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6. Konkurrenz und Innovation
Kapitalisten konkurrieren untereinander.
Um zu überleben, müssen sie mehr Profit erzielen als ihre Konkurrenten.
Mit anderen Worten:
Sie holen soviel Mehrwert aus ihren Arbeitern wie sie können.
Wie gesagt, das ist eine Abstraktion.
Einige Kapitalisten können das besser oder schlechter als andere.
Die Intensität des Wettbewerbs
und die Stärke der Arbeiterbewegung
können die Möglichkeiten, Mehrwert zu erwirtschaften, einschränken.
Aber der Antrieb, den Mehrwert zu vergrößern, ist dominierend.
Technischer Fortschritt ist eine der besten Methoden dies zu erreichen.
Indem der Kapitalist einige Arbeiter durch Maschinen ersetzt,
kann er den Output pro Arbeiter erhöhen.
Wenn die anderen Kapitalisten diese Innovationen übernehmen,
sinkt die sozial notwendige Arbeitszeit zur Herstellung der Ware.
Der Wettlauf um neue Innovationen beginnt wieder von neuem.
Unser Modell zeigt also, dass zyklische Arbeitslosigkeit
und der permanente Innovationsdrang
Ausdruck des Bestrebens sind, den Mehrwert dauernd zu vergrößern.
7. Unterkonsumtion?
Der Wert aller Waren in der Wirtschaft ist also größer als alle Löhne zusammen.
Ein systemweites Problem könnte die Folge sein,
wenn die Nachfrage nicht ausreicht,
um all die vom Kapital produzierten Waren aufzukaufen.
Das ist das Unterkonsumtionsproblem,
das ich in meinem letzten Video "Consume!" diskutiert habe.
Wir haben die Schlussfolgerung gezogen,
dass die Kapitalisten dieses Problem
mit der richtigen Investitionsstrategie umgehen können.
Denn wenn die Kapitalisten ihren Gewinn in die Ausweitung der Produktion stecken,
können sie die Gesamt-Nachfrage der Gesellschaft so weit vergrößern,
dass Nachfrage und Angebot übereinstimmen.
Der Kapitalismus ist also gezwungen, dauernd zu wachsen.
Wenn sich das Wirtschaftswachstum abschwächt,
kann das ganze System in die Krise geraten.
8. Reinvestitons-Strategie
Die Frage ist dann,
welche Investitionsstrategie bringt das System ins Gleichgewicht?
Wie viel des Mehrwerts sollte für zusätzliche Löhne ausgegeben werden?
Wie viel für neues konstantes Kapital?
Wir müssen außerdem berücksichtigen, dass es generell zwei Warensorten gibt.
Es gibt Konsumgüter, die Dinge, die du und ich im Laden kaufen,
und dann gibt es konstantes Kapital, die Werkzeuge, Rohstoffe und Maschinen,
die Kapitalisten kaufen müssen.
Das verkompliziert unser Modell etwas, denn jetzt müssen wir berücksichtigen,
dass es Kapitalisten gibt, die Arbeiter bezahlen,
Arbeiter, die von Kapitalisten kaufen,
und Kapitalisten, die Konsumgüter
und konstantes Kapital von anderen Kapitalisten kaufen.
Um das zu veranschaulichen, teilen wir das Kapital in zwei Abteilungen.
Abteilung 1 produziert die Produktionsmittel, konstantes Kapital,
für die gesamte Kapitalistenklasse.
Abteilung 2 produziert Konsumgüter für Kapitalisten und Arbeiter.
Wir können das in unserem Modell so darstellen.
Diese Darstellung bezeichnet
den Gesamtwert aller Waren in beiden Abteilungen.
Die Warenwerte beider Abteilungen
sind gleich dem gesamten konstanten und variablen Kapital und dem Mehrwert.
Abteilung 1 stellt konstantes Kapital für sich selbst her,
aber die Arbeiter und Kapitalisten
müssen ihre Konsumgüter bei Abteilung 2 einkaufen.
Abteilung 2 produziert Konsumgüter für alle Kapitalisten und Arbeiter,
aber das konstante Kapital muss bei Abteilung 1 eingekauft werden.
Die Kapitalisten müssen entscheiden,
wie viel ihres Mehrwerts sie für die Investition in k + v
und wie viel sie für den persönlichen Konsum ausgeben.
Ihre Entscheidungen
bestimmen den Umfang von Angebot und Nachfrage in einer Ökonomie.
Manchmal entgegnen Zuschauer,
als Reaktion auf meine Videos zur Arbeitswerttheorie,
dass Angebot und Nachfrage
die Preise viel besser erklären als die aufgewendete Arbeitszeit.
Hier zeige ich, dass das Modell uns eine Erklärung bietet,
wie Angebot und Nachfrage überhaupt erst zustande kommen.
Es hat etwas gedauert, bis wir das erkannt haben.
Wir wollen nicht nur Preise erklären,
sondern auch, wie sich grundlegende soziale Strukturen
im Kapitalismus reproduzieren.
Dieser Anspruch ist sehr viel ehrgeiziger.
Wenn alle Inputs und Outputs zueinander passen,
wenn sich alles ausgleicht, dann ist der Kapitalismus im Gleichgewicht.
Wenn aber die Dinge aus dem Gleichgewicht geraten,
sind Überproduktion und fehlende Nachfrage an einigen Waren die Folge.
Wenn die Überproduktion sehr stark vom notwendigen Wachstum abweicht,
sind zerstörerische Krisen die Folge:
Profite fallen, Investitionen nehmen ab,
die Arbeitslosigkeit steigt, die Waren werden entwertet,
Firmen gehen in Konkurs...
9. Ein Gleichgewichts-Modell?
Karl Marx versuchte ein Modell einer kapitalistischen Gesellschaft
im Gleichgewicht zu entwickeln.
Er entdeckte folgendes:
Wenn Abteilung 1 die Hälfte des Mehrwerts
in konstantes und variables Kapital reinvestiert,
im selben Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital,
und wenn Abteilung 2 3/10 des Mehrwerts
in konstantes und variables Kapital investiert, auch im gleichen Verhältnis,
kann das Modell ohne Krise ewig wachsen.
Natürlich kann es an äußere Barrieren stoßen,
wie ökologische Krisen,
aber unsere Untersuchung hier dreht sich um systeminterne Krisen.
Also: Der Kapitalismus kann theoretisch für immer problemlos wachsen.
Ende der Geschichte.
Ok, vielleicht muss man dem doch noch etwas hinzufügen.
10. Krise
Wenn du sehr aufmerksam warst, dann hast du vielleicht bemerkt,
dass an dem Gleichgewichtsmodell einiges faul ist.
Erstens, wenn für das Gleichgewicht
ganz bestimmte Investitionsstrategien notwendig sind,
wie können diese je zustande kommen, wenn sie das Ergebnis
der Entscheidungen vieler einzelner Kapitalisten sind?
Wir können hier nicht das alte Argument benutzen,
dass Angebot und Nachfrage sich natürlicherweise ausgleichen,
dass die unsichtbare Hand des Marktes die Investitionen koordiniert,
denn wir haben gesehen,
dass Angebot und Nachfrage ja gerade das Ergebnis dieser Investitionen sind.
Solch ein restriktives Investitionsschema
kann aber nur durch Zufall realisiert werden.
Tatsächlich stehen diese Restriktionen
im Konflikt mit einigen der wichtigeren Aspekte des Modells.
Wenn der Warenhandel frei ist,
dann sollte es den Kapitalisten erlaubt sein,
außerhalb ihrer eigenen Abteilung zu investieren.
Michio Morishima hat gezeigt,
dass, wenn Kapitalisten außerhalb ihrer Abteilung investieren,
unser Modell
anhaltende ökonomische Stagnation oder destruktive Krisen vorhersagt.
Das Modell nimmt auch an,
dass die Kapitalisten
das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital nicht ändern,
wenn sie neu investieren.
Es wird angenommen, dass für alle reinvestierten 100$
50$ für Maschinen und 50$ für Löhne ausgegeben werden.
Wir haben aber schon dargelegt,
dass es bei der Einführung von Maschinen in den Arbeitsprozess
darum geht, menschliche Arbeitskraft zu ersetzen.
Dafür sind Maschinen da.
Deshalb macht es keinen Sinn,
im gleichen Verhältnis zu investieren.
Wenn wir einen ständigen Zuwachs
der Maschinen in Relation zu den Arbeitern erlauben,
dann hat dies eine Abnahme des erzeugten Gesamtwerts
im Verhältnis zu den Gesamtinvestitionen zur Folge.
Das heißt, die Profitrate fällt.
Eine fallende Profitrate bedeutet aber
einen abnehmenden Pool an profitablen Geldanlagen.
Und das heißt, das Kapital hört auf zu zirkulieren: Die Krise ist da.
Erst wenn wir die theoretische Analyse vervollständigt haben,
können wir uns die Geschichte der Krisen genauer anschauen:
Wie sich der Kapitalismus entwickelt hat
durch die permanente Verlagerung des Problems der Überakkumulation
mittels Keynsianismus, Globalisierung und Kreditblasen.
Im Gegensatz dazu
beginnen die Mainstream- und auch viele der linken Medien
ihre Analyse mit einer Skizze der Entwicklung der Immobilienkrise,
als ob das der logische Ausgangspunkt wäre!
Sie beginnen mit ihrer Analyse am Ende, an der Oberfläche der Erscheinungen
anstatt am Anfang.
Ob du das durch eines meiner Videos, durch ein Buch oder sonstwo erfährst:
Es ist für uns absolut notwendig, diesen Erklärungsansatz zu verstehen,
wenn wir nach Mitteln und Wegen suchen, die kommende Krise zu überleben.
Es kann sehr gut sein,
dass sie größer und schlimmer wird, als wir uns das vorstellen können.