Tip:
Highlight text to annotate it
X
Streik bei Turkish Airlines Gezi Park, Istanbul, Juni 2013
Ich heiße Aysen. Ich habe bei Turkish Airlines gearbeitet. Wir sind seit dem 15. Mai im Streik.
- Was sind eure Forderungen?
Wir wollen gesunde und sichere Flugeinsätze.
Wir wollen, dass uns nie wieder gedroht wird damit, unser Streikrecht uns zu nehmen.
Wir wollen einen Betriebsrat.
Und das sichere Fliegen, das ist am wichtigsten.
Ich habe in den letzten drei Jahren als VIP-Stewardess gearbeitet.
Letztes Jahr im Mai wurde mir gekündigt.
Und zwar, weil ich zu einer Pressekonferenz der Gewerkschaft gegangen bin.
Das nennt man „psychologische Kampfführung". In diesem Rahmen habe ich den Job verloren.
Das war's!
Natürlich, das ist einer der Gründe unseres Streiks.
Wir wollen, dass unsere 305 gekündigten Kollegen wieder angestellt werden.
Aber daran wird sich nicht entscheiden, wie es mit dem Streik weitergeht.
Das ist nur eine der Forderungen unserer Gewerkschaft.
Geld war bei Turkish Airlines – was die Angestellten angeht – nie ein Thema gewesen.
Denn Fragen rund um die Gesundheit und rund um die Flugsicherheit
- die standen so im Vordergrund.
Deswegen sind wir nicht mal zu dem Punkt gekommen, über die Bezahlung nachzudenken.
Wir haben es irgendwie immer geschafft, über die Runden zu kommen.
Im Vergleich verdienen wir natürlich besser als der türkische Durchschnitt.
Aber unsere Probleme sind so groß, dass wir bei der Angelegenheit noch gar nicht sind.
Die Arbeitsbedingungen – das ist unser Hauptaugenmerk.
Zum Beispiel fliegen wir in die USA.
Aber wir haben zwischen den Flügen nicht mal genug Zeit,
um uns so fertig zu machen, wie es von uns ja auch erwartet wird.
Haare und Make-up ordnungsgemäß machen also.
Da ist nicht mal genug Zeit, um zu schlafen.
Und wenn wir zurückfliegen, sehen wir unseren Kollegen, den Kapitänen auch an,
dass sie sich nicht ausruhen konnten.
Dann gibt es auch immer weniger Übernachtungen. Kaum welche mehr.
Warum streiken so wenige von euch?
Warum wir so wenige übrig geblieben sind…Dazu möchte ich nur eins sagen:
Da die Geschäftsführung sich die Regierung zur Rückenstärkung genommen hat,
trauen sich viele unserer Kollegen gar nicht mit uns auf die Straße.
Die Regierung und die Geschäftsführung von Turkish Airlines stecken unter einer Decke.
Sie opponieren in ihren Interessen nicht.
Was für Aktionen habt ihr schon gehabt und welche habt ihr geplant?
Es kommen viele Unterstützer aus dem Ausland, so wie ihr.
Wir schicken der Geschäftsführung regelmäßig Mitteilungen, in denen steht:
Achten Sie bei den in Zukunft geplanten Flügen auf die Gesundheit Ihrer Mitarbeiter!
Stellen Sie die gekündigten Kollegen wieder ein und verhandeln Sie mit unserer Gewerkschaft.
Und ich bitte Euch:
Bitte zeigt im Deutschen Fernsehen unser Video zu unserer Aktion,
was die streikenden Kollegen produziert haben. Verbreitet das in der Welt!
Schaut es euch an, lasst es andere sehen.
In dem Video wird auf eine lustige und anschauliche Art erklärt, was wir fordern.
Gibt es eine Beziehung zwischen eurem Streik und dem, was im Gezi Park passiert?
Gezi Park ist unser Herz.
Hier herrscht eine unglaubliche Atmosphäre.
Das spürt ihr wahrscheinlich auch.
Hier herrscht Brüderlichkeit, nur ehrliche Emotionen und Äußerungen.
Hier sind Menschen aus allen Schichten, die einfach die Schnauze voll haben.
Wir rebellieren nun. Wir sagen: Es reicht!
Wir wollen nicht, dass man unsere persönliche Freiheit noch mehr eingrenzt.
Wir wollen atmen können!
Wir haben uns mit einem Ast von einem Baum auf den Weg gemacht.
Und jetzt blühen wir richtig und werden mehr.