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Diversität (Vielfalt)
Oh weh, das wird jetzt knifflig.
Ich werde euch gleich vorwarnen:
dieses Thema wird schwerlich in eine Folge zu packen sein.
Es ist, als ob jeder dritte Satz ein neues Thema enthüllt,
über das wir wirklich ausführlich reden sollten.
Also… ich schätze, ihr betrachtet diese Folge am besten als "Einleitung".
Ein Vorgeschmack auf weitere, folgende Themen.
Es ist einfach nicht möglich, all diesen Problemen in sechs Minuten gerecht zu werden.
Wie wär's damit: jedes Mal, wenn ich ein Thema erwähne,
dem wir eine komplette Folge widmen möchten,
werde ich dieses Bild hochhalten.
[Thema für die Zukunft]
Seid ihr dabei?
Okay, Disclaimer abgehakt. Lasst uns anfangen!
Es gibt im Grunde drei Diversitäten in Spielen:
Geschlechtervielfalt, sexuelle Vielfalt und ethnische Vielfalt.
Andere Diversitäten, wie Vielfalt der Religion
oder der sozialwirtschaftlichen Klasse,
scheinen Motive zu sein, denen wir nicht so häufig begegnen.
Lasst uns zuerst über die Geschlechtervielfalt in Spielen reden.
Offensichtlich kennen wir alle das Klischee:
Videospiele sind übersät mit Lara Crofts und Mai Shiranuis.
Dies ist ein lange währender Trend in Spielen, der einfach aufhören muss.
Mal im Ernst, genug ist genug.
Uns derart aufzureizen lässt uns als Zielgruppe kindisch erscheinen,
*und* es verschreckt weibliche Spielerinnen.
Darüber hinaus hilft es bloß dabei,
die schadhaft unvernünftige Erwartungshaltung der Gesellschaft an Frauen zu bekräftigen.
Ja, ich *weiß*, dass man das Gleiche
über Filme und Werbung und Fernsehen und allem anderen sagen kann.
*Das entschuldigt nicht es weiterhin zu tun!*
Aber, dies ist ein offensichtliches Problem, und ziemlich leicht zu bekämpfen, nicht wahr?
Wenn ein Spiel jemals "Busenphysik" als Verkaufsargument beworben hat,
werde ich es vermutlich nicht kaufen.
Ein Klacks.
Aber diese Industrie muss sich in ihrem Reifeprozess einem *viel* tiefergehenden Geschlechterproblem stellen.
Es mag ein paar äußerst starke weibliche Charaktere in Videospielen geben:
Samus, Alyx Vance, Heather, Jade, The Boss…
aber sind sie bedeutend?
Viele von euch haben vielleicht schon vom Bechdel Test gehört.
Es ist ein einfacher Test, für gewöhnlich auf Filme angewandt,
um zu sehen, ob sie eine weibliche Perspektive beinhalten.
Die Regeln sind einfach:
1) Es müssen mindestens zwei Frauen vorkommen.
2) Die sich miteinander unterhalten.
3) Und zwar über etwas anderes als einen Mann.
Lasst uns darüber nachdenken.
Wie viele Videospiele bestehen diesen Test?
*Vielleicht* eine Handvoll, wenn wir großzügig sind.
Nun, der Bechdel Test ist vielleicht nicht das *beste* Maß, um Spiele einzuschätzen
und bei Spielen würde wahrscheinlich
"4) Es gibt einen weiblichen spielbaren Charakter"
oder *irgendetwas* ähnliches hinzukommen.
Trotzdem, der Bechdel Test gewährt zumindest einen Blick darauf, wo wir als Industrie stehen.
Und von meinem Standpunkt aus liegt da noch Arbeit vor uns.
Allerdings wollten wir heute *drei* Formen der Diversität in Angriff nehmen, also fahren wir besser mal fort.
Lasst uns nun über ethnische Vielfalt in Spielen reden.
Eine kleine Aufgabe:
Wie viele starke, nicht-weiße, nicht-asiatische Charaktere kommen euch in den Sinn
außer aus Sport- oder Square-Enix-Spielen?
Ich warte.
[Pause]
Ziemlich kurze Liste, nicht wahr?
Jetzt streicht all die offensichtlichen Stereotypen und langweiligen Charaktere von der Liste.
Sind nicht mehr viele übrig, oder?
Peinlicherweise sind Menschen von anderer Ethnizität
viel geläufiger als Gegner und Zielfutter in Videospielen.
Das Schlimmste daran ist, dass wir als Industrie es anscheinend unabsichtlich tun.
Wir denken nicht mal drüber nach,
eine ethnische oder religiöse Gruppe als "Standardgegner" zu bestimmen,
und dann Punkte oder eine Belohnung fürs Töten zu vergeben.
Sollte *irgendetwas* dran sein, dass Videospiele die Psyche nachteilig beeinflussen,
dann hilft *das* sicherlich nicht.
Dieses Problem ist zu wichtig um es zu ignorieren.
Was ist nun mit der letzten Kategorie:
Sexuelle Vielfalt?
Diese ist besonders schwierig,
da unsere Industrie allgemeinhin nicht gut im reifen Umgang mit Sex ist.
In diesem Feld Diversität zu finden, ist daher schon viel verlangt.
Fangen wir erst einmal an, indem wir uns die spielbaren Charaktere ansehen,
die offen homosexuell oder bisexuell sind.
Und Shephard zählt nicht.
Harhar, nein, die Typen auch nicht.
Nun denn, wir haben Makoto – offensichtlich ein Klischee.
Dann sind da Hana & Rain, die glasklar bloß zum Aufreizen da sind.
Zevran, höchstens eine ungeschickte und Klischee bestärkende Bemühung eines Bisexuellen.
Und Juhani… vielleicht?
Ich habe es nie geschafft, eine Beziehung mit ihr herzustellen; das konnte ich bisher nicht aufklären.
Oh, und dann ist da noch Kanji aus Persona 4.
Ehrlich gesagt finde ich, dass Atlus es hier tatsächlich geschafft hat,
die Thematik, mit der eigenen Sexualität zu ringen,
mit einer erstaunlichen Menge an Klasse und gutem Geschmack anzugehen.
Schade, dass sie von der Stelle in der Story zurückwichen, aber was auch immer.
Ich nehme meine Erfolge, wo ich sie kriegen kann.
Also, wieviele sind das… *fünf* Charaktere aus all den Charakteren
aus all den Spielen, die jemals entwickelt wurden,
und nur *einer* von ihnen beschäftigt sich überhaupt auf eine echte und geschmackvolle Weise mit Sexualität.
Wir wollen hier eigentlich keine Höchstleistungen, Leute.
Wollt ihr wissen, was *wirklich* schockierend ist?
Es gibt Social Games da draußen, die *viel* offener bei diesen Themen sind.
Frontierville lässt euch das Geschlecht eures Ehepartners wählen,
unabhängig vom Geschlecht eures eigenen Charakters,
und das nicht in einer albernen, bagatellisierenden, "Fable 2"-haften Art.
*Frontierville*.
Wie kommt es, dass Zynga mehr Reife zeigt als fast die gesamte Mainstream-Spieleindustrie?
Tja… Videospiele: keine große Vielfalt.
Okay. Warum kümmert es uns?
Wir könnten den ganzen Tag über die "gesellschaftlichen Vorteile von Diversität"
und die "Pflege gemeinsamen Verständnisses" reden,
schließlich sind Spiele großartig,
um jemanden zehn Meilen in den Schuhen eines Anderen wandern
oder 10.000 Aliens töten zu lassen
aber über den Punkt wollen wir jetzt nicht diskutieren.
Stattdessen werden wir bloß Folgendes sagen:
Diese Industrie schränkt sich selbst ein.
*So* viele Geschichten bleiben unerzählt
und so viele Erfahrungen bleiben verpasst oder irreparabel geschädigt,
weil wir unfähig sind bedeutende menschliche Charaktere außerhalb *der* Zielgruppe zu erstellen,
die wir geschaffen haben.
Wir können eine Menge über uns lernen – unabhängig von Rasse, Geschlecht oder Sexualität –
indem wir in eine Rolle schlüpfen, die uns fremd ist.
Warum haben wir dann so spektakulär in diesen Gebieten versagt?
Zu einem gewissen Grad liegt es an der fehlenden Vielfalt in der Spieleindustrie selbst,
aber das wird jedes Jahr immer weniger wahr.
Die Spieleindustrie ist tatsächlich eine sehr vielfältigere Gruppe, als ihr denkt.
Das Problem ist eher, dass wir immer noch in der Idee gefangen sind,
dass wir "*bloß* Spiele herstellen",
daher werden Entscheidungen dieser Art oftmals nicht großartig überdacht.
Stattdessen machen die Spielehersteller einfach das, was ihnen passt,
ohne innezuhalten um zu reflektieren.
Das ist schlichte Faulheit beim Design.
Also. Würden wir gerne mehr Diversität in Spielen sehen?
Ja.
Aber es gibt auch eine Kehrseite dazu, die erwähnt werden muss:
Quoten-Charaktere sind keine Lösung; sie sind Teil des Problems.
Stopft nicht bloß "Schwarzer", "Schwuler" oder "Weiblich" in euer Spiel;
gebt ihnen etwas an *Bedeutung* und *Tiefe* und *Charakter*.
Es ist eine Beleidigung für jeden Beteiligten,
wenn ihr eindimensionale Charaktere dieser Art in ein Spiel steckt,
um politisch korrekt zu sein oder eine Zielgruppe aufzureizen.
Wählt einfach die Charaktere, die am besten für eure Erzählung *und* euer Spiel sind.
Aber falls ihr eure Hausaufgaben macht, werdet ihr herausfinden,
dass diese Charaktere sich etwas seltener als weiß, hetero und männlich entpuppen,
als ihr womöglich denkt.
Nun. Mehr über all dies später!
Bis nächste Woche!