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Von meinem teuren Permessos komme ich zu euch,
ihr glorreichen Helden vom Geschlecht der Könige.
Euer Ruhm zeugt von euren großen Taten,
doch wird er ihnen nicht voll gerecht,
da sie zu zahlreich sind.
Ich bin die Musik,
die mit gelinden Tönen ein jedes ruheloses Herz zu stillen vermag
und bald mit edlem Zorne, bald mit Liebe
auch die kühlsten Sinne zu entflammen weiß.
Wenn ich zu meiner goldnen Harfe singe,
berücke ich oft der Menschen Ohren
und erwecke durch die süßen Harmonien in ihrem Herzen
die Sehnsucht nach dem Klang himmlischer Harfen.
Nun will ich euch von Orpheus berichten,
von ihm, dess' Lied die wilden Tiere zähmte,
dess' Flehen selbst die Unterwelt erhörte,
Pindus und Helikon zum ewigen Ruhm.
Dieweil ich nun
von Heiterem und Ernstem singe,
darf sich kein Vogel in den Zweigen regen,
es rausche keine Welle ans Gestade,
und jedes Lüftchen stehe still.
An diesem frohen, segensreichen Tag,
der dem Liebesschmerz unsres Halbgottes ein Ende setzt,
kommt, Hirten, lasst uns singen in solch süßen Tönen,
dass unsre Weisen Orpheus' würdig sind.
Heute hat sich erbarmt ein Herz, das vordem so unnahbar,
das der schönen Eurydike.
Heute erfüllt sie Orpheus' Glück,
sie, um derentwillen er so lange in diesen Wäldern seufzte und klagte.
Darum, an diesem frohen, segensreichen Tag,
der dem Liebesschmerz unsres Halbgottes ein Ende setzt,
kommt, Hirten, lasst uns singen in solch süßen Tönen,
dass unsre Weisen Orpheus' würdig sind.
Komm, ***äus, ach, komm!
Und deine glühende Fackel gleiche der aufgehenden Sonne,
die diesen Liebenden frohe Tage bringe
und die Sorgen und Schmerzen
der Angst und Betrübnis von ihnen fernhalte.
Ihr Musen, Zierde des Parnass, Geliebte des Himmels,
Trostbringerinnen der verstörten Herzen,
zerreißt mit euren wohlklingenden Harfen die düstren Schleier aller Wolken.
Dieweil wir heute zu unsres Orpheus' Heile
auf wohlgestimmten Saiten die Gnade ***äus' erbitten,
lasst euer Lied sich mit unserem vereinen.
Verlasst die Berge, verlasst die Quellen,
ihr anmutigen, frohen Nymphen,
und schwingt auf diesem Anger eure zarten Füße
zu gewohntem Tanze.
Die Sonne bewundre eure Reigen, die noch schöner sind als jene,
die die Sterne am nächtlichen Himmel rings um den Mond tanzen.
Verlasst die Berge, verlasst die Quellen, ihr anmutigen, frohen Nymphen,
und schwingt auf diesem Anger eure zarten Füße zu gewohntem Tanze.
Dann bekränzt mit Blumen
der Liebenden Haar,
denn nun sind sie froh, da sie nach allem Leiden
endlich ihr Glück genießen.
Doch du, holder Sänger, dessen Klagen
einst diese Gefilde zu Tränen rührten,
willst du nicht, dass sich zum Klang deiner Zauberharfe
Täler und Hügel mit dir erfreuen?
Was du im Herzen trägst,
möge ein frohes Liebeslied bezeugen.
Rose des Himmels, Leben der Welt
und würdige Tochter dessen, der das Weltall lenkt,
Sonne, die du alles umfängst und alles siehst,
während die Sterne dich umkreisen, sage mir:
Hast je du einen Glücklicheren, einen Gesegneteren gesehen als mich?
Selig war der Tag, an dem ich dich, Geliebte, erblickte,
und noch seliger die Stunde, da ich um dich seufzte,
denn meine Seufzer hallten in dir wider;
doch am glücklichsten war der Augenblick, da du mir deine weiße Hand
als Pfand wahrer Treue reichtest.
Hätte ich so viele Herzen, wie Sterne am Himmel funkeln,
wie diese Hügel an Stauden tragen, wenn der Mai grünt,
so wären sie alle voll zum Überfließen
vor dem Glück, das mich heute erfüllt.
Ich kann es gar nicht sagen,
wie sehr ich mich, Orpheus, an deinem Glück erfreue,
denn mein Herz ist nicht mehr bei mir,
sondern bei dir, dir in Liebe verbunden.
Drum frage es, wenn du wissen willst,
wie glücklich es ist
und wie sehr es dich liebt.
Verlasst die Berge, verlasst die Quellen, ihr anmutigen, frohen Nymphen,
und schwingt auf diesem Anger eure zarten Füße zu gewohntem Tanze.
Die Sonne bewundre eure Reigen, die noch schöner sind als jene,
die die Sterne am nächtlichen Himmel rings um den Mond tanzen.
Komm, ***äus, ach, komm!
Und deine glühende Fackel gleiche der aufgehenden Sonne,
die diesen Liebenden frohe Tage bringe
und die Sorgen und Schmerzen
der Angst und Betrübnis von ihnen fernhalte.
Doch wenn uns der Himmel unsere Freuden schenkt,
wie alles, was geschieht, der Himmel uns schickt,
so ziemt es sich uns, ihm in Ehrfurcht Weihrauch und Gebete darzubringen.
Drum kehre ein jeder seinen Schritt zum Tempel,
um ihn, dess' rechte Hand die Welt umfasst, zu bitten,
dass er unser Glück lange erhalte.
Keiner überlasse sich der Verzweiflung oder gebe sich dem *** hin,
wenn dieser uns auch oft bedrängt
und am Leben zweifeln lässt.
Denn wenn schwarze Sturmeswolken drohen
und Winde alle Welt mit Furcht erfüllen,
so scheint der Sonne Strahl doch umso heller.
Ist auch in Winters Frost der Anger kahl,
der Frühling kleidet ihn mit frischen Blumen.
Seht hier Orpheus,
dessen Speise noch vor kurzem Seufzer
und dessen Trank nur Tränen waren:
Heute ist er so glücklich,
dass ihm nichts mehr zu wünschen bleibt.
Hier bin ich, kehre zu euch wieder, teure Wälder und geliebte Gestade,
beglückt von jener Sonne, die meine Nächte in Tage verkehrt.
Sieh, Orpheus, der Schatten dieser Buchen bietet süße Ruhe,
da Phöbus brennende Pfeile vom Himmel herabschleudert.
An diesen grünen Ufern wollen wir lagern,
und ein jeder auf seine Weise stimme ins Murmeln der Wellen ein.
Zu diesem lieblichen Anger kommen oft die Waldesgötter,
um hier in froher Runde zu verweilen.
Hier hörte man zuweilen den Hirtengott Pan,
wie er in süßen Tönen sein Liebesleid beklagte.
Hier erblickte man liebliche Nymphen, die Stirn mit Blumen bekränzt,
wie sie mit ihren weißen Händen Rosen pflückten.
Drum erfülle, Orpheus, mit dem Klang deiner Harfe
diese Gefilde, über die süße Düfte wehen.
Gedenkt ihr, schattige Wälder,
meiner langen, bitteren Qualen,
als selbst Steine, von Mitleid gerührt, mein Klagen erhörten?
Sprecht, schien ich euch nicht
der unglücklichste aller Menschen?
Nun hat das Schicksal sich gewendet
und *** in Freuden verwandelt.
Ich lebte in Gram und Betrübnis,
doch nun bin ich selig, und die Leiden, die ich so viele Jahre ertragen,
machen mich heute umso beglückter.
Für dich allein, holde Eurydike,
segne ich all meine Qualen.
Nach Schmerz ist Freude umso schöner,
nach Unbilden noch größer das Glück.
Sieh, Orpheus, sieh,
blick um dich her,
es lächelt der Wald, und es lächelt die Au.
Spiele nur weiter auf deiner goldenen Harfe,
die Luft dieses lieblichen Tags zu versüßen.
Weh, bitteres Schicksal!
Weh, ruchloses und grausames Verhängnis!
Weh, unerbittliche Sterne!
Weh, hartherziger Himmel!
Welch Klagelied stört diesen frohen Tag?
Weh mir, so muss ich nun,
da Orpheus den Himmel mit seinem Lied ergötzt,
mit meinen Worten das Herz ihm brechen?
Dies ist die holde Silvia,
die liebste Freundin der schönen Eurydike.
Ach, wie traurig sieht sie drein!
Was ist geschehen?
Ach, mächtige Götter, kehrt eure gütigen Augen nicht von uns!
Ihr Hirten, lasst den Gesang,
denn alle Freude hat sich in Schmerz gewandelt.
Wo kommst du her? Wohin gehst du? Nymphe, welche Nachricht bringst du?
Zu dir komme ich, Orpheus, unglückselige Botin
des unglücklichsten, traurigsten Schicksals.
Deine schöne Eurydike...
Weh mir, was muss ich hören?
Deine geliebte Braut...
Sie ist tot.
Weh mir!
Auf einer blühenden Wiese wandelte sie mit ihren Gespielinnen
und pflückte Blumen, um dir einen Kranz für dein Haar zu winden,
als eine listige Schlange, die im Gras verborgen lag,
den Giftzahn in ihren Fuß stach.
Sogleich erblasste ihr schönes Antlitz,
und in ihren Augen erlosch das Licht,
dessen Strahlen einst das der Sonne übertraf.
Wir scharten uns um sie, bestürzt, verzweifelt,
um die entschwindende Seele mit kühlem Wasser
und Zauberformeln wieder zu beleben.
Doch, ach, es war vergebens.
Noch einmal öffnete sie die matten Augen,
rief dich, Orpheus, beim Namen,
stieß einen schweren Seufzer aus
und starb in meinen Armen.
Ich war reglos,
mein Herz von Trauer und Schrecken erfüllt.
Weh, bitteres Schicksal!
Weh, ruchloses und grausames Verhängnis!
Weh, unerbittliche Sterne!
Weh, hartherziger Himmel!
Die bittre Kunde verkehrt den Unglücklichen ganz zu Stein.
Vor lauter Schmerz vermag er nicht zu klagen.
Der müsste das Herz eines Tigers oder Bären haben,
der sich bei deinem *** nicht erbarmte,
du ärmster Mann, dem alles Glück entrissen.
Du bist tot,
du bist tot, du mein Leben,
und ich atme noch?
Du bist von mir gegangen,
bist von mir gegangen, um nie mehr zurückzukehren,
und ich bleibe hier?
Nein, nein,
wenn Lieder etwas nur vermögen,
so will in die Unterwelt hinab ich steigen,
das Herz des Herrn der Schatten zu erweichen
und ins Licht der Sterne dich zurückzuführen,
oder, so ein grausam Geschick mir dies verwehrt,
mit dir bei den Toten zu verweilen.
Leb wohl, Erde,
leb wohl, Himmel,
Sonne, leb wohl.
Weh, bitteres Schicksal!
Weh, ruchloses und grausames Verhängnis!
Weh, unerbittliche Sterne!
Weh, hartherziger Himmel!
Nie vertraue der Mensch auf vergängliches, schwaches Glück,
denn schnell entflieht es,
und oft sind Gipfel und Abgrund nah beisammen.
Doch ich, die ich mit meinen Worten den Dolch führte,
der Orpheus' liebendes Herz traf,
da mich die Hirten und die Nymphen hassen,
da ich selbst mich hasse,
wo kann ich mich verbergen?
Der Unheil verheißenden Eule gleich will ich die Sonne auf ewig meiden,
in einer einsamen Höhle mein Leben fristen
und mich grämen.
Weh, wer tröstet uns?
Wer vergönnt unsren Augen einen Quell der Tränen,
um zu weinen, wie es sich geziemt
an diesem unseligen Tag,
der umso trauriger ist, da er vordem so froh?
Heute hat ein grausames Schicksal
die beiden hellsten Sterne unsrer Wälder,
Eurydike und Orpheus,
sie durch den Biss der Schlange
und ihn vom Schmerz gebrochen,
ach, weh, ausgelöscht.
Weh, bitteres Schicksal!
Weh, ruchloses und grausames Verhängnis!
Weh, unerbittliche Sterne!
Weh, hartherziger Himmel!
Wo aber liegen nun
die zarten, kalten Glieder der unglücklichen Nymphe?
Wo ist die Hülle jener schönen Seele,
die heute von uns ging in ihrer Jugend Blüte?
Auf, Hirten, lasst uns gehen,
voller Ehrfurcht sie zu finden und mit unsren bitteren Tränen
wenigstens ihrem Leichnam
die gebührende Ehre zu erweisen.
Weh, bitteres Schicksal!
Weh, ruchloses und grausames Verhängnis!
Weh, unerbittliche Sterne!
Weh, hartherziger Himmel!
Geleitet von dir, Göttin Hoffnung,
Hoffnung, der einzigen Zuflucht geprüfter Menschen,
bin ich nunmehr in dieses freudlos düstre Reich gekommen,
in das kein Strahl der Sonne je gedrungen.
Du, meine Gefährtin und Führerin
auf diesen fremden, unbekannten Wegen,
hast meinen schwachen, strauchelnden Schritt geleitet,
dass ich nun wieder Hoffnung hege, jene herrlichen Augen wiederzusehen,
die allein den meinen das Licht bedeuten.
Hier ist der dunkle Morast, hier ist der Fährmann,
der die nackten Seelen ans andere Ufer rudert,
wo Pluto herrscht über das große Reich der Schatten.
Jenseits der schwarzen Fluten dieses Stromes,
in den Gefilden voll von Schmerz und Tränen,
hält ein grausames Geschick dein Liebstes verborgen.
Nun brauchst du Mut und lieblichen Gesang.
Bis hierher habe ich dich geleitet,
doch weiter kann ich nicht mit dir gehen.
Ein streng Gesetz verwehrt es.
Mit Eisen gemeißelt in den harten Stein
der Schreckenspforte dieses großen Reiches
steht es geschrieben, furchtbar sind die Worte:
»Ihr, die ihr eingeht, lasst alle Hoffnung fahren.«
Drum, wenn du im Herzen entschlossen bist,
in dies düstre Reich deinen Fuß zu lenken,
wende ich mich nun von dir und kehre heim in die gewohnte Stätte.
Wohin, ach, wohin gehst du,
du einziger, süßer Trost meines Herzens?
Es ist ja nicht mehr weit, eh ich der langen Reise Ziel erreiche.
Warum eilst du davon, verlässt mich, ach, in diesem Augenblick voll Gefahr?
Was kann mir noch gelingen, entfliehst du,
süße Hoffnung, mir?
Der du es wagst, eh dich der Tod ereilt, zu diesen Ufern zu kommen,
halte ein.
Kein Sterblicher darf diese Wasser befahren,
und kein Lebender darf bei den Toten weilen.
Was? Willst du, Widersacher meines Herrn,
Cerberus vom Portal des Tartarus schleppen?
Oder verlangt's dich, seine teure Gattin zu rauben,
weil dein Herz von *** entflammt ist?
Beherrsche deinen Wagemut, denn in meinem Kahn
schiff keinen Lebenden ich jemals wieder,
denn bittrer Zorn, gerechte Unmut regen sich in meinem Herzen,
gedenke ich vergangener Schmach.
Mächtiger Geist,
gewaltiger Gott,
ohne den die Seele, die vom Leib befreit,
vergebens hofft, das andre Ufer zu erlangen!
Ich lebe nicht mehr, nein,
denn seit meine geliebte Braut
ihr Leben ließ,
ist mein Herz nicht mehr bei mir,
und wie könnte ich ohne Herz leben?
Zu ihr...
führt mein Weg
durch finstere Lüfte,
doch nicht zur Unterwelt, denn überall dort,
wo solcher Liebreiz weilt,
kann nur das Paradies sein.
Orpheus bin ich,
der Eurydikens Schritten
durch diese düsteren Ebenen folgt,
die keines Menschen Fuß zuvor betrat.
O ihr hellen Lichter meiner Augen,
nur ein Blick von euch könnte mir das Leben zurückgeben,
ach, wer missgönnt diesen Trost meinen Schmerzen?
Nur du, erhabener Gott, kannst mir nun helfen,
doch fürchte nichts: In meinen Händen
halte ich als einzige Waffe meine goldne Harfe,
deren Klang selbst harte Seelen erweichen lässt.
Deine Klagen und dein Gesang schmeicheln mir wahrlich
und erfreuen mein Gemüt, du schwer geprüfter Sänger.
Doch fern sei meinem Herzen alles Mitleid,
denn es geziemte meiner Würde nicht.
Weh mir unglücklichem Liebenden! So darf ich nicht hoffen,
dass die Bewohner des Avernus meine Bitten erhören?
Soll ich wie der umherirrende Schatten eines unglücklich wandelnden Leichnams
des Himmels und der Hölle beraubt sein?
Will es das Schicksal,
dass ich, in dieser Todesangst, so fern von dir, mein Herz,
vergebens deinen Namen rufe
und flehend, weinend zugrunde gehe?
Gebt mir mein Liebstes zurück,
ihr Götter des Tartarus!
Er schläft.
Wenn auch meine Harfe sein hartes Herz nicht erweichen konnte,
soll doch mein Singen den Schlaf aus seinen Augen nicht vertreiben.
Wohlan, was zaudre ich noch?
Es ist an der Zeit, ans andere Ufer zu gelangen,
da niemand mich hindert.
Es siege der Mut, wo Bitten nichts vermochten.
Die Gelegenheit gleicht der schönen Blume, die man zur rechten Zeit pflücken muss.
Dieweil meinen Augen bittere Tränen entfließen,
gebt mir mein Liebstes zurück,
ihr Götter des Tartarus!
Nichts, was der Mensch unternimmt, ist vergebens.
Gegen ihn kann die Natur sich nicht erwehren.
Auf hügeligen Feldern pflügte er die Erde,
säte im Schweiß seines Angesichts
und brachte goldene Ernte ein.
Darum hat, auf dass die Erinnerung an seine Taten ewig lebe,
die Göttin des Ruhmes ihre Stimme erhoben, zu berichten,
wie er mit schwachen Schiffen die Meere bezwang,
den Südwind verachtend und den Nordwind nicht fürchtend.
Herr, dieser Unglückliche,
der durch der Toten weite Lande zieht
und nach Eurydike ruft
und dessen ergreifende Klagen du bereits vernahmst,
er hat mein Herz zu solchem Mitleid bewegt,
dass ich mich noch einmal an dich wende,
dich Göttlichen zu bitten, ihn zu erhören.
Wahrlich, wenn du je in diesen Augen der Liebe Freuden fandest,
wenn meine heitre Stirne dich beglückte, die du deinen Himmel nanntest
und bei der du schworst, Jupiter um nichts zu beneiden,
dann bitte ich dich
bei jenem Feuer, das Amor in deiner Seele entfachte,
lass Eurydike zurückkehren,
um wieder jene Tage zu genießen, die sie mit Festen und Gesang verlebte,
und des verzagten Orpheus Klagen zu beschwichtigen.
Obwohl ein hartes, unabänderliches Schicksal
deinem Wunsch, geliebte Gattin, entgegen steht,
so sei doch solcher Schönheit nichts versagt,
die solcher Fürbitte sich vereint.
Seine geliebte Eurydike
soll, dem Willen des Schicksals zum Trotz,
Orpheus wiederfinden.
Doch ehe ihn sein Fuß nicht aus diesem Abgrund geführt hat,
darf sich sein Auge nicht an ihr weiden;
ein einziger Blick entreiße sie ihm in alle Ewigkeit.
So habe ich es beschlossen.
Nun, ihr Boten, verkündet
meinen Willen in meinem Reiche,
auf dass Orpheus und auch Eurydike ihn erfahre
und keiner es wage, ihn zu ändern.
Mächtiger König derer, die im Reich ewiger Schatten leben,
dein Wille ist Gesetz.
Uns ziemt es nicht,
den tieferen Sinn deines Gebotes zu erforschen.
Wird es Orpheus gelingen, seine Braut diesen schrecklichen Höhlen zu entführen?
Wird er mit aller Kraft des Verstandes
gegen sein jugendliches Verlangen ankämpfen
und deine strengen Worte nicht vergessen?
Wie kann ich dir danken, dass du, gütiger Herr,
so edelmütig mein Flehen erhört hast?
Gesegnet sei der Tag, an dem ich dir gefiel,
gesegnet der Raub, die holde Täuschung,
denn zu meinem großen Glück gewann ich dich,
verlor ich auch die Sonne.
Deine süßen Worte
erwecken in meinem Herzen die alte Wunde, die Amor mir schlug.
Drum wollte ich, dass deine Seele nicht nach Himmelsluft verlange,
auf dass du deines Gatten Bett nicht verlässt.
Heute haben Mitleid und Liebe
in der Unterwelt triumphiert.
Hier kommt der edle Sänger,
der seine Braut ans Himmelslicht führt.
Wie wärest du recht zu ehren, du meine allmächtige Harfe,
da du im Reich des Tartarus alle Herzen von Stein erweichen konntest?
Bei den schönsten Himmelslichtern sollst du deine Bleibe haben,
dort sollen die Sterne zu deinen Klängen früh und spät im Reigen gehen.
Durch dich bin ich vollkommen glücklich, ich werde das geliebte Antlitz sehen,
und noch heute werde ich am weißen Busen meines Weibes ruhen.
Doch weh, dieweil ich singe,
wer gibt mir Gewissheit, dass sie mir folgt?
Weh, wer verbirgt vor mir das teure Licht ihrer geliebten Augen?
Vielleicht beneiden mich die Götter des Avernus
und versagten mir, auf dass ich in der Unterwelt nicht glücklich sei,
den Anblick der geliebten, frohen Augen,
die mit einem einzigen Blick einen jeden selig machen können?
Herz, was hast du zu fürchten?
Was Pluto verbietet, befiehlt dir Amor.
Einem so mächtigen Gott, der Menschen und Götter besiegt,
muss auch ich gehorchen.
Was höre ich? Weh mir! Rüsten sich vielleicht die Furien,
von Liebe entbrannt, mich zu verderben, indem sie meine Liebste rauben,
und ich lasse es zu?
Geliebte Augen, ich sehe euch wieder,
euch seh ich...
Doch welch Dunkel, oh weh, trübt euch?
Du hast dem Gesetz getrotzt und verdienst keine Gnade.
Ach, Anblick, so süß
und doch so bitter!
So verlierst du mich, weil du zu sehr mich liebst?
Und ich Unglückliche verliere die Hoffnung,
je mich wieder am Licht, am Leben zu erfreuen,
und zugleich verliere ich
dich, mein höchstes Gut,
meinen Bräutigam.
Kehre zurück ins Reich des Todes, unglückliche Eurydike,
und gib alle Hoffnung auf, die Sterne wiederzusehen,
denn nun erhört die Unterwelt dein Flehen nicht mehr.
Wohin gehst du, Geliebte?
Sieh, ich folge dir.
Ach, wer will mich hindern? Träum ich? Ist es Wahn?
Welch geheime Macht an diesem geliebten Schreckensort
reißt mich gegen meinem Willen fort und führt mich zum verhassten Licht?
Die Tugend ist ein Lichtstrahl himmlischer Schönheit,
ein Kleinod der Seele, ihr allein zu eigen.
Sie fürchtet nicht den Zahn der Zeit,
denn mit den Jahren wird ihr Glanz im Menschen noch herrlicher.
Orpheus, der die Unterwelt besiegte,
wurde nun selbst
von seiner Leidenschaft besiegt.
Nur der ist ewigen Ruhmes würdig, der sich selbst besiegen kann.
Hier sind die thrakischen Gefilde,
und hier der Ort, an dem mein Herz mir brach
aus Gram über die bittere Kunde.
Nun, da ich nicht mehr hoffen kann, durch mein Gebet,
durch Tränen und Seufzer meine Geliebte wiederzugewinnen,
was kann ich tun,
als an euch mich zu wenden,
liebliche Wälder, die ihr einstmals Trost mir gabt,
als es dem Himmel gefiel,
dass ihr barmherzig mit mir littet
in meinem Leiden?
Ihr Berge, die ihr mich beklagtet,
ihr Steine, die ihr weintet, da unsere Sonne unterging,
auf ewig will ich mit euch weinen,
und ewig will ich trauern, o Schmerz, o Tränen!
»...o Tränen!«
Liebes, gutes Echo, das du selbst untröstlich bist
und in meinem Schmerz mich trösten willst,
obwohl das Weinen meine Augen zu zwei Quellen gemacht hat,
wird meinem schweren Schicksalsschlag
der Tränen Flut doch niemals genug!
»...genug!«
Hätte ich wie Argos hundert Augen
und vergössen sie alle ein Meer von Tränen,
entspräche der Schmerz doch niemals meinem Weh.
»...Weh!«
Wenn du dich meiner erbarmst,
so dank ich dir für deine Güte.
Doch während ich mich quäle, ach,
warum antwortest du mir nur mit den letzten Worten?
Lass meine ganze Klage widerhallen!
Doch du, mein Herz,
falls je dein kalter Schatten wiederkehrt
zu diesen lieblichen Gefilden,
empfang von mir das letzte, höchste Loblied:
Ich will dir meine Harfe und mein Lied weihen,
wie ich dir einst an meines Herzens Altar
meinen entflammten Geist als Opfergabe bot.
Schön warst du und weise,
und der Himmel häufte auf dich mit vollen Händen seine Gaben,
die allen anderen er nur sparsam schenkte.
In allen Sprachen gebührt dir ein jedes Lob,
dir, deren Seele noch schöner war als dein schöner Leib
und in ihrer Bescheidenheit der Ehre um so würdiger.
Wie sind die anderen Frauen stolz und treulos,
unstet, verächtlich gegen jene, die sie lieben,
arm an Verstand und allem hohen Geiste!
Zu Recht sind ihre Werke nicht gepriesen.
Nie soll Amor für eine nichtswürdige Frau
mit seinem goldenen Pfeil mein Herz durchbohren.
Warum, mein Sohn, wirst du des Zorns, des Grames Beute?
Niemals tut es gut, dass edelmütige Herzen
der Leidenschaften Drang verfallen.
Ich sehe, wie du dich in Vorwurf und Gefahr verzehrst,
drum komme ich vom Himmel, dir zu helfen.
Höre mich an,
und du kannst Ruhm und Leben erlangen.
Guter Vater, in ärgster Not kommst du zu mir,
denn Unmut und Liebe haben mich schwer geprüft
und zur Verzweiflung getrieben.
Nun will ich deinen Worten lauschen.
Himmlischer Vater, befiehl mir, was du willst.
Allzu sehr genossest du dein frohes Leben,
allzu sehr beweinst du nun dein hartes, bitteres Los.
Weißt du noch immer nicht, dass das irdische Glück vergänglich ist?
Doch willst du das ewige Leben,
folge mir, der Himmel steht dir offen.
So soll ich der geliebten Eurydike holde Augen nie wieder sehen?
In der Sonne und den Sternen wirst du ihr schönes Ebenbild entdecken.
Nicht würdig wäre ich, solch guten Vaters Sohn zu sein,
befolgte ich nicht deinen gütigen Rat.
Wir fahren auf,
singend fahren wir auf zum Himmel,
wo wahre Tugend gebührenden Lohn erfährt:
Freude und Frieden.
Gehe hin, Orpheus, wahrhaft glücklich, dich der himmlischen Ehren zu erfreuen,
wo das Gute nicht vergeht, wo niemand leiden muss,
dieweil wir dir am Altar froh und fromm Weihrauch und Gebete darbringen.
So geht es dem, der sich nicht scheut, dem Ruf des ewigen Gottes zu gehorchen;
so wird des Himmels Gnade dem zuteil, der hier auf Erden Höllenqualen litt;
und wer mit Tränen sät, soll mit Freuden ernten.