Tip:
Highlight text to annotate it
X
Willkommen bei der Videoserie mit den neuen Funktionen von Cubase 7.
In diesem Kapitel wird der Einsatz der neuen Lautheitsanzeigefunktionen beschrieben.
Es wird der Einsatz der Lautheitsanzeige (kompatibel mit R128) und der verknüpften Lautheitsstatistiken beschrieben.
Dazu müssen wir jedoch zurückgehen und uns kurz über Lautheit im Allgemeinen unterhalten.
Wir sind dazu geneigt, alles lauter zu machen, weil wir denken, lauter sei besser.
Dabei stößt man allerdings schnell auf technische Einschränkungen, seien es die von Band, Rundfunk oder digitalen Komponenten.
Wir konzentrieren uns daher darauf, "Spitzenpegel" zu messen und zu regeln (bzw. zu normalisieren), um Geräte zu schützen oder Bestimmungen zu entsprechen.
Das menschliche Ohr und das Gehirn erkennen jedoch keine "Spitzenpegel", sondern "durchschnittliche Pegel" oder "Lautheit".
Hier ist ein Beispiel:
Hören wir uns folgendes Material an:
Ich spiele diese beiden Töne ein paarmal nacheinander ab und Sie versuchen zu erkennen, welcher lauter ist.
Sie müssen aufmerksam zuhören, denn die beiden sind fast identisch.
Noch einmal.
Das hört sich so an, als ob beide fast gleich laut sind, oder?
Falsch!
Das zweite Beispiel ist etwa 15 Dezibel lauter als das erste.
Hören Sie noch einmal zu und beobachten Sie die Anzeigen.
Sie sehen anhand der Anzeige, welcher Ton lauter ist, aber die hörbare Lautheit ist fast gleich.
Dies liegt daran, dass das erste Beispiel eine Frequenz von 1500 Hz hat.
Das menschliche Ohr kann diese Frequenz sehr gut hören.
Das zweite Beispiel hat eine Frequenz von 100 Hz, die wir nicht gut hören können.
Daher muss der zweite Ton fast 15 dB lauter sein, damit wir denken, dass er genauso laut ist.
Das menschliche Gehör ist subjektiv.
Obwohl Rundfunksender früher alles auf dieselben "Spitzenpegel" normalisierten, hat dies nichts an der "durchschnittlichen" bzw. "empfundenen Lautheit" geändert.
Aus diesem Grund klingen TV-Werbespots lauter als die Sendung, in der sie eingespielt werden.
Die meisten Wohnzimmer haben angeblich über fünf Fernbedienungen und die am häufigsten gedrückte Taste ist die Lautstärke.
Das alleine zeigt, dass es ein Problem gibt.
Der Endbenutzer musste quasi seine eigene Normalisierung über die Fernbedienung durchführen.
Um dieses Problem zu umgehen, stellen Sender weltweit auf die neue Norm "R128 Loudness Standard" um. Und Cubase 7 ist dabei.
R128 verschiebt die Normalisierung vom Spitzenpegel auf die durchschnittliche Lautheit.
Als die Branche von Lautstärke auf Lautheit umstellte, brauchte sie eine neue Messnorm.
Genauer gesagt, zwei Normen: eine relative und eine absolute Norm für die Messung.
Diese heißen "LU" und "LUFS".
"LU" steht für "Loudness Unit" (Einheit für Lautheit) und eine LU entspricht einem Dezibel.
Beispiel: "Diese Sendung ist 2 LU lauter als die andere und ihre durchschnittliche Lautheit ist 12 LUFS."
Spitzenpegel sind allerdings weiterhin aus technischen Gründen wichtig.
Ein Tontechniker muss sich also für die Zuhörer um die Lautheit und für das Equipment um die Spitzenpegel kümmern.
Die Norm R128 definiert daher drei Parameter, die das Audioprogramm charakterisieren.
Der erste Parameter ist die durchschnittliche bzw. integrierte Lautheit.
Die integrierte Lautheit einer Sendung ist eine Zahl, die die durchschnittliche Lautheit von Anfang bis Ende beschreibt.
Dabei ist es egal, ob es ein 10 Sekunden langer Werbespot oder eine 70-minütige Symphonie ist.
Die integrierte Lautheit ist der Wert, den Sender nutzen, um die Lautheit über mehrere Sendungen hinweg zu normalisieren.
Dank dieser Normalisierung der integrierten Lautheit werden wir eines Tages die Fernbedienung vergessen können.
Der zweite Parameter ist der "True Peak-Pegel".
Die Anforderungen zum Überwachen des True Peak-Pegels sollen Sendeanlagen schützen und eine geeignete Aussteuerungsreserve gewährleisten.
Der dritte Parameter ist der Lautheitsbereich, der Unterschied zwischen "durchschnittlich leise" und "durchschnittlich laute" Pegel in einer Sendung.
Bei der Spitzennormalisierung war 0 dB eine Art "magische Zahl", da bei Signalwerten über Null Clipping auftritt.
Bei der Lautheitsnormalisierung definiert R128 eine neue "magische Zahl": –23 LUFS.
Die neue in Cubase 7 integrierte Lautheitsanzeige erfüllt alle Anforderungen von EBU R128 vollständig.
Im Hauptanzeigebereich wird die aktuelle Lautheit auf der Leiste in der Mitte angezeigt (und alle 400 ms aktualisiert).
Zwei Dreiecke bewegen sich auf und ab.
Das graue Dreieck zeigt die "Kurzzeitlautheit" (alle 3 Sekunden aktualisiert) an.
Das andere Dreieck zeigt die integrierte bzw. durchschnittliche Lautheit über die gesamte Audiodatei hinweg an.
Außerdem können Sie diese Werte in LU oder LUFS (relativ oder absolut) anzeigen.
In "LU" ist das Dreieck für "integriert" (durchschnittlich) unter Null grün und bei Null rot.
In "LUFS" wird die Anzeige für die integrierte Lautheit über der magischen Zahl –23 rot.
Wenn ich den Master-Fader reduziere, pegelt sich der grüne Wert der integrierten Lautheit allmählich ein.
Je länger ich die Sendung bei niedrigerer Lautstärke abspiele, desto tiefer pegelt es sich ein.
Die Norm EBU R128 gibt keinen Grenzwert für den LU-Bereich an, sondern bittet den Benutzer, beim Mixen "den LU-Bereich zu berücksichtigen".
R128 definiert jedoch einen festen Grenzwert für True Peak von –1 dB.
Daher wird bei beliebigen Signalen über –1 dB der Wert für True Peak in Rot angezeigt.
Wenn ich hier die Lautstärke sehr vorsichtig erhöhe, können Sie sehen, wann die Farbänderung auftritt.
Damit Sie den Überblick behalten, bietet Cubase 7 eine Reihe Anzeigeoptionen für die Lautheit im Menü "Lautheitseinstellungen konfigurieren" an.
In diesem Menü können Sie konfigurieren, wann das Clipping-Warnsymbol aufleuchtet.
Jetzt, da wir die Norm R128 etwas besser verstehen, ist ersichtlich, warum diese Werte auf –0,9 für "True Peak" und auf –22 für integrierte Lautheit festgelegt sind.
Clipping ist natürlich auf 0 DBFS eingestellt, also ungefähr so wie bisher.
Cubase 7 hat außerdem einen "erweiterten Spitzenwarnalgorithmus", der für eine exakte Clipping-Anzeige sorgt.
Diese numerischen Werte werden unterhalb des Anzeigebereichs angezeigt.
Schalten wir auf die Hauptanzeige.
Es sind mehrere Anzeigeoptionen für Skalen verfügbar.
Sehen wir uns die "EBU Scale" genauer an.
Diese Anzeige zeigt drei Gruppen von Daten an.
Diese sind wiederum die Pegel "momentary", "short term" und "integrated".
"Momentary" wird als eine dünne blaue Linie anzeigt und "blickt" 400 ms zurück.
(Die graue Linie ist die Anzeige für den Maximalpegel.)
Das gelbe Band stellt den "Short Term"-Pegel über die letzten drei Sekunden dar.
Die "Integrated"-Pegel werden in Grün angezeigt.
Wiederum im Einklang mit R128 ist dies die durchschnittliche Lautstärke der gesamten Sendung von Anfang bis Ende.
Sie haben wahrscheinlich erkannt, dass die "Integrated" (durchschnittlichen) Pegel immer unterhalb der "Short Term"-Pegel liegen.
Man sollte glauben, dass in einer Schleife wie dieser die durchschnittliche Lautheit die "Short Term"-Lautheit "einholen" würde.
Die Berechnung der integrierten Lautheit enthält jedoch eine "Gate-Funktion", die nirgends angezeigt wird.
Die genauen mathematischen Hintergründe würden den Rahmen dieses Videos sprengen. Kurz gesagt, dieses "Gate" sorgt dafür, dass die Anzeige leiseres Material ignoriert.
Dies soll verhindern, dass lange ruhige Passagen (z.B. leise Dialoge in einen Film) den durchschnittlichen Lautheitswert der gesamten Spur verfälschen, wodurch lautere Passagen wie Verfolgungsjagden zu laut würden.
Das Beste beim Mischen von Musik mit einer Lautheitsanzeige ist, dass das was Sie sehen, am Ende dem entspricht, was Sie hören.
Da wir schon beim Mischen sind: Im nächsten Kapitel behandeln wir die neuen Downmix-Funktionen in Cubase 7.