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Was würden Sie sagen, wenn Ihnen am Flughafen beim Einchecken,
nicht nur ihre Bordkarte ausgehändigt würde,
sondern auch noch eine Atemschutzmaske mit der Begründung:
Die Luft im Flugzeug könnte vergiftet sein?
Würden Sie dann noch einsteigen?
Wahrscheinlich nicht und vermutlich deshalb bekommen Sie auch keine Gasmaske.
Aber die Atemluft in ihrem Flieger kann unter Umständen trotzdem hochgiftig sein.
Wir haben hier in ‚markt’ schon mal darüber berichtet,
aber die Fluggesellschaften spielen die Gefahren weiter herunter ...
und die toxischen Flüge, die gehen weiter.
18. Januar 2002: Ein Lufthansa-Flug von Kattowitz nach Frankfurt.
Plötzlich dringen Öldämpfe ins Cockpit, so intensiv, dass es den Piloten immer schlechter geht.
Flugkapitän Andreas Tittelbach erinnert sich:
Wir haben letztlich die Sauerstoffmasken aufgezogen und es passierte etwas ganz Erstaunliches.
Wir wurden auf einmal wieder klar und wach und haben erst da realisiert,
dass wir vorher in unserer Wahrnehmungsfähigkeit und unserer Leistungsfähigkeit schon sehr beeinträchtigt waren
Acht Jahre später. Charlotte, USA. Mit Krankenwagen verlies die Besatzung eines US-Airways Fluges den Flughafen.
An Bord einer Boeing 767 war es zu einem Zwischenfall mit der Kabinenluft gekommen.
Die Besatzung klagte über starke Kopfschmerzen und Brechreiz,
nachdem es plötzlich nach „stinkende Socken“ gerochen hatte.
Acht Passagiere mussten noch am Flughafen medizinisch versorgt werden.
Ein Monat später: Lufthansa Flug 753 von Hyderabat im Anflug auf den Frankurter Flughafen .
Im Cockpit wird Ölgeruch wahrgenommen.
Die Piloten setzen die Sauerstoffmasken auf und landen die Maschine.
Der Flugzeughersteller Airbus will sich zu konkreten Fragen nicht äußern. Per Email behauptet er:
„Airbus Flugzeuge sind so entwickelt, dass unter normalen Betriebsbedingungen ...
eine einwandfreie Kabinenluftqualität gewährleistet ist.“
Normale Betriebsbedingungen!
Was aber passiert bei Störfällen?
Bei der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit ist man mittlerweile sehr besorgt.
Ihr Sprecher erläutert die Gründe:
Die Crews und auch die Passagiere werden mitunter sehr giftigen Stoffen ausgesetzt,
dass sollte normalerweise nicht passieren, aber es kommt offensichtlich immer wieder vor.
Unsere Befürchtung ist, dass es noch deutlich häufiger vorkommt, als bisher angenommen.
Sogar die Lufthansa geht - intern - von einem Vorfall bei 2000 Starts aus.
Das bedeutet: ein Vorfall pro Tag! Allein bei Lufthansa.
Das Problem: bei allen Flugzeugen wird die Atemluft für die Kabine direkt am Triebwerk abgezapft.
Diese „Zapfluft“ wird bisher nicht gefiltert.
So aber können erhitze Öldämpfe in die Kabine gelangen,
eine Mischung aus gesundheitsschädlichen und sogar giftigen Chemikalien,
darunter das krebserregende Beta-Naphtylamin und Trikresylphosphat, ein Nervengift.
Aber kann das krank machen?
Ja, behauptet, neben anderen, der renommierte australische Toxikologe Chris Winder aus Sydney.
Schon seit über 15 Jahren befasst er sich mit den Gefahren in der Kabinenluft.
Das ist das in Flugzeugen benutzte Öl. Hier steht:
„Warnung, enthält Trikresylphosphat,
Verschlucken oder andauerndes oder wiederholtes Einatmen oder Hautkontakt ...
kann zu Schädigungen des Nervensystems und Lähmungen führen.“
Das ist ein giftiges Öl. Solange es im Triebwerk bleibt, gut.
Aber ich kann Hautkontakt oder Einatmen wirklich niemandem empfehlen.“
Durch Öl-Vorfälle besonders betroffen sind Vielflieger, Flugbegleiter Piloten.
Dem widersprechen aber Flugzeughersteller, wie zum Beispiel Boeing:
„Derzeit liegen keine Daten vor, die darauf schließen lassen,
dass Zapfluft-Kontamination die Gesundheit von Besatzungen oder Passagieren beeinträchtigen.“
Wirklich? In Australien häuften sich Mitte der 90iger Jahre Erkrankungen.
In Verdacht geriet dieser Flugzeugtyp:
Die BAe 146 von British Aerospace.
Viele Betroffen wandte sich an den Spezialisten Professor Winder.
Zuerst kamen 1997 zwei Piloten und eine Stewardess,
etwas später wurden aus Drei Fünf, Fünf wurden Zehn, dann Zwanzig.
Da habe ich realisiert: hier ist etwas im Gang.
Dann tauchte ein französischer Kollege,
mit ähnlichen Fallzahlen von Betroffenen auf, die die gleichen Probleme hatten.
Da war mir klar: wir haben hier ein internationales Problem!
Aber keine Reaktion durch Airlines, Hersteller oder Behörden. Seit 10 Jahren!
Umfangreiche Publikationen und Studien werden offenbar ignoriert.
Etliche Besatzungsmitglieder, die Öldämpfen ausgesetzt waren,
lassen nun ihr Blut durch einen Experten in den USA analysieren.
Dieser hat sich auf den Nachweis solcher Gifte spezialisiert. Er stellt fest:
Die Bluttests zeigen den spezifischen Antikörper, der Hirnschädigungen und Zelltod nachweist.
Die Besatzungsmitglieder, mit solchen positiven Resultaten,
waren kontaminierter Kabinenluft ausgesetzt.
Und wieviele Fälle gibt es bei uns? Wir haben die Airlines gefragt:
Überhaupt keine Angaben macht Germanwings.
Air Berlin behauptet: keine Erkrankungen.
Condor räumt bisher nur eine „vermutlich Betroffene“ ein.
Und Lufthansa teilt uns mit: „Beim Medizinischen Dienst von Lufthansa ...
ist in den vergangenen rund vier Jahren kein einziger Fall dokumentiert.“
Merkwürdig: Der Lufthansa Cityline Kapitän Tittelbach ...
ist bereits seit November 2008 dauerhaft fluguntauglich.
Er hat sich von Experten in England und in den USA untersuchen lassen.
Es wurden Hinweise auf Schäden an seinem Zentralnervensystem und dem Gehirn gefunden.
Inzwischen hat er seinen Arbeitgeber verklagt:
Der Grund für meine Klage gegen Lufthansa Cityline ist, dass ich in der Zeit seit 1994,
seitdem ich auf dem Flugzeugmuster AVRO als Pilot eingesetzt worden bin,
in einer Vielzahl von Fällen an meinem Arbeitsplatz im Cockpit giftigen Öldämpfen ausgesetzt war.
Zum laufenden Verfahren will sich die Lufthansa nicht äußern.
Ganz anders ging man schon Ende der 90iger Jahre in Australien um.
Hersteller und Airlines wurden vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zitiert.
Zwei Jahre dauerten die Anhörungen bei denen auch Betroffene und unabhängige Experten aussagten.
Eigentlich hätte die Luftfahrtindustrie spätestens hier alarmiert sein müssen.
Passiert ist jedoch nichts.
Der Priester und ehemalige Senator John Woodley war der Vorsitzende dieses Ausschusses.
Er ist enttäuscht, dass die zahlreichen Empfehlungen seiner Kommission bisher nicht umgesetzt wurden.
Ich bin entsetzt über das Verhalten der Airlines und das Verhalten der Hersteller ist noch schlimmer,
weil diese weltweit mit zahlreichen Gesellschaften zusammenarbeiten.
Obwohl inzwischen viele Gerichtsverfahren ..
durch Vergleiche beendet wurden, haben sie niemals eingestanden,
dass die Dämpfe zu anhaltenden Gesundheitsschäden und ...
Leiden bei Piloten, Flugbegleitern und Passagieren führen können.
Immerhin: Zwei Jahre nach den Anhörungen hat zumindest der BAe-hersteller British Aerospace ....
auf die Gefahren reagiert. In einer Mitteilung an alle Betreiber heißt es:
Öl-Leckagen und Kabinen/Cockpit Gerüche müssen ...
als potenzielle Gefährdung der Flugsicherheit angesehen werden.
Sie dürfen nicht bloß als Geruchs-Belästigung abgetan werden,
sondern müssen schnellstmöglich behoben werden.“
Trotzdem wurden, bis vor kurzem, Ölvorfälle in Deutschland noch als „Geruchsbelästigung“ abgetan.
Für Betroffene, wie Kapitän Tittelbach, der die BAe geflogen ist, nicht nachvollziehbar.
Der Ölhersteller sagt, das Öl ist giftig,
der Flugzeughersteller sagt, es ist gefährlich ...
und Lufthansa Cityline sagt, es handelt sich nur um eine Geruchsbelästigung.
Cityline lehnt jede Haftung ab und sieht sich nicht in der Verantwortung.
Der Ausgang seines Verfahrens ist ungewiss.
Aber weltweit und besonders in den USA mehren sich derzeit die Klagen gegen namhafte Airlines,
aber auch die großen Hersteller: Airbus und Boeing.
Und die Passagiere?
Vermutlich gebe es noch viel mehr Klagen, wenn sie wüssten, was wirklich passiert,
wenn es im Flieger plötzlich so merkwürdig riecht.