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In diesem Beitrag: Fluid Aktoren.
Die Natur als Vorbild für die Robotik
Am Karlsruher Institut für Technologie
forschen Stefan Schulz und Artem Kargov
an neuartigen bionischen
Greif - und Gehmechanismen.
Ja, willkommen im BioRobotLab.
Wir beschäftigen uns
mit der Entwicklung bionischer Antriebe
und das Wichtigste für unsere Antriebe ist,
dass sie extrem klein, kompakt
und leichtgewichtig sein sollen,
um sie in der Medizintechnik zu benutzen,
zum Beispiel Untersuchungen im Körper,
moderne Koloskope zu entwickeln
oder Entwicklung von Handprothesen
oder eben Roboterhände
für den humanoiden Roboter.
Und wir haben uns
in der Natur umgeschaut,
wo es dort kleine Antriebe gibt
und sind dabei auf das Spinnenbein gestoßen.
Das Spinnenbein wird ja bewegt,
so wie wir den menschlichen Körper auch,
über Muskulatur.
Also die Spinnenbeine
krümmen sich über Muskeln,
aber sie werden geöffnet --
also das Strecken der Beine
erfolgt über elastische Kammern.
Diese Kammern werden
mit einer Flüssigkeit gefüllt,
die sozusagen mit einer Pumpe
im Körperinneren der Spinne
aufgepumpt werden.
Und durch das Aufpumpen
der Kammern streckt sich das Spinnenbein.
Das hat den Vorteil,
dass die Zehenbeine der Spinne
sehr kompakt sind
und eine hohe Kraftwirkung entfalten können
bei der Bewegung.
Es handelt sich hier mehr oder weniger
um eine Miniaturhydraulik
mit dem großen Unterschied,
dass die Zylinder, die Hydraulikzylinder,
nicht aus Metall sind oder aus Kunststoff,
sondern aus einer elastischen Membran
und das haben wir uns abgeschaut,
um Antriebe zu entwickeln,
die extrem leicht und kompakt sind.
Ein schönes Beispiel dafür ist dieser Wurm.
Der Wurm wurde nach diesem Prinzip entwickelt.
Er besteht aus drei Kammern,
die axial angeordnet sind,
hat am Kopf Beine und am Ende
und dieser Wurm kann sich zusammenziehen,
kann sich strecken
und in alle Richtungen bewegen
und er ist innen hohl.
Gerade weil diese Antriebe so ultraklein sind,
haben wir Platz für Kamera
und Beleuchtungssystem
und der Wurm wurde entwickelt,
um sich im Darm vorwärts zu bewegen.
Was in Klein funktioniert,
funktioniert in Groß oft noch besser.
Das heißt wir haben hier
eine elefantenrüsselartige Struktur.
Dieser Rüssel besteht
aus mehreren Antrieben,
die ähnlich wie der Wurm
sich strecken können durch Aufpusten
oder durch Vakuum
ganz kompakt zusammenziehen.
Aber der größte Vorteil ist,
dass der wurmförmige Mechanismus
sich in alle Richtungen
extrem beweglich agieren kann.
Das heißt man kann ihn einsetzen
als Serviceroboter,
zum Beispiel Untersuchungen
von komplexen Tankinhalten,
zum Beispiel Ultraschall von Schweißnähten
oder zum Beispiel als Manipulator,
der in Interaktion mit dem Menschen
weich und nachgiebig ist.
Was auf dieser Basis funktioniert
haben wir angewendet,
um neue Antriebe zu entwickeln
für künstliche Hände.
Hier sehen sie diesen Faltenbalg
der besteht jetzt nicht aus Plastikfolie
sondern aus einen Elastomer
ummantelt mit einem Gewebe,
aber das gleiche Funktionsprinzip der Spinne.
Wir pumpen eine elastische Membran auf,
sie streckt sich und kann sich zusammenziehen
und das hat dann Anwendung gefunden
in einer künstlichen Handprothese.
Das heißt in jedem dieser Gelenke
befindet sich dieser Spinnenaktor
innerhalb der Hand befindet sich
die Miniaturhydraulik; also eine Pumpe,
ein Tank, eine Ventilbank
und die Pumpe presst nun eine Flüssigkeit
in die Fingerglieder
und dabei werden sie gekrümmt.
Das hat den großen Vorteil,
dass wir viele Antriebe realisieren können
und diese Antriebe sind sehr weich
und nachgiebig
und wenn man einen Gegenstand greift,
dann wird dieser Gegenstand
feinfühlig umschlossen,
so wie es auch die menschliche Hand tut
und das ist für eine Prothese besonders gut,
dass der Patient
ohne groß die Hand steuern zu müssen
der Gegenstand immer sicher gegriffen wird
und das ist auch gut für die Roboterhand,
für einen Serviceroboter
und aus diesem Grund
haben wir diese Technik angewendet,
um auch moderne
Roboterhände zu entwickeln.
Sie sehen hier ein Beispiel
einer luftbetriebenen Roboterhand.
Sie sehen einen zweiten Vorteil:
Diese Hand ist extrem schnell.
Sie ist nicht nur schnell,
sie ist auch sehr weich
und nachgiebig
und kann Gegenstände
ähnlich wie die menschliche Hand
fein umschließen.
Diese Hand haben wir weiterentwickelt
für einen Serviceroboter.
Wir haben in den Handinnenraum
haben wir die Ventile
und die Steuerungselektronik untergebracht
und das neuste Exemplar wird
ihnen nun mein Kollege Herr Kargov vorstellen.
Ja, also das ist die neue Hand.
So sieht sie aus
und die wir an AMAR gebaut haben.
Und der AMAR IV kriegt zwei solcher Hände
und jede Hand besteht
aus vielen mechanischen
und elektronischen Komponenten
und stellt somit einen
eigenständigen Roboter dar.
Das bedeutet, dass die Hand
Steuersignale vom Roboter automatisch
in die Fingerbewegungen umsetzen kann.
Zum Beispiel:
Die Hand kriegt das Signal „Flasche zugreifen"
und sie steuert automatisch das Zugreifen.
Sie fragen jetzt bestimmt,
wie man solche Hände konstruieren kann.
Unsere Hand ist nicht
das einzige Beispiel dafür.
Es gibt auch andere Hände
und die Entwickler haben sich dabei
orientiert auf eine Konkretanwendung,
das heißt sie wussten schon vorher,
im Voraus, welche Anforderungen
an die Hand gestellt werden.
Allerdings, die Anpassung weiterer Anwendungen
ist eher schwierig.
Dafür braucht man komplettes Redesign,
ganz neue Aktoren,
das heißt man muss die Hand
im Grunde genommen von Null an,
von Neuem konstruieren.
Wir haben uns bei der Entwicklung
der Hand eher auf die Entwicklung
neuartiger Technologien konzentriert
und haben versucht solche Hände zu bauen,
die universell einsetzbar
für mehrere Anwendungen wären.
Auf dem Gebiet betreiben wir
Grundlagenforschung seit 12 Jahren,
entwickeln neuartige Antriebstechnologien
und optimieren Herstellungsverfahren.
Zum Beispiel bei diesen Aktoren
haben wir spezielle Gummimischungen
mit Beimischungen von Nanopartikeln verwendet
und die Aktorenstruktur mit Gewebeverstärkung versehen
und somit haben wir die Lebensdauer
von solchen Antrieben auf 250.000 Zyklen erhöht.
Unsere Hand ist nur ein Beispiel dafür,
wo solche neu entwickelten Aktoren
ihre Verwendung finden.
Sie sind klein genug,
um direkt in die Fingergelenke
integriert zu werden
und sie sind leistungsfähig genug,
um der Hand ausreichend
Greifkraft zu vermitteln.
Alle Komponenten der Hand,
sowohl mechanische als auch elektronische,
lassen sich serienmäßig herstellen
und stellen somit ein Baukastensystem dar,
dessen Komponenten entweder einzeln
oder alle zusammen
eine solide Grundlage
für die Entwicklung weiterer Technologien schaffen.
Hier haben wir eine künstliche
Wirbelsäure realisiert.
Sie funktioniert ähnlich
wie der zuvor gezeigte Elefantenrüssel,
nach dem Prinzip fluidische Elemente aufzupumpen
und dadurch eine Bewegung zu erreichen.
Wir haben hier die Lendenwirbelsäule nachgebildet
und dahinter steckt der Grundgedanke,
einen Roboter zu bauen,
der ähnlich wie beim Menschen
sich bewegt nur aus der Hüfte
und aus der Wirbelsäule heraus.
Das Ganze haben wir uns
beim Behindertensport abgeguckt,
dass es beidseitig amputierte Menschen gibt,
die trotzdem laufen können,
auch sprinten können
und ein relativ normales Gangbild erreichen,
indem sie nur ihre Hüfte bewegen
und die Wirbelsäule natürlich balanciert.
Das Ganze setzen wir jetzt ein,
indem wir diese Fluidantriebe
in der Hüfte verwenden,
passive Knieprothesen besitzen
und auch passive Fußprothesen einsetzen --
oben natürlich die Wirbelsäule.
Und dass das Ganze schon ganz gut funktioniert,
sehen wir hier auf dem Laufband.
Man sieht, dass die Beine sehr schön abrollen
und die Antriebe oben aktiv
das Bein heben und senken können.
Mit den hier vorgestellten Arbeiten
wollen wir ein neues Roboterprinzip etablieren,
das auf bionischen Grundsätzen funktioniert,
das heißt wir wollen fluidische
oder hydraulische Antriebe nehmen,
die mit weichen Kammern zusammenarbeiten
und vielleicht gelingt es uns
ganz neue Roboter aufzubauen,
die extrem leicht sind,
extrem weich sind
und extrem schnell reagieren
und das ist der erste Ansatz,
wo wir sagen,
wir verwenden Ansätze aus der Bionik,
aus der Sportmedizin
und aus der Prothetik,
um eine neue Generation
von Robotern zu kreieren.
Die KIT-Serie InsideScience
blickt den Wissenschaftlern
des Sonderforschungsbereichs
über die Schulter.
Sehen Sie in weiteren Beiträgen
wie ein Roboter konstruiert wird,
wie er lernt,
wie er mit Menschen interagiert
und welche gesellschaftlichen Aspekte diskutiert werden.