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DAS PROJEKT „BLANKES PAPIER”
VIER KREATIVE AKZENTE SETZEN
Kreative Lösungen aus einer völlig neuen Perspektive
von einem blanken Papier
finden am ehesten allgemeine Anerkennung.
Mein heutiger Gast praktiziert diese Methode.
Ich begrüße Sir John Hegarty,
Gründer und Global Creative Chairman von BBH
beim Projekt „Blankes Papier”.
Sir John, willkommen.
Darf ich Sie John nennen?
Aber bitte.
Was geht in Ihnen vor, dass Sie diese Methode praktizieren...
Was geht in Ihnen vor, wenn Sie ein blankes Papier vor sich haben?
Nun, ich...
Ich finde es immer wieder spannend.
Das motiviert mich.
Tatsächlich aber
denke ich in der Situation
und angesichts all der Möglichkeiten:
„Das könnte mich und meinen Kunden berühmt machen.“
Unsere Branche ist sicher eine der kreativsten überhaupt,
da muss man jeden Tag frische Ideen haben.
Die Inspiration ist überall.
Sehen Sie es sich an.
Lesen Sie Bücher. Gehen Sie ins Theater.
Lesen Sie Zeitschriften. Auch das, was Sie nicht lesen wollen.
Businessmagazin. Seien Sie interessiert.
Bilden Sie sich eine Meinung. Besuchen Sie Kunstgalerien.
So bleiben Sie mit der Welt in Verbindung.
Eine Sache... Eins muss ich sagen...
Es enttäuscht mich,
wenn ich...
Wenn ich sehe, dass sich alle YouTube angucken.
Warum tun die Leute das?
- Was gibt es da zu sehen? - Das ist alt.
Wirklich gute kreative Leute entschlüsseln Dinge.
Man nimmt Ideen und repräsentiert sie neu.
So arbeiten gute kreative Leute.
In der Werbung erfolgreiche Leute sind Unternehmer.
Egal, in welcher Abteilung sie arbeiten.
Sonst sind sie in der falschen Branche.
Selbst unsere Buchhalter sind interessant.
Sie denken wie Unternehmer.
Ich frage mich, wie es wohl war, und ich war damals nicht dabei,
aber 1955, als das kommerzielle Fernsehen begann -
das war eine grundlegende Veränderung für unsere Branche.
Unsere Branche entwickelt sich ständig weiter,
sie verändert sich.
Doch Geschichten spielen eine fundamentale Rolle,
wenn es darum geht, wie wir Informationen aufnehmen.
Das bleibt auch so.
Wir haben die Chance, sie unterschiedlich umzusetzen.
Wir hatten die Idee: Alle Schafe gehen in eine Richtung,
nur ein schwarzes Schaf schwimmt gegen den Strom:
„Black Levi's. When the world zigs, you zag.”
Genial daran war,
dass sie es sich ansahen
und fragten: „Wo sind die Jeans?“
Wir sagten: „Jeder weiß, wie Jeans aussehen.“
„Wir wollen rüberbringen, dass sie schwarz sind.“
Die Leute fragen sich, wie man eine eigene Kultur kreiert,
und versuchen eine zu erfinden.
Aber manchmal passiert es einfach,
es ergibt sich aus seiner Arbeit, aus seiner Art..."
Das schwarze Schaf wurde dann zu unserem Logo,
denn wir fanden,
wir schwammen wirklich gegen den Strom.
Das war so toll an diesem Werk.
Die Häagen-Dazs-Kampagne,
ich glaube 1991, wurde die Marke in Großbritannien eingeführt.
Abgesehen von der Inspiration des blanken Papiers
gab es eine knappe Deadline.
Die Kampagne kostete wenig,
verursachte aber einen Wirbel in der Branche.
Wir hatten ungefähr vier Kampagnen hinter uns,
aber der Kunde war sich noch nicht sicher.
Jemand aus unserem kreativen Team meinte:
„John, die entscheiden sich nie für was Interessantes.“
Wir gaben ihnen aber noch eine Chance.
Wir wollten zuhören...
Schließlich war es eine Bemerkung...
Nick Kendall meinte irgendwann:
„Das Produkt hat etwas.
Die Leute reden darüber,
als hätte es etwas Sinnliches.“
Mit diesen Worten öffnete Nick eine Tür.
Wir dachten: „Wow.
So hat noch nie jemand über Eis gesprochen.“
Wir reden nicht darüber, welche Zutaten das Eis hat,
sondern dass es ein sinnliches Vergnügen ist.
Auf die Art und Weise
gaben wir diesem Produkt einen ganz eigenen Bereich,
den kein anderes Produkt in Anspruch nahm.
Das war eine gute Lektion -
was Sie auch tun - kreieren Sie Ihren eigenen Bereich.
Die Branche ist toll.
Es gibt weltweit keine andere Branche,
die meint, sie könne Erfolg haben, indem das Produkt schlechter wird.
Unser Produkt ist schlechter. Das ist eine Tatsache.
Keine andere Branche.
Audi würde nie sagen: „Wir verkaufen mehr Autos,
wenn wir sie etwas schlechter machen.“
Kein Restaurant würde sagen: „Wir machen das Essen schlechter.“
Kein Kleiderhersteller würde sagen:
„Ich mache die Jacke schlechter und verkaufe mehr.“
Unsere Branche macht das schlechteste Produkt
und hält es für erfolgreicher.
Ich würde gerne wissen, wo das herkommt.
Denken Sie, Ihre Kunden verstehen
sowohl den Zwang als auch die Inspiration
des blanken Papiers?
Kunden wollen eine Wissenschaft daraus machen.
Sie sind leidenschaftlich.
Wenn diese Branche wissenschaftlicher sein könnte,
wären sie begeistert.
Denn sie rechnen ja alles aus und sagen: „Das ist es.“
Wir haben recherchiert. Wir haben eine Strategie.
Wir haben alles genau geprüft...
Es ist fast so,
als würden sie ein Heilmittel für Krebs entwickeln.
So gehen sie an die Sache heran.
Aber das, was wir tun...
Verkaufstechnik ist eine Kunst, das wird auch so bleiben.
Das geht vielen gegen den Strich.
Es war ja mal eine Zeit lang so,
dass die Werbung führend war im Multikommunikationsprozess,
und andere Disziplinen waren zweitrangig -
PR, Direktmarketing, Sales Promotion et cetera.
Ist die Situation heute anders,
da sich alle Disziplinen mehr oder weniger ebenbürtig sind,
wenn es um das Resultat für den Kunden geht?
Ja, man könnte von einer Art...
..Erhöhung des Wortes Kollaboration sprechen.
Es ist ein tolles Wort. Fabelhaft.
Wie toll, dass wir alle kollaborieren.
Doch daraus wird schnell ein Konsens.
Das ist das Problem dabei,
auch wenn es immer Kollaboration gab.
Wer ein Drehbuch schreibt,
spricht mit dem Regisseur,
man spricht mit dem Set Designer,
dem Cutter, der Musik...
Man kollaboriert und schafft etwas.
Heute besteht die Ansicht,
jeder könne eine tolle Idee haben.
Das nennt sich Crowdsourcing - wunderbar.
Ganz toll.
Natürlich kann jeder eine tolle Idee haben.
Ich zitiere.
Es gibt ein tolles Zitat von Marcel Duchamp, glaube ich:
„Wir sind alle Künstler. Aber nicht alle sollten ausstellen.“
Die besten kreativen Werke aber
sind das Ergebnis
einer individuellen Leidenschaft, etwas zustande zu bringen,
nicht einer Kollaboration.
Es braucht Vorstellungskraft, etwas Einmaliges zu schaffen,
dann ziehen die Leute mit.
Absolut.
Wenn man sich die Welt heute ansieht,
haben Ihrer Meinung nach die Werbeagenturen
schnell auf Veränderungen beim Verbraucherverhalten reagiert?
Was man heutzutage nicht mehr sieht,
sind Ideen, die alles verändern,
z.B. das gesamte Schicksal einer Marke.
Das Publikum, das wir ansprechen...
schätzt unsere Arbeit seit 1990 immer weniger,
1990 gefiel es noch 36%, was wir tun.
Heute sind es weniger als 10%.
Ich weiß nicht, wie wir das rechtfertigen können.
Unsere Branche muss sich ansehen, was wir dagegen tun können.
Das Thema ist tabu.
Es gehen Gerüchte um,
Sie wollten noch lange weiterarbeiten.
Zum Entsetzen meiner Partner.
Wenn Sie ein Erbe hinterlassen, Sir John,
was wäre das, abgesehen von gutem Wein?
Der Wein, das stimmt.
Nein. Die Arbeit ist das Erbe.
Ich sage immer,
dass wir immer nur über die Arbeit reden.
Für BBH ist das ein Glück,
denn unser Geschäftsmodell ist nur erfolgreich...
Wir haben nur sechs Büros,
wir berechnen mehr als andere Agenturen,
wir stellen die Kunden vor Probleme,
wir widersprechen ihnen ständig...
Sie fragen sich sicher oft, warum sie mit BBH zusammenarbeiten.
Der Grund ist: Die Arbeit ist spitze.
Der Erfolg unseres Geschäftsmodells beruht auf der tollen Arbeit.
Die Arbeit ist das Erbe.
Ohne gute Arbeit bricht alles zusammen.
Können Agenturen Ihrer Meinung nach
das Ausscheiden ihrer Gründer überleben?
Ist das möglich? Wahrscheinlich?
Das ist eine gute Frage.
John Bartle hat gesagt, eine Agentur sei wie eine Rockband
und nur eine Zeit lang erfolgreich.
Eine Rockband aber
kann mit den alten Liedern ein Comeback feiern.
Das können wir nicht.
Ich weiß nicht, ob ich dem zustimme.
Ich denke, wir können uns über die Gründer hinaus entwickeln.
Man versucht ja nur,
eine Art Eigentumsstruktur zu entwickeln,
also ein Eigentumsverhältnis
und Regelungen,
die für Kreativität sorgen.
Werden Sie sich je zur Ruhe setzen?
Den Ausdruck mag ich nicht.
Das hört sich an, als würde man aufgeben.
Dazu ist das Leben zu interessant.
Ich glaube fest - auch wenn es sich kitschig anhört -
an unseren Spruch für Johnny Walker -
„Keep Walking.”
Man bleibt nie stehen.
Sehr gut.
Und Sie haben einen tollen Weinhandel eröffnet.
Ich kenne die Finanzen nicht, aber der Wein ist toll.
Die Finanzen sind eine Katastrophe.
Was Sie auch tun... Ich spreche in die Kamera...
Was Sie auch tun... Starten Sie Ihre eigene Marke,
denn das ist spannend.
Aber mit einem Weingut verlieren Sie ein Vermögen.
Sehen Sie andere Herausforderungen,
ein weiteres blankes Papier für Sir John Hegarty?
Oder sind der Wein und die Agentur genug?
Auf jeden Fall.
Ich werde oft nach einem Fünf-Jahres-Plan gefragt.
Ich habe einen Fünf-Minuten-Plan.
Man weiß ja nie, was passiert.
Aber ich liebe es...
So lässt man sich aufs Leben ein.
Man tut etwas. Man beeinflusst etwas.
Man hat mit Menschen zu tun.
Mit Ideen, Gedanken et cetera.
Das Leben ist...
Es ist viel zu spannend.
Im Namen von Arjo Wiggins und D&AD
möchte ich Ihnen sehr für dieses Gespräch danken.
- Danke. - Und alles Gute für die Zukunft.
- Viel Glück mit D&AD. - Vielen Dank. Danke.
DAS PROJEKT „BLANKES PAPIER“
EINIG SEIN.
UNEINIG SEIN.
DISKUTIEREN. �