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Vor 20 Jahren stand Oberstleutnant Harald Jäger an seinem Pfosten und ahnte nicht, was gleich passiert.
Das war nämlich die Grenzübergangstelle Bornholmer Straße in Berlin.
Es war gerade eine Pressekonferenz im Gange. Es war der 9. November 1989.
Günther Schabowski, Mitglied des Politbüros, machte einen Fehler.
Ihm war vorher ein Blatt Papier in die Hand grdrückt worden, wo drauf steht irgendetwas von Visen.
Regelungen für die Ausreise.
Nur, es gab einige Tatsachen, von denen er keine Ahnung hatte.
Hat ihm auch keiner erzählt.
Auf eine entsprechende Anfrage las er vor,
wusste aber zwei Dinge nicht.
Erstens mussten Ausreisende vorher ein Visum beantragen.
Zweitens soll das alles erst am folgenden Tag losgehen.
Da kam dann natürlich die Zwischenfrage:
„Herr Schabowski, ab wann tritt das in Kraft?“
„Nach meiner Kenntnis...
...sofort, unverzüglich.“
Das westdeutsche Fernsehen berichtete ungefähr so:
„Meine Damen und Herren, die Berliner Mauer ist offen.“
Die meisten Ostdeutschen schauten ja westdeutsches Fernsehen.
Das war zwar illegal, aber sie haben’s trotzdem getan
und strömten zu den Grenzübergangsstellen,
weil sie erwarteten, dass sie nach Westberlin ausreisen durften.
Das war eine gefährliche Situation.
Die Polizei wusste von nichts.
Die Beamten an den Grenzübergangsstellen wussten von nichts.
Die sowjetische Armee wusste von nichts.
In dem Moment war alles möglich.
An der Übergangsstelle Bornholmer Straße sammelten sich Menschen, die immer frustrierter wurden, weil sie nicht ausreisen durften.
Also stand Oberstleutnant Jäger vor einer großen Entscheidung.
Nichts tun und ein Blutbad riskieren?
Oder die Grenze aufmachen, und...
den dritten Weltkrieg riskieren?
Er machte die Grenze auf.
Und so wurde Geschichte gemacht.
Das war vor 20 Jahren, der Jahrestag kommt jetzt wieder: Wir sollten eigentlich feiern.
Es war ein großes Ereignis!
Nur, da gibt’s ein kleines Problem.
Der 9. November ist nicht nur Fall der Berliner Mauer;
der 9. November ist auch Reichskristallnacht.
9. November 1938.
In der Nacht wurden unzählige Synagogen in Brand gesteckt und 400 Juden ermordert.
Dieses Ereignis gilt als Anfang der systematischen Verfolgung der Juden in Deutschland:
Ein Tag, den die Deutschen nicht vergessen wollen.
In so fern fühlen sich Deutsche unwohl, wenn sie an diesem Tag feiern sollen.
Heißt das, dass die Deutschen ihre Vergangenheit noch immer nicht richtig verarbeitet haben?
Oder ist es richtig, dass man ein so schreckliches Ereignis nicht vergessen darf,
denn sowas darf ja nie wieder passieren?
Zur Feier des Tags spielt U2 am Brandenburger Tor.
Ist das angemessen? Oder sollten wir das lieber lassen?
Schließlich wurde der Feiertag, der „Tag der Deutschen Einheit“,
nicht auf den 9. November gesetzt, sondern auf den 3. Oktober,
den Tag der politischen Wiedervereinigung.
Eben aus diesem Grund.
Wie seht ihr das? Kommentare, wie immer, unten.