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"The Evil Within" erweckt eines meiner Lieblingsgenres zu neuem Leben: Survival Horror.
Dieses Genre ist seit jeher mit dem Schöpfer des Spiels, Shinji Mikami, verbunden.
Während Horror-Spiele früher sehr verbreitet waren,
wurden sie in den späten 90ern und Anfang der 2000er immer seltener.
Jetzt ist das Genre mit "The Evil Within" endlich zurück
und das Spiel versucht, auch moderne Formen des Spieldesigns zu übernehmen.
DIE KUNST DES ÜBERLEBENS
Um diese Mischung aus Tradition und Neuem zu verstehen,
sprechen wir mit Game Director Shinji Mikami
und Producer Masato Kimura.
Vielen Dank, dass Sie Zeit haben.
Danke. - Danke, dass wir hier sein dürfen.
Fangen wir bei Ihnen an, Shinji. Wie definieren Sie Survival Horror?
Was sind die wesentlichen Elemente,
die ein Survival-Horror-Spiel ausmachen?
Erstens muss es gruselig sein.
Und Zweitens muss es als Spiel funktionieren.
Es muss also das Grauen rüberbringen und gleichzeitig Spaß machen.
In einem Survival-Horror-Spiel ist es wichtig hier das richtige Gleichgewicht zu finden.
Masato, Horrorspiele gibt es viele,
aber das Wort "Survival" ist ja hier von besonderer Bedeutung.
Was unterscheidet ein Survival-Horror-Spiel
von einem klassischen Horrorspiel?
Bei einem klassischen Horrorspiel
soll der Spieler einfach nur Angst bekommen, darauf liegt der Fokus.
Survival Horror ist aber viel mehr als das.
Wie Mikami sagte, es muss gruselig sein,
doch zudem kann man alles überwinden, was sich einem in den Weg stellt.
Der Spaß am Spiel entsteht durch die Verbindung dieser beiden Elemente.
Das ist der größte Unterschied und die richtige Balance ist der Schlüssel.
In "The Evil Within" hat man das Gefühl,
dass die Macht, gegen die man kämpft, überwältigend und allmächtig ist.
Man hat zwar Hilfsmittel, aber diese sind so begrenzt,
dass man sich ständig fragt,
ob man die nächste Herausforderung heil überstehen wird.
Ich stelle es mir unheimlich schwer vor, so etwas zu designen,
darauf zu achten, dass die Spannung erhalten bleibt,
obwohl der Spieler weiß, dass es immer einen Ausweg gibt.
Bei den Survival-Horror-Spielen, die ich bis jetzt entwickelt habe,
konnte man die Monster entweder erschießen oder man konnte vor ihnen weglaufen.
Es gab nur zwei Möglichkeiten. Bei "The Evil Within"
ist Munition aber extrem selten.
Deshalb gibt es eine dritte Option:
Man kann sich an Gegner heranschleichen und sie dann überwältigen.
Und es gibt noch eine weitere Option:
Man kann Fallen dazu nutzen,
um Gegner auszuschalten.
Diese beiden neuen Möglichkeiten helfen sehr beim Überleben in "The Evil Within".
Darüber hinaus haben Sie auch die Gegner verändert.
Die Ruhelosen erinnern zwar an Zombies,
aber sie sind aggressiver, bewegen sich unberechenbar,
mal langsam, mal schnell.
Es gibt viel mehr Überraschungsmomente
als in bisherigen Survival-Horror-Spielen.
Und ich habe mich gefragt, wie das geht,
wie man einen Level designt und sich dabei das Spielerlebnis vorstellt,
denn man muss ja so vieles ständig im Blick haben.
Das ist eine sehr gute Frage.
Wir fangen immer mit den Grundlagen an.
Wir überlegen, wie schnell der Spieler weglaufen kann,
und wie schnell das Ding ist, das ihn verfolgt.
Es ist entweder genauso schnell oder langsamer als der Spieler.
Wir müssen auch Fehler des Spielers mit einberechnen,
wenn wir festlegen, wie schnell sich Gegner bewegen.
Doch wenn Gegner zu schnell sind,
ist das nicht mehr unheimlich, sondern nur überraschend.
Der Spieler hat dann keine Zeit, richtig Angst zu entwickeln.
Doch auch Panik ist ein sehr starkes Gefühl,
darum ging das Team manchmal diesen Weg und fand das Ergebnis richtig gut.
Es war schwer, sie dann noch davon zu überzeugen, dass das Tempo verringert werden sollte.
Insbesondere die Angst zu beschreiben, die ein sich langsam nähernder Gegner hervorruft, ist schwer.
Außerdem müssen wir auch die Größe des Gegners berücksichtigen,
seinen Gesichtsausdruck, das Gefühl der Bedrohung und vieles mehr.
Selbst wer nur einen kurzen Blick auf das Spiel wirft,
wird schnell feststellen,
dass man im Gegensatz zu "Resident Evil" deutlich mehr Bewegungsfreiheit hat.
Man ist schneller und kann sich überallhin bewegen,
wie in vielen anderen modernen Spielen.
Hatten Sie irgendwann Bedenken, dass so viel Handlungsspielraum für den Spieler
das Spiel weniger gruselig machen könnte?
Das ist auch eine gute Frage und wir hatten durchaus große Bedenken.
In "The Evil Within" sollte der Spieler großflächige Bereiche erkunden
und zu langsames Fortbewegen wäre da frustrierend gewesen.
Daher mussten wir die Beweglichkeit erhöhen.
Aber wenn man das tut,
müssen auch die Gegner und das ganze Spiel schneller werden.
Es ist schwer, hier die Balance zu finden.
Es wäre viel einfacher gewesen, wenn der Spieler sich langsam bewegt,
aber uns war wichtig, dass große Bereiche problemlos erkundet werden können.
Es ist Ihnen gut gelungen! Ich möchte allerdings noch auf etwas anderes näher eingehen.
Es wird enorm viel Spannung dadurch erzeugt, dass es recht wenig Munition zu finden gibt.
Bei allem, was man im Spiel tut,
stellt man dadurch immer auch eine kurze Kosten-Nutzen-Rechnung auf.
Wenn ich einen Gegner aus großer Distanz töte, brauche ich vielleicht mehr Kugeln dafür.
Wenn ich eine Bombe zerlege, erhalte ich gute Teile für Fallen,
aber ich jage mich vielleicht in die Luft, während ich sie entschärfe.
Ein Großteil des Spiels, mehr als in jedem anderen Survival-Horror-Spiel,
scheint auf diesen sehr folgenreichen Entscheidungen aufzubauen.
Ich frage mich, ob Sie sich genau überlegt haben,
unter wie viel Druck der Spieler bestimmte Entscheidungen treffen muss.
Elemente wie Schleichangriffe und Fallen
sollen den Aspekt des Survival Horrors verstärken.
Sie stehen im Einklang mit seinen Kernelementen: Überleben und Horror.
Sie sollen teilweise auch das Gefühl der Angst verstärken,
aber sie dienen auch als möglicher Ausweg, diese Ängste zu besiegen.
Sie ändern nichts am Spiel an sich.
Selbst in scheinbar hoffnungslosen Situationen
hat man das Gefühl, eine Chance zu haben und lebend entkommen zu können.
Das ist der Kern dieses Genres
und ich glaube, wir haben ihn perfekt getroffen.
Ja, das stimmt. Selbst wenn es hart auf hart kam,
wusste ich immer, dass es einen Ausweg geben muss.
Wenn wir uns an ein neues Spiel setzen, überlegen wir, welche Elemente darin vorkommen,
aber die Frage ist immer, wie man sie richtig einbaut.
Es ist fast wie beim Kochen: Man gibt etwas hinzu und probiert.
Wenn es nicht schmeckt, schüttet man alles weg und fängt von vorne an.
Man schüttet die ganze Suppe weg,
aber bei Spielen geht das nicht so einfach.
Ich hätte noch eine letzte Frage mit Blick auf die Metapher mit der Suppe,
bei der man etwas hinzugibt und wieder entfernt.
Sie haben ein Veständnis dafür, wie der Prozess abläuft,
und Sie wissen auch schon, wie die Suppe schmecken soll.
Wie würden Sie die perfekte Angst-Suppe beschreiben?
Das ist wiederum eine sehr schwere Frage.
Wenn wir mit einem Spiel anfangen,
haben wir natürlich eine genaue Vorstellung, wie sich der Spieler fühlen soll.
Doch man weiß nie genau, wie man am Ende dort hingelangt.
Der Weg zum Ziel ist lang und weit.
Man entwirft Dinge und verwirft sie wieder,
während wir versuchen herauszufinden, wie das Ganze am Ende schmeckt.
Ich glaube nicht, dass man den Geschmack schon vorher kennt.
Shinji?
Wenn wir das erste "Resident Evil" nehmen
und es mit einem Getränk vergleichen,
fällt mir Bier ein.
Wasser und Tee gehen leichter runter
und mehr Menschen trinken beides,
aber aufgrund der Natur von Horrorspielen wollten wir ein tieferes Erlebnis bieten.
Wäre es aber zu tief geworden, dann wären die Leute nicht mehr mitgekommen.
So haben wir am Ende mit dem Bier einen guten Kompromiss gefunden.
Man kann Bier etwas dunkler brauen, wie ein bitteres Kirin Lager.
So würde ich es beschreiben, wie ein Kirin Lager.
Aber bei "The Evil Within" hab ich natürlich nicht an Essen oder Trinken gedacht,
aber jetzt so im Nachhinein
würde ich es mit Sake oder Wein vergleichen.
Es ist viel intensiver als Bier,
denn auch die Themen sind viel intensiver!