mich!
O Götter! Wertröstet diese verirrte Seele?
Der Freund... die Tochter... das Reich... das Leben...
Die Gefahr naht, und es gibt keine Hoffnung.
Im selben Augenblick friere und glühe ich,
ich bin furchtlos und fürchte mich, ich widerstehe und ergebe mich,
ich entschließe mich und bereue.
Welch finsterer Augenblick für mich!
Kann denn niemand mir sagen, ob mein Bräutigam noch lebt?
Aquilio, wo,
- ach, wo ist der Kaiser? - Lass mich doch Luft holen.
Wo hält er sich auf? Sprich!
- Da ist er. Sei nicht zornig. - Hast du Emirena gesehen?
- Ich habe dich gesucht. - Wo ist Emirena?
Ich bin ihr auf den Fersen, doch ich habe sie noch nicht gefunden.
Arme Prinzessin!
Und um dich selbst sorgst du dich kaum?
Wohin willst du im nächtlichen Getümmel?
Finde den Schuldigen, bevor du es wagst.
Der Schuldige ist bereits gefunden. Ich kenne ihn, es ist Farnaspe.
Er liegt in Ketten, es gibt nichts mehr zu befürchten.
- Also hat der Törichte... - Erst muss ich Emirena finden!
- Farnaspe! - Prinzessin!
- Du, ein Gefangener? - Du lebst?
Der Tod flieht die Unglücklichen.
Hast du diese Flammen gelegt?
- Nein, aber man glaubt es. - Warum?
Weil ich Parther bin, weil ich verzweifelt bin
und weil ich in diesen Mauern aufgegriffen wurde.
- Und warum kamst du? - Um dich zu retten und zu sterben.
Letzteres mag mir der Himmel bescheren,
doch nicht das Glück,
dass du meinem Tod dein Leben verdankst.
Du lässt mich einsam mein erbärmliches Leid beweinen,
grausames, ungerechtes Schicksal!
Ach, was soll aus mir werden?
Wie kann ich diesem grausamen Schlag entgehen?
Ihr Grausamen, mein Liebster, Tyrann!
Ich will mit dir sterben.
Du lässt mich einsam mein erbärmliches Leid beweinen,
grausames, ungerechtes Schicksal!
Ach, was soll aus mir werden?
O willkommener Zorn!
O wunderbare Gefühle der Liebe und des Mitleids!
Ihr versichert mich ihrer Treue
und nehmt meinen Ketten all ihr Gewicht.
Manchmal hört man
selbst im Kerker
froh den Vogel singen,
wenn seine treue Gefährtin
seinem Klagelied antwortet,
in dem er von der Liebe singt
und sich nach Freiheit sehnt.
Er denkt nicht länger an sein Nest, verbannt den Schmerz aus seiner Brust
und preist allein die süße Liebe.
Manchmal hört man
selbst im Kerker
froh den Vogel singen,
der von der Liebe klagt...
...und sich nach Freiheit sehnt.
Sehe ich gut aus? Gefalle ich euch?
Na, was meinst du?
Ich sehe doch aus wie ein Engel
im rustikalen Gewand.
Ist es nicht so?
Oja, das glaube ich. Ihr müsst es nicht beschwören.
Aber lassen wir die Scherze.
Fulvia, heute muss dieser Gauner hier vorbeikommen,
der sich als Polin ausgibt,
sich Baldracca nennt
und meinen Bruder beinahe getötet hat, als er ihn ausraubte.
Ich habe mich,
damit er mich nicht erkennt,
als ein Mann vom Land verkleidet.
Und du sollst dich als meine Schwester ausgeben.
Mit diesen Edelsteinen und diesen falschen Goldketten
sollst du für ihn der Lockvogel sein.
Meine Freunde warten auf mein Zeichen.
Wenn ich mich nicht irre,
sehe ich den Schurken dort kommen.
Tun wir, als ob wir schlafen.
Gebt einer armen Polin,
gebt Baldracca, gute Leute...
(Der hier schläft und hört uns nicht.)
Gebt ihr ein Almosen!
Sie schlafen tief und fest; umso besser.
Sieh nur, wie viele Goldketten sie um ihren Hals trägt!
Oh, welch ein Glück! Schau mal, ob du ihr welche stibitzen kannst.
Könnt Ihr dies hier bitte halten? Ich arme Frau
muss in diesem Zustand arbeiten.
He, Faccenda, mein Freund, schleich dich an
und mach die Verschlüsse auf.
Gebt einer armen Polin,
gebt ihr ein Almosen!
Du dummer Trottel, wenn du schon wegläufst,
nimm wenigstens die lose Kette mit!
Los, geh wieder zurück!
Nein? Du Kamel!
Dann gehe ich selbst, und du, pass auf, wie man stiehlt!
Schau mal, wie behände ich sie ihr abnehme!
Guten Tag, die Herrschaften.
Gebt Baldracca,
gebt ihr, gebt ihr,
gute Leute,
gebt ihr ein Almosen!
Warum lachst du, Dummerjan?
Wenn sie aufwacht, blüht uns was!
Nimm diese, steck sie ein!
Schwesterlein, sieh da!
Gebt mir ein Almosen!
He, du Dieb! Mörder! Halunke!
Ein Furunkel? Nein, mein Herr,
ich bin schwanger.
Ihr habt meiner Schwester die Ketten geraubt!
Ihr irrt. Ich faste
und habe niemandes Essen geraubt.
Zum Teufel!
Ich verstehe nicht. Wo kommst du her?
Ich komme aus Paris, ich bin Franzose.
Wie? Du bist Franzose? Schnell fort!
- Wo wollt Ihr hin? - Komm nicht näher!
Ich bin schwanger, und mein Kind hat Angst vor Franzosen.
Kommt her, kommt her!
Nein, nein, Monsieur!
Wie ist dein Name?
Ich hab so viele...
Du heißt Sofia?
- Ein schöner Name. - Und Eurer?
Mein Name ist... geheim.
- Ich verstehe Euch nicht. - Wie, heucheln? Ich?
Ah, du Schlaumeier! Du Wicht!
Her damit, Faccenda, schnell, sonst blüht uns was!
Auf sie, auf sie, Kameraden!
O weh, ich komme nicht davon!
Mein Bauch ist mir im Weg.
Nehmt dem Alten und der Frau die Kleider ab!
Zum Teufel! Monsieur, ich will mich entkleiden lassen wie befohlen,
aber lasst nicht zu, dass unzüchtige Bauernpfoten
meine Jungfräulichkeit gefährden!
Schön, meine Schwester wird Euch entkleiden.
(Ich muss mich zusammenreißen.)
-Ah, Schurke! - Wer mir zu nahe kommt, stirbt!
Gebt mir einen Stock!
Lasst mich leben!
Ich gebe auf, ich ergebe mich.
Bindet ihn, Freunde!
Oh, wie entsetzlich!
Wer bist du, dass du mich so verfolgst?
Ich bin Livietta.
Meine Teure, ach, Gnade!
Ich will Rache!
Liebste, warum bist du so herzlos zu deinem glühenden Verehrer?
Wenn du mit mir kommen willst, nehme ich dich zur Frau.
Ich, die Frau eines Gauners,
eines Diebes, eines Mörders?
Mit Verlaub: Frauen sind nicht anders, sie gehen nur anders vor.
- Wie? - Ermordet ihr nicht täglich höflich
jeden, der sich euch nähert?
Und warum müsst ihr uns ständig plagen?
Ja, das wäre nur zu schön, dass wir euch bedienen,
euch unterhalten und vergnügen, einfach so,
ohne jeden Dank dafür!
Ein Blick, eine Geste von uns
ist eine unermessliche Gnade.
Wer nur durchs Schlüsselloch
einen Blick auf mich erhaschen will,
der muss mich reich beschenken.
Das mag tun, wem es gefällt. Wem nicht, der geh in Frieden.
Er lebe wohl und ich ebenso.
Und warum müsst ihr uns ständig plagen?
Ja, das wäre nur zu schön, dass wir euch bedienen,
euch unterhalten und vergnügen, einfach so,
ohne jeden Dank dafür!
Du hast vollkommen recht. Bist du nun zufrieden?
Zufrieden? Im Gegenteil, noch wütender!
Es nützt nichts:
Ich bringe dich zur Obrigkeit.
Ach nein, Gnade!
Spar dir deinen Atem!
Ich habe mich entschieden.
- O Gott! - Du sollst sterben!
Ja, das würde mir gefallen.
Ich Elender! An wen wende ich mich nun?
Ja, an euch, Götter der Unterwelt!
Ihr Proserpinas, Plutos, Hydras, Zerberusse, Sphinxe,
wilde Gewitterstürme,
Donner, Blitz und Grollen
und ihr Geschweiften,
ihr finsteren Kometen!
Fixe und wandelnde Sterne,
halbe und volle Monde,
haltet ein, haltet ein in eurem Lauf
und schaut meine missliche Lage!
Seht den armen Tracollo, dem bitteren Ende nah!
Ich spüre schon die Schlinge um meinen Hals.
Ich bekomme schon kaum noch Luft.
Dies ist mein letzter Seufzer.
Meine Seele flattert, flattert,
schon hebt sie ab,
schon ist sie fort.
Seht den armen Tracollo,
dem bitteren Ende nah!
Schon naht der Tod.
Wie ist er hässlich!
Sieh nur seine drohende Fratze!
Von Kopf bis Fuß
wird mir kalt,
und ich zittere.
Seht den armen Tracollo,
dem bitteren Ende nah!
Ich spüre schon die Schlinge um meinen Hals.
Ich bekomme schon kaum noch Luft.
Dies ist mein letzter Seufzer.
Meine Seele flattert, flattert,
schon hebt sie ab,
schon ist sie fort.
Seht den armen Tracollo, dem bitteren Ende nah!
Du bemühst dich vergebens, mich von meinem festen Entschluss abzubringen.
Dein Flehen vergiftet und verhärtet mein Herz nur noch mehr.
Ach, welch grausames Gemüt! Es gibt also keine Hoffnung?
- Die Würfel sind gefallen. - Ist es das, was du willst, Tigerin?
Dann gehe ich in den Tod.
Ich gehe. Aber erträgt es dein Herz, deinen glühenden Verehrer
in den Fängen der Justiz wie einen gerupften Hahn
leiden zu sehen,
leiden und zagen?
Geh! Ich habe kein Herz. Ich weiß nicht, wie sehr du
in den Fängen der Justiz
wie ein gerupfter Hahn leiden musst,
leiden und zagen.
- Ach, beruhige dich! - Bemüh dich nicht!
- Verzeih mir! - Welch eine Qual!
- Mein Leben! - Fort, stirb!
Ich kenne keine Gnade.
Welch eine Qual! Wie grausam!
- Hast du kein Herz? - Doch, mein Herr.
-Ach, beruhige dich! Verzeih mir! - Nein, mein Herr.
- Mein Leben! - Nein, mein Herr!
- Welch eine Qual! Fort, stirb! - Welch eine Qual! Wie grausam!
Du bist wahrhaftig noch eifriger und aufmerksamer, als ich dachte.
Kaum ist der nächtliche Brand gelöscht, finde ich dich in des Kaisers Gemächern.
O Gott, Sabina, wie tust du mir Unrecht!
Dass der Kaiser mich liebt, ist nicht meine Schuld, und es ist mir eine Qual.
Ich sorge mich, weil Farnaspe in Gefahr ist.
Nur aus diesem Grund bin ich hier.
Soll ich seinen Tod wortlos mit ansehen?
Farnaspe ist doch mein Geliebter!
Geh, er ist in Sicherheit. Mach dich zum Aufbruch bereit.
Ich komme mit deinem Bräutigam zum großen Brunnen in den kaiserlichen Gärten.
Erwarte mich dort, bevor die Sonne im Zenit steht.
Aber wirst du kommen? Ich bin es gewohnt, dass das Schicksal mich trügt...
Hier meine Rechte, nimm sie als Pfand.
Ach, meine Seele kann solch große Freude kaum fassen!
O ich Glückliche! O großmütige Kaiserin!
Wer weiß? Wenn Emirena fort ist,
findet mein Bräutigam vielleicht zu seiner früheren Liebe zurück.
- Liebste Emirena! (Götter, was sage ich!) - Warum fliehst du, Adriano?
Gönne mir nur einen Augenblick in deiner Nähe,
dann kehre zu deiner Liebsten zurück, wenn du es willst.
Was soll ich sagen? Ich bin vollkommen verwirrt.
Ich sehe, du hast gute Gründe, mich zu verfluchen.
Doch wozu?
Ich war im Lager, als man Emirena zu mir brachte.
Ihr Anblick, als mich die Gefesselte um Gnade bat,
als sie diese Hand ergriff und mit Tränen benetzte,
als sie sanft die flehenden Augen zu mir hob...
Ach, hättest du sie dort bei mir gesehen,
würdest selbst du, Sabina, mir verzeihen.
Ach, das ist zu viel!
Hat man je von größerer Grausamkeit gehört?
Ist dies mein Lohn? Barbar!
Lügner! Verräter! Undankbarer!
Sabina, du hast gewonnen.
Ich kehre in unseren glücklichen Bund zurück; ich bin dein.
- (Himmel!) - Was sagst du? - Ich bin besiegt,
ich ergebe mich und schenke dir mein Herz.
-Ach nein, das glaube ich nicht. - (Ich muss etwas unternehmen.)
- Wenn du Emirena wiedersiehst... - Das werde ich nicht.
- Aber kannst du dich auf dich verlassen? - Ich bin entschlossen,
und alles ist möglich, wenn man nur will.
Die unglückliche Gefangene bittet, vor dir niederknien zu dürfen.
Emirena möge gehen, ohne mich wiederzusehen.
Aquilio, überbringe ihr meinen Befehl!
Ach, was wird sie sagen, die arme Prinzessin?
- Heda! Was sagst du? - Nichts, Herr. Ich eile zu gehorchen.
Warte! Es ist besser, wenn sie ihr Schicksal aus meinem Mund erfährt.
Sie einen Augenblick anzuhören,
was kann es schon schaden?
Ach, Undankbarer, du betrügst mich,
indem du mir Hoffnung gibst!
Während du mir Treue schwörst, verrätst du mich erneut!
Du kannst deine neue Liebe nicht vergessen.
Du irrst umher, du seufzt,
du suchst nach ihr.
Fern von ihr bist du dem Tode nah.
Ach, Undankbarer, du betrügst mich,
indem du mir Hoffnung gibst!
Während du mir Treue schwörst, verrätst du mich erneut!
Geduld, mein Herz!
Dein Sieg ist nicht mehr fern, doch noch ist er nicht reif.
Des Kaisers Liebe und Sabinas Zorn streiten für uns.
Die Schlacht ist im Gange, doch wir wollen nichts übereilen.
Der weise alte Krieger schlägt niemals hastig zu.
Er beobachtet den Feind, wartet auf seinen Vorteil
und lässt sich niemals von der Hitze des Zorns hinreißen.
Er setzt Hand und Fuß, täuscht an, stößt vor und weicht zurück,
bis der Augenblick kommt, der ihm den Sieg beschert.
Der weise alte Krieger schlägt niemals hastig zu.
Er beobachtet den Feind, wartet auf seinen Vorteil
und lässt sich niemals von der Hitze des Zorns hinreißen.
Ich sehe Sabina nicht.
Bei diesem Brunnen sollte ich warten, und sie kommt noch immer nicht.
- Hier ist deine Braut. - Schöne Emirena!
Bist du es wirklich, lieber Prinz? Ich glaube es kaum.
- Endlich, Liebste... - Für Zärtlich keiten bleibt keine Zeit.
Ihr müsst euch retten.
Geht fort zu sicheren Ufern, Freunde; möge euch Fortuna schützen
und Amor euch leiten.
Das Licht eines freundlichen Sterns leuchte euch hell
und leite euch sicher zum geliebten Ufer!
Und für mich wende sich das Schicksal
und wecke in einem Herzen
die Gnade, die ich einem anderen gern gewähre!
Das Licht eines freundlichen Sterns leuchte euch hell
und leite euch sicher zum geliebten Ufer!
Bist du wahrhaftig mein?
Ich zweifle und glaube fast, noch zu träumen.
Mein Bräutigam, damit wir vollkommen glücklich sind,
müssen wir nur noch den Vaterfinden.
Oh, wie wird er sich freuen, mich wiederzusehen!
- Warte! - Warum?
Hörst du nicht den Waffenlärm?
Ich höre ihn, doch ich weiß nicht woher.
- Von dem Weg, den wir nehmen müssen. - O weh!
Verzage nicht, meine Liebste!
Versteck dich, während ich erkunde, was die Bewaffneten wollen.
Was mag es sein? Ihr Sterne, verlasst mich nicht!
Nun mag der Hochmütige den Schatten von seinen römischen Trophäen erzählen!
Herr, wohin willst du in diesen Kleidern?
Mein Freund, wir sind gerächt. Das Land ist vom Tyrannen befreit.
- Sieh hier die gesegnete Klinge, die Adriano tötete! - Wie?
Der verhasste Römer
pflegte auf diesem Pfad heimlich in Emirenas Gemächer zu gelangen.
Einer seiner Gefolgsleute enthüllte mir das Geheimnis.
Das Gold hat unter den Helden vom Tiber einen Verräter gefunden.
In dieser Verkleidung lauerte ich ihm auf,
und als er mit dem Diener erschien, erstach ich ihn.
(Wer mag der Römer sein? Er schwingt eine Klinge, die blutig scheint.)
(Könnte ich nur sein Gesicht erkennen!)
Warte dort zwischen den Sträuchern! Ich bin gleich zurück.
Komm schnell zurück, oder ich gehe allein.
Hier entlang... Nein, diesen Weg... Ja, diesen nehme ich.
- Halt, Verräter! - Götter, wen sehe ich!
Lasst ihn nicht entkommen, Wachen!
- Ich bin wie erstarrt. - (Ach, wir sind entdeckt!)
Erstaunt es dich, Undankbarer, mich lebendig zu sehen?
Dein Schweigen verrät dich.
Heda! Bringt den Verbrecher in den finstersten Kerker!
Haltet ein! Hört! Er ist unschuldig.
Prinzessin, was tust du?
Himmel! Du hier bei Farnaspe? Und du verteidigst den Verräter?
Er ist kein Verräter. In den Sträuchern...
- Schweig! - ...versteckt sich der Schurke,
der die blutige Klinge gegen dich schwang.
(O Gott, sie weiß nicht, dass es ihr Vater ist!)
Sieh hier, Kaiser!
Es ist wahr, ich bin es.
Ach, Vater!
Der König der Parther in römischem Gewand!
Ihr Frevler, wie viele von euch haben mich verraten?
Ich allein dürste nach deinem Blut.
Ich traf den Falschen, aber lässt du mich am Leben, mache ich den Fehler gut.
Verbrecherseele! Du missbrauchst meine Geduld.
Heda, Wachen, werft die Schuldigen in einen Kerker,
der ihrer Taten würdig ist!
Auch Emirena?
Ja, auch die Undankbare.
Ach, welch Ungerechtigkeit!
Für welches Verbrechen willst du sie strafen?
Ihr Feinde und Verbrecher,
alle sollt ihr zittern!
Ihr seid treulos und wisst es und beleidigt mich noch immer?
Wie grausam wüten sie in meiner Seele,
Zorn, Reue, Liebe und Eifersucht!
Alle Furien der Hölle toben in meinem Herzen.
Ihr Feinde und Verbrecher, alle sollt ihr zittern!
Ihr seid treulos und wisst es
und beleidigt mich noch immer?
Vater... O Gott!
Wie kann ich dich noch Vater nennen, da ich dich töte?
Ach, wenn du für mich...
Geh,
bring meine Standhaftigkeit nicht ins Wanken!
Ach, du verjagst mich zu Recht. Vergib mir, Vater!
Sieh, ich liege dir zu Füßen!
Lass mich allein, meine Tochter.
Nein, ich bin nichtzornig. Ich umarme dich.
Ich verzeihe dir, leb wohl,
die ich mit ganzer Seele liebe.
O trauriges Lebewohl!
O bitterer Abschied!
Diese Umarmung, diese Vergebung,
dieser Blick und dieser Seufzer,
zu Recht mehren sie meine Qualen
und erschweren meine Schuld.
Was du mir warst und ich dir bin,
versteht mein betrübtes Herz nur zu gut,
da es sein Verbrechen
an deiner Gnade misst.
Diese Umarmung, diese Vergebung,
dieser Blick und dieser Seufzer,
zu Recht mehren sie meine Qualen
und erschweren meine Schuld.
Genügte doch wenigstens all mein Blut,
um meinen König und meine Braut zu retten!
Mein Freund, ich bin bereits geschwächt.
Nimm du mir nicht die letzte Kraft!
Der Feind möge mich zu seiner Schmach über seinen Zorn erhaben sehen!
In meiner letzten Stunde
möge er mich fallen sehen und noch immer fürchten!
Der tödlich verwundete Löwe spürt sein Leben schwinden,
betrachtet seine Wunde und verliert doch nicht den Mut.
In seinen letzten Stunden brüllt, droht und wütet er so sehr,
dass er noch im Sterben den Jägerzittern lässt.
Der tödlich verwundete Löwe
spürt sein Leben schwinden,
betrachtet seine Wunde
und verliert doch nicht den Mut.
Und du zerfließt nicht in Tränen,
du vergehst nicht in Seufzern, trauriges Herz?
Du bist von solchem Schmerz erfüllt, doch du erduldest ihn schweigend
und beklagst dich nicht über dein grausames Schicksal?
Spürst du es nicht?
Ach nein, hier liegt der Irrtum:
Dein Schweigen,
das dich lähmt, es lässt mich zittern, und ich fürchte zu Recht,
hast du den Schrecken überwunden, erdrückt dich dein Leid.
Trüb und schwarz,
unter schweigendem Himmel,
liegt das Meer still und tief,
es regt sich kein Wind,
und in der Brust des Seefahrers beginnt das Herz zu klopfen.
Verborgen in jenem Schrecken naht der Wirbelsturm.
Die Stille ist ein Omen für das heraufziehende Unwetter,
das die Winde entfachen, die im Meer verborgen sind.
Trüb und schwarz,
unter schweigendem Himmel,
liegt das Meer still und tief, es regt sich kein Wind,
und in der Brust des Seefahrers beginnt das Herz zu klopfen.
Ich sehe, der Himmel verdunkelt sich.
Kein Stern ist zu erkennen.
Sonne und Mond verbergen sich.
Was wird nur geschehen?
Soll ich etwas vorhersagen?
Es wird regnen und donnern.
Die Sache fängt an, mir zu gefallen.
Wenn nur nicht bei meiner Heuchelei, wie man so schön sagt,
die Pferde mit mir durchgehen!
Ich muss Geduld bewahren.
Nur so bin ich dem Tod entkommen.
Aber ich höre Leute. Aufgepasst! Es ist Livietta.
Genau zur rechten Zeit. Nun zahle ich es ihr heim.
Wer ist das?
Mir scheint, es ist Tracollo.
Er ist es.
Wie das, in diesen Kleidern und ganz ohne Fesseln?
Ah, Mars, Mars!
- Ich verstehe, aber du irrst dich. - Was sagt er?
Entweder ist er verrückt, oder er verstellt sich.
Ich will die Wahrheit herausfinden.
Edler Herr!
Ah, unterbrecht die Unterredung nicht,
die ich mit den Sternen habe! Was wünscht Ihr?
Nichts, Herr. (Ich will mitspielen.)
Kommt her, ich will Euch trösten.
Was ist mit Euch? Sprecht!
Aber zuerst küsst meine Hand!
- Sehr gern. - Wisst Ihr, wer ich bin?
- Wenn Ihr es mir nicht sagt... - Ich bin...
Ich bin der große Don Chiaravalle aus Mailand.
Und was tut Ihr hier an diesem einsamen und finsteren Ort?
Ich erstelle Kalender nach dem Mond, der Sonne und den Sternen,
den ach so fernen.
Und Euer Name, holde Nymphe?
Wie? Seid Ihr nicht Astrologe?
- Ja, schon. - Und Ihr wisst ihn nicht?
Nicht im geringsten.
Große Geister befassen sich nicht mit solchen Kleinigkeiten.
Dann bin ich eine bessere Astrologin als Ihr.
- Wie das? - Ich weiß Euren Namen.
Wie ich sagte, meine Liebe: Don Chiaravalle.
Aber Ihr habt gelogen. Ihr heißt...
Ihr heißt Tracollo.
So hieß ich, willst du wohl sagen, denn ich bin tot.
Ja, ich bin sein Schatten,
der, ungerächt, die träge Lethe nicht überqueren kann
und damit nicht zum anderen Ufer gelangt.
(Wie schön er spielt! Ich will die Sache klarstellen.)
Ach, komm, meine grausame Mörderin,
und führe mich in Charons Gefilde!
- Heda, Hände weg! - Schweig, schweig!
Und komm, Grausame! Denn ohne dich
komme ich nimmer über den Styx.
Hierher! Zum Nachen, zum Nachen!
Weh, um Himmels willen!
- Es muss sein! - Lass mich...
- Überlistet! - ...nur einen Augenblick...
- Du flehst vergebens. - ...Luft schnappen.
- Ich höre nichts. - Ich kann nicht mehr.
- Stirb! - Ich sterbe. - Krepiere!
Wann sind wir da?
Oh, das dauert noch.
(Wenn ich sie nicht erobere, sind wir wenigstens quitt.)
Wer steht mir bei?
Zu Hilfe!
Seid so gut!
Ich werde ohnmächtig, ich sterbe.
Liebster, verzeih mir!
Sei nicht länger zornig!
Nimm meine Rechte als Friedenspfand!
Ich verlasse dich.
Leb wohl, mein Tracollo!
Vergiss Livietta nicht!
Ach, bevor der Tod meine Augen schließt,
gestrenge Götter, wenn ihr gerecht seid,
lasst ihn kurz zur Besinnung kommen,
damit er sieht,
wie sich seine Rache vollendet,
wenn ich meine Seele aushauche.
Liebster, verzeih mir, sei nicht länger zornig!
Nimm meine Rechte als Friedenspfand!
Ich verlasse dich. Leb wohl, mein Tracollo!
Vergiss Livietta nicht!
Glaube ich ihr oder nicht?
Gehe ich näher oder nicht?
Werde ich weich oder bleibe ich hart?
Ich befürchte, sie verstellt sich.
Sie ist viel zu gerissen.
Einerseits ist das wahr,
andererseits habe ich Mitleid mit ihr.
Der Schreck und die Anstrengung
könnten sie überwältigt haben.
Ich bin versucht...
So sei's! Ich habe alles durchdacht.
Ich will mich leise anschleichen,
und wenn sie sich nur ein wenig regt,
spiele ich wieder verrückt und glaube ihr nichts.
Sie regt sich nicht,
sie atmet nicht.
Die Augen sind geschlossen,
die Nase ist kalt.
Vielleicht ist es tatsächlich ernst.
Ich will sie rufen. Livietta!
Ich tanz' auf der Wies' wie ein Franzos'!
Sie hat sich beruhigt.
Vielleichtwaren dies ihre letzten Zuckungen.
Die Arme! Nun ist sie tot.
Sie ist tot.
O meine schöne verblichene Livietta!
Sol, sol, fa, fa, mi, sol, do, do, re...
Ach, Livietta, es ist aus mit dir!
Aber wann?
Nun stirb endlich, oder steh auf und lebe!
Mir scheint, auch mich packen Zuckungen.
Das war sicher ihr letzter Seufzer.
Sie ist fort, kein Zweifel mehr.
Ich hab's vergeigt!
Ach, warte, meine Schöne!
Ich will dir alles beichten.
Ich tat nur so verrückt, um meine Haut zu retten,
und hätte nie gedacht, dass dies bisschen Aufregung,
die das Spiel beleben sollte, dich stattdessen...
Ah, du Erzschurke!
-Auch das noch! - Ich wusste es!
Ich könnte mich erwürgen!
Lass mich das für dich erledigen.
Nein, warte!
Ich will deinem Wunsch entsprechen.
Da du es so willst, will ich den Tod nicht länger fliehen.
Ich werde mich der Justiz stellen.
Du wirst schon sehen. Aber vorherwisse:
Ich habe einen Haufen Gold unter diesem Baum vergraben. Sieh gut hin!
Ich überlasse es dir
und außerdem... Hört, ihr alle,
ihr Gräser, Blätter und Blumen,
Tiger, Panther, Wölfe, Bären, Wildschweine, Schafe und Schäfer!
Bezeugt meinen letzten Willen:
Ich überlasse dir mein Herz
als Pfand meiner Liebe; quäle es nicht länger!
Tyrannin,
Tyrannin, leb wohl!
Soll ich nun lachen oderweinen?
Höre...
Was willst du?
Liebst du mich wirklich?
Was glaubst du? Das musst du selbst entscheiden.
Ich möchte nicht... Nun gut.
Es sei! Was geschehen ist, ist geschehen.
Wenn du schwörst, dein Leben zu ändern
und dies elende Handwerk aufzugeben, werde ich deine Frau.
- Ich schwöre es! - Sei vorsichtig!
Was soll's? Ich habe mein Wort gegeben.
Es sei! Hier meine Hand.
Ich kehre vom Tod zurück ins Leben. Gesegnetes Spiel!
- Du wirst ein ehrlicher Mann? - Vollkommen ehrlich.
- Und deiner Frau treu? - Vollkommen treu.
Und du, geliebte Frau, wirst du deinem Mann treu sein?
Vollkommen treu.
Ich bleibe dir nah wie die Taube ihrem Täuberich
und sage dir ewig: Gr...
Grausamer, komm herzu mir.
Ich bleibe dir nah wie der Bock seinem Schaf
und sage dir ewig: Mä...
Mädel, Schönes, ich komm zu dir.
- Oh, wie schön! - Wie wundervoll!
Vor lauter Freude bekomme ich weiche Knie.
Wie? Ich soll gehen?
Ist er derart blind,
ist er derart ungerecht?
Und für welches Vergehen will Adriano mich bestrafen?
Er weiß, dass du Emirena und Farnaspe bei der Flucht geholfen hast.
O Götter!
- Und ich soll fort, ohne ihn zu sehen? - So ist es.
- Und wann? - Die Schiffe sind schon bereit.
Einem solchen Befehl darf man nicht gehorchen.
Ach nein, du wärst verloren! Geh, vertrau mir!
Widersetzt du dich nicht, wirst du siegen.
Ich werde den rechten Augenblick finden,
um ihm die Augen zu öffnen.
- Doch sag ihm wenigstens... - Geh, kein weiteres Wort!
Ich habe verstanden.
Sag ihm, er ist treulos, sag ihm, er hat mich verraten!
Höre, nein, sag das nicht!
Sag ihm, ich werde gehen,
sag ihm, ich liebe ihn!
Ach, siehst du ihn angesichts meines Schicksals seufzen,
dann komm zurück und tröste mich,
denn mehr ersehne ich nicht, bevor ich sterbe.
Sag ihm, er ist treulos, sag ihm, er hat mich verraten!
Höre, nein, sag das nicht!
Sag ihm, ich werde gehen,
sag ihm, ich liebe ihn!
Ich habe intrigiert, damit Sabina abreist,
und nun betrübt es mich, dass sie geht.
Bedenke, mein Herz: Bleibt sie, so verlierst du sie.
Sie erweckt des Kaisers Tugend.
Du kannst die Trennung von deiner Liebsten kaum ertragen;
willst du aber glücklich werden, musst du sie erdulden.
Vielleicht könnte ich in meinem Leid glücklich leben,
könnte ich je die Sonne meiner Augen dazu bewegen,
meiner Liebe und meinem Herzen treu zu sein.
Doch bleibt er ihr nahe,
ihrem lieblichen Gesicht, für das er feurig brennt,
wie kann ich dann auf Frieden hoffen
und wie auf Liebe?
Vielleicht könnte ich in meinem Leid glücklich leben,
könnte ich je die Sonne meiner Augen dazu bewegen,
meiner Liebe und meinem Herzen treu zu sein.
-Aquilio, was hast du erreicht? - Nichts, Herr.
Gemäß deinem Befehl tat ich alles, um Sabina aufzuhalten.
Aber sie ist entschlossen zu gehen.
Überlege dir nun, meinen Rat in die Tat umzusetzen!
Ein Zeichen von Osroa wird genügen, damit Emirena dich liebt.
Sie verachtet dich, um ihrem Vater nicht zu missfallen,
und für ihn wäre es ein großes Glück,
durch ihre Heirat sein Reich zurückzuerlangen.
Höre, und wenn dann...
- Zweifle nicht länger, Herr! - Tu, was dir beliebt!
Was kann die Welt dagegen sagen?
Es ist doch ein natürlicher Trieb, sein Leben zu erhalten,
und ohne Emirena brächte mir das Leben nichts als Leid.
- Warum verlangst du nach mir? - Der König der Parther setze sich
und höre mich an.
Osroa, die ganze Welt ist dem Wandel unterworfen,
und es wäre merkwürdig, bestünde allein unser Hass ewig.
Schließlich ist Frieden notwendig für den Besiegten
und nützlich für den Sieger.
Wisse, dass du Herr über meinen Frieden bist,
wie ich über deine Tage bestimme.
Nur auf dein Wort wird die Prinzessin mein;
nur wenn ich es will, bist du frei und König.
Wenn die schöne Emirena nicht den süßen Bund mit mir eingeht,
habe ich keine Liebe, keinen Frieden
und kein Leben.
Wenn so wenig zu deinem Glück genügt,
sei es mir Recht, dass man meine Tochter rufe.
Heda, nehmt dem König der Parther die Fesseln ab!
Noch ist nicht die Zeit dafür, Adriano.
Ich könnte mich an deiner Gabe eher erfreuen als du dich an der meinen.
- Schönste Emirena! - Es ist besser,
- wenn ich es ihr erkläre. - Das ist wahr.
- Was willst du mir sagen? - Die unersättliche Flamme...
- Lass mich ausreden! - Wie du wünschst.
Der Himmel hat deine Augen mit solcher Tugend gesegnet,
dass sie unseren Besieger versklavten
und er das Leben ohne dich hasst, die er liebt und verehrt.
Du kannst also...
Ich bin noch nicht fertig.
Diese Geruhsamkeit bringt mir den Tod.
Ich will... Höre, meine Tochter,
und präge dir diesen letzten Wunsch deines Vaters tief in der Seele ein:
Wenn ich sterbe, sollst du meine Rächerin sein!
Hasse den Tyrannen, wie ich ihn immer hasste!
Dies sei dein väterliches Erbe.
Osroa, was sagst du?
Weder Furcht noch Hoffnung soll dich an ihn binden,
und du sollst ihn ewig erbittert und vergrämt
voller Zorn zittern und toll vor Liebe rasen sehen.
Gerechte Götter, er verspottet mich!
Nun möge der Kaiser sprechen,
Osroa ist fertig.
Der Kaiserwird in Kürze
vom Thron herab sprechen.
Er wird angemessen antworten:
dem Verbrecher als Richter
und dem Besiegten als Sieger.
Du verschmähst meine Gnade; du wirst es zu spät bereuen
und deinen unberechtigten Zorn vergeblich bedauern.
Der Kaiserwird in Kürze
vom Thron herab sprechen.
Er wird angemessen antworten:
dem Besiegten als Sieger.
Ich Elende, wer kann mir noch raten?
- Eile, Emirena! - Wohin? - Zum Kaiser. - Und warum?
Sorge dafür, dass er den gegen deinen Vater erteilten Befehl widerruft.
Der wäre?
Er soll würdelos und in Ketten fortgebracht werden...
- Zum Tod? - Nein, schlimmer.
- Wohin? - Nach Rom.
Und was kann ich für ihn tun?
Geh, flehe, weine, und biete Adriano an, seine Frau zu werden!
Vergiss jede Zurückhaltung, Achtung, Hoffnung und Liebe!
Gib alles auf und rette den König!
Er hat mir eben befohlen, den Kaiser ewig zu hassen.
Ach, du darfst keinem Befehl gehorchen, der im Zorn gegeben wurde!
Osroa stirbt, während wir noch planen, ihn zu retten.
- Leb wohl! - Hör mich an!
- Was willst du? - Geh...
Warte... O Götter!
Ich will, dass du mich verlässt, und will es doch nicht.
Nimm mit diesem Lebewohl ein letztes Pfand von mir entgegen,
ein letztes Pfand meiner treuen Liebe.
Mit diesen Worten, mein Liebster, reißt du mir das Herz heraus,
du reißt mir bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust.
- Geh! - Ich verlasse dich.
Ach, höre!
Welche Qual! Sprich, Liebster!
Denk an mich!
O Gott, vielleicht ist der Tod
doch nicht so bitter.
Ach, du sprachst nicht die Wahrheit,
Liebster/Liebste, als du sagtest,
du seist für mich allein geboren
und ich allein für dich.
Nimm mit diesem Lebewohl ein letztes Pfand von mir entgegen,
ein letztes Pfand meiner treuen Liebe.
Mit diesen Worten, mein Liebster, reißt du mir das Herz heraus,
du reißt mir bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust.
- Geh! - Leb wohl!
- Höre! - Sprich!
Oh, vielleicht ist der Tod
doch nicht so bitter.
Ich verlasse dich. Leb wohl, Liebster!
Meine Liebste!
Denk an mich!
O Gott, vielleicht ist der Tod
doch nicht so bitter.
- Sabina, höre! - O weh!
Götter! Was willst du?
Bin ich dir so verhasst,
dass du fortwillst, ohne mich zu sehen?
O nein, verspotte mich nicht länger!
Du jagst mich fort und verweigerst mir deine Nähe...
Ich? Wann?
Aquilio, bat Sabina nicht darum, mich verlassen zu dürfen?
O Götter!
Befahl der Kaiser nicht, ich solle fort, ohne ihn noch einmal zu sehen?
Ob ich spreche oder nicht, ich bin verloren.
- Heda, haltet ihn! - Grausames Schicksal!
Und meine Braut bleibe bei mir!
Ich, deine Braut? Und wann?
In Kürze. Lass mich nur noch einmal aufatmen.
- Ach, Kaiser, Gnade! - Gnade, Herr!
- Für wen? - Für meinen Vater. - Für meinen geschlagenen König.
Der römische Senat wird über ihn entscheiden.
So kümmert dich nicht, wie Emirena weint,
die deine Brautwird, wenn du es willst?
Meine Braut?
Ach, ich kenne ihr Herz nur zu gut!
Nein, nein! Der Hass ihres Vaters und ihre alten Bande sind zu stark.
Selbst als meine Ehefrau wäre sie meine Feindin.
Nein, Kaiser, du irrst dich.
Die Pflichtwird der Liebe den Weg bereiten.
Widerrufe den Befehl,
vergib meinem Vater
mit dieser unbesiegten Hand, die die Welt erhält,
die ich küsse und herze und mit Tränen benetze!
Kaiser,
ich sehe, was offensichtlich ist:
Du bemühst dich vergebens, zu dir zurückzufinden.
Ich entbinde dich von deinen Pflichten, verzeihe dir deine Vergehen
und will selbst für dich einstehen.
Großmütige Seele,
Tausender Reiche würdig, Großherzige!
Welch übermenschliches Beispiel der Tugend!
Seht, ich erwache aus dem bösen Schlaf, in den ich verfallen war!
Ich bin frei und wieder ich selbst.
An diesem Tag sollen alle glücklich sein!
Osroa gebe ich sein Reich und die Freiheit zurück.
Farnaspe gebe ich seine schöne Emirena wieder.
Aquilio vergebe ich alle seine Untaten.
Und nun, da ich deiner würdig bin, gebe ich mich dir.
- O Freude! - O Güte!
O unverhofftes Glück!
Seht den wahren Adriano!
Nun erkenne ich ihn wieder.
O Kaiser, möge dein Name
ewig im Ätherwiderhallen!
Lasst uns diesen Freudentag
mit einem Gedenkstein ehren!