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Die wütende Menge änderte sofort ihren Ton.
– „Lang lebe unsere Armee!...“
~Als die Soldaten zurückwichen, wurden die Autos vor dem Hotel angezündet.
Die Soldaten sahen zu, als die ersten Flammen unter Siegesgeschrei aufstiegen.
Es war genau 19:50 Uhr. Die große Abrechnung pochte an der Türe.
– „Oh Allah, das ist dein Feuer!“ – „Das Höllenfeuer eben!“
– „Die Türkei ist muslimisch!...“
[Tick-Tack]
~Für die Leute drinnen gab es keine Rettung. Alles würde in 10 Min. zu Ende sein.
– Die Fenster waren kaputt. Dichter Rauch kam durch die Türen
und begann in die Korridore einzudringen.
Die Elektrizität war auch weg.
Einander zu sehen war schwer. Das Atmen wurde auch immer schwerer.
[Applaus, Pfeifgeräusche]
– Mit einem furchtbaren Lärm und
mit äußerst schwarzem und heißem Rauch,
vermischt mit dichtem Ruß und scharlachroten Flammen,
umgab ein großes Feuer das Treppenhaus. Von unten nach oben
erhebt sie sich wie eine Drachenzunge, breitet sich zischend aus und explodiert.
– Diese Schreie sind dermaßen schlimm, es sind Todesschreie.
Doch ich bete, dass diese Schreienden
zum Dachgeschoß gehen mögen, um sich zu retten.
Doch nach 3 oder 5 Minuten hörten diese Schreie auf.
~Dank der Holzdekoration im Hotel, breitete sich
das Feuer schnell aus und tötete was es berührte.
– Hätten wir in dem Moment eine Feuerwehr vor das Hotel bringen können,
während die Autos brannten, so wäre das Hotel niemals verbrannt.
Ah, war die Feuerwehr denn gewillt? Nein, sie war unwillig.
~Ohne Hoffnung in die Feuerwehr, liefen am Ende jene im Hotel verzweifelt zu den Fenstern.
Und sie sprangen in die Lücke zum Nachbargebäude.
31 Leute versuchten durch den engen Gang vor dieser Hölle zu fliehen.
Doch im Gebäude gegenüber erwartete sie eine Überraschung.
Der Ort zu dem sie flohen, war das Bezirkszentrum der BBP [Große Einheitsp.]
– Am Partei-Fenster nahmen Leute Stöcke in ihre Hände und
sie schimpften und versuchten die Rettung suchenden Menschen zu schlagen.
Sie sagten zu uns: „Geht, verbrennt und krepiert!“
– Eine Weile später kam ein Mann mittleren Alters und Größe heraus aufs Balkon.
Er nahm die Menschen herein, die uns mit Stöcken angriffen.
„Ich werde euch davor bewahren. Kommt!“ sagte er.
~Jetzt sind die Opfer verbrannt und Überlebenden gerettet,
aber das eigentliche Ziel der Angreifer war drinnen
in seinem Zimmer, belagert, zusammen mit Lütfi Kaleli.
Die Trauer um Sivas hielt noch an und der 78 jährige Aziz Nesin
erzählte einer Sendung wie er dem Tod in die Augen sah.
– Wir haben uns definitiv auf den Tod vorbereitet. Wir waren bereit.
Lütfi Kaleli hat sogar ein paar Mal „wir werden sterben“ gesagt.
Ich sagte: „Wir werden eben sterben. Es gibt keinen Ausweg, keine Rettung.“
– Aziz kauerte wo er war, denn er hatte keine Kraft mehr.
Doch dieser mutige Mensch sagte genau dieses zu mir:
„Herr Kaleli, legen sie mich auf dieses Bett.
Geben wir diesem Pack keine entsetzliche Leiche.“
– Was ich dachte war folgendes. Meine Verfassung war so schlecht,
ich wollte vermeiden in einer ängstlichen Haltung zu sterben.
Das war nicht möglich, denn ich musste mich winden.
Wegen dem Rauch windete ich mich, ich kämpfte dagegen.
Nur wollte ich nicht in einer Ecke gekauert sterben.
Da sagte Lütfi Kaleli: „Vielleicht,“ sagte er,
„wenn wir zum straßenseitigen Fenster gehen,“ sagte er.
„Sofort,“ sagte ich. Er hielt an meiner Hand als wir dort hingingen.
– Ich hielt an der Hand von Aziz.
Ich öffnete die Tür und wir fanden uns in einer
enormen Feuerhitze und einem dichten Rauch wieder,
in dem man die Hand vor Augen nicht sehen konnte.
~Es wurde dunkel und die Feuerwehr begann den Brand zu löschen.
Lütfi Kaleli rief „Hilfe!“ aus dem Fenster.
Untenstehende hörten diese Stimme. Sie glaubten er wäre ein Kommissar.
Das Feuerwehrauto kam, fuhr die Leiter aus
und Aziz Nesin begann hinabzusteigen.
– „Hey, das ist doch Aziz Nesin!“ – „Ja klar, das ist Aziz Nesin!“
– So viel Kraft hatte ich nicht mehr.
Ich stieg mühevoll und sitzend die Leiter hinunter.
Und von unten kam ein Feuerwehrmann herauf.
– Und in diese Moment sah ich folgendes Bild.
Ein bärtiger, 40 bis 50 jähriger Mann mit Krawatte
und Brille erkennt Aziz Nesin,
und er sagt: „Rettet ihn nicht!“
~Die Untenstehenden haben Nesin erkannt.
Die Beute, hinter der sie her waren, war dabei runterzukommen.
Cafer Özçakmak – Stadtrats- und Refah-Parteimitglied –
stand in der Nähe der Treppe und schrie:
„Das eigentlich zu tötende Tier ist hier!“
Der Feuerwehrmann, der zur Rettung kam, schimpfte und ging zurück.
Aziz Nesin und Lütfi Kaleli waren nun völlig allein und ihrem Schicksal überlassen.
Vor ihnen lag die Lynchjustiz, hinter ihnen die Hölle.
– Drei, vier Feuerwehrmänner warteten
auf Aziz Nesin, so ähnlich wie eine Katze,
die bereit war auf ihre Beute zu springen.
Als ich sie sah, rief ich wieder: „Hilfe!“
Auf meine Hilferufe kamen von unten
keine positiven Reaktionen.
Der Feuerwehrmann, der zur Rettung kam,
packte Aziz am Handgelenk und
warf ihn wie einen leeren Sack zu Boden.
– Ich fiel zu Boden. Dort auf dem Boden traten und schlugen sie mich.
Von meinem Haupt begann Blut zu rinnen. Von hier.
Sie schleiften mich bis zum Polizeiauto.
Ich stieg ins Polizeiauto ein. Als ich ins Auto einstieg kam
ein Mann zum Auto gelaufen und schlug wieder mit Fäusten auf mich.
– Von seiner Stirn und seinen Wangen begann Blut zu rinnen.
Ich gab wieder Hilferufe von mir, und
ein Kommissar in Dienstkleidung mit 2 Sternen
kam aufs Auto zu und errettete Aziz
aus den Fängen der Angreifer.
~Aziz Nesin wurde ins Hospital gebracht, mit einem
Kleinbus der Polizei, die er lebenslang meidete.
Die wütende Menge hingegen, die ihre Beute verlor, wollte ihren Appetit stillen
und suchte sich ein neues Ziel: das Gouverneursamt.
– Solch ein Geheule, solch ein Lärm und regnende Steine.
3 Assistenten, der Polizeipräsident, der Gendarmeriekommandant,
2 Bodyguards – die sind unten – und mein Bürodiener. Sonst niemand.
Niemand da. Alle verschwunden. Alle weggegangen.
Einerseits regnen Anrufe herein aus Ankara,
andererseits bin ich unter Belagerung.
Zwischen uns befinden sich 30, 40 Stufen.
Die Leute werden kommen und mich lynchen.
Sie werden eine grüne Flagge hissen, das hat also keinen anderen Ausgang.