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Wenn ich in meinem Plutarch lese,
ekelt mirvor diesem tintenklecksenden Säkulum!
Oh, glimmte noch ein Funke vom Geist des Arminius
in der kalten Asche meinerVäter !
Wie erwürde ich ganz Deutschland befreien,
so dass Sparta und Athen daneben Sklaven in Ketten wären.
Eine Bande, eine Bande; Helden der Straße.
Mit Dolch und Becher tut es niemand dem Räuber gleich!
Diese Trunkenbolde sind die schamlosen Gefährten meines Irrtums!
Wie lange, Vater, dauert es noch, bis deine Verzeihung es mir ermöglicht,
diese verworfenen Menschen ihrem Schicksal zu überlassen!
O mein väterliches Schloss,
ihr ewig grünen Hügel,
wie wird diese erlöste Seele bei eurem Anblick vor Freude jubeln!
Amalia ! Dir eile ich entgegen.
Breite deine Arme aus zu keuscher Umarmung!
Gib mir die unschuldigen Freuden meiner Jugend zurück !
Hier ist ein Brieffür dich.
Du zitterst?
Vor Glück !
Freunde, dies ist meine Begnadigung.
Wie bleich erwird und wie sich seine Miene verdüstert !
Weh mir ! Von meinem Bruder!
Bei meiner Ehre, ein schöner Brief !
»Dein Vater rät dir, jeden Gedanken an eine Rückkehr aufzugeben,«
»wenn du nicht als Gefangener im Turm bei Wasser und Brot leben willst.«
Wasser und Brot ! Eine kräftige Kost!
Menschliche Bestien, bestialische Menschen, härter als die Felsen des Gebirges !
Meine glühenden und inständigen Bitten konnten ihn nicht rühren, nicht erweichen?
Oh, könnte ich das Meer, die Erde mit einem Schrei in Aufruhr versetzen
und gegen die Menschheit gemeinsam in den Krieg führen !
Höre, Moor !
Wo ist das Schwert, das solchen Schlangen den Tod bringt?
Wir haben es. Beruhige dich und höre. Wirwollen eine Räuberbande bilden.
Räuber, wir? Gottlose Geister, wer blies euch solch einen Gedanken ein?
Und du sollst unser Hauptmann sein.
Beim Henker, ich lehne nicht ab !
Du gehörstzu uns?
lch gehöre zu euch!
Hier ist meine Hand.
Es lebe der Hauptmann !
Mein Zorn soll diese Schwerter in die verfluchte Erde treiben !
Hinter mir ein Gemetzel und vor mir nur Entsetzen.
lhr seid meine Rachegeister, das Schicksal hat uns aneinander gekettet.
Schwört mir Treue bei meiner starken Hand.
Bei deiner starken Hand schwören wir dir Treue.
Alter! Deinen verhassten Erstgeborenen habe ich vertrieben.
Seinen winselnden Brief habe ich vernichtet.
Gelesen hast du einen von meiner Hand, der ihn in so reizenden Farben malte...
Endlich konnte ich mich an der Natur dafür rächen,
dass sie mich jünger gemacht hat als meinen Bruder.
Jetzt muss ich noch meinen Vater dafür bestrafen.
Recht! Gewissen!
Vortreffliche Schreckgespenster für schwächliche Gemüter !
Sei mutig, Francesco! Befreie dich von dem alten Mann!
Dieses morsche Gerippe lebt kaum noch.
Ein Windstoß...
Und er stirbt !
Sein Lebenslicht flackertzwar schon, doch es dauert viel zu lange.
Bei Gott, wenn die Naturzu langsam ist, werde ich ihr nachhelfen!
Mein Geist, lass mich einen Dolch finden,
der das Herz des Menschen durchbohrt,
ohne die Hand zu verraten, die ihn führte.
Triumph ! Der Plan istfertig !
Arminio, komm her !
Was wünscht lhr, Herr?
Bist du mirtreu?
Zweifelt Ihr daran?
Gut! Du musst mir helfen.
Verkleide dich so gut, dass dich niemand erkennt.
Dann geh zu meinem Vater.
Erzähl ihm, aufdem Schlachtfeld von Prag habest du
seinen Carlo leblos unter einem Haufen von Leichen zurückgelassen.
Wird er mir glauben, wenn ich tue, was Ihrverlangt?
Erwird deine Nachrichten gierig aufnehmen, glaub mir.
Ich werde dich mit untrüglichen Beweisen ausstatten,
aufdie selbst der Gescheiteste hereinfallen würde.
Bald, Francesco, bist du hier der Herr !
Zittert, ihr Elenden,
bald werdet ihr mein wahres, mein schreckliches Gesicht sehen.
Die matte Hand eines schwachen Alten, den ihr nicht fürchtet,
wird euch nicht länger regieren.
Lachen und Freude werden abgelöst
durch Seufzer, Tränen, Furcht und Argwohn.
Hunger, Kerker, Schmach und *** werden euch unsagbares Leid bescheren.
Vater, dein ehrwürdiges Antlitz
gleicht den Zügen eines Heiligen.
Oh, nichts störe deinen Schlummer!
Möge er dich aus dem irdischen Leid entführen und dir Trost spenden.
Du hast meinen Carlo verbannt;
deinetwegen habe ich all meine Freude verloren,
aber ich könnte dir nie zürnen.
Sein Antlitz glich jenen Engeln, die Gott aus einem Lächeln schuf.
Seine Küsse ließen die Freuden des Paradieses ahnen.
Seine Umarmung stürzte uns in einen Strudel der Trunkenheit.
Wie zwei Stimmen im Einklang schlug Herz an Herz.
Unsere Seelen verschmolzen, sie glühten im selben Feuer.
Und Erde und Himmel schienen zu vergehen in dieser Umarmung.
Ungeahnte, überirdische Freuden kostete ich.
Göttlicher Traum ! Er entschwand, um niemals zurückzukehren.
Mein Carlo...
Erträumt.
Oh, wie unglücklich bist du !
Wach auf, geliebterVater, und die Schreckensbilderwerden verschwinden.
Francesco ! Sogar im Traum reißt du ihn von mir?
Ich bin es, deine Tochter: Sieh mich an !
Du hier?
Soeben träumte ich von unserem Carlo.
Armes Mädchen!
Ich brachte dich um die Freuden deiner Jugend.
Verfluche mich nicht.
Dich verfluchen? Niemals !
Carlo ! Ich sterbe...
Und, wehe! ln meinen letzten Stunden bist du nicht bei mir.
Eine kalte, undankbare Hand
wird mich in die Gruft legen.
Für einen Sterbenden sind Tränen ein kostbares Gut,
aberwerwird mich beweinen?
Oh, könnte ich dieses irdische Jammertal doch hinter mir lassen,
jetzt, da ich alles verloren habe und die Erde nicht mehrfür mich blüht !
ln die Ewigkeit eingehen, für immer mit Carlo vereint !
Ein Bote mit schlechten Neuigkeiten! Wollt Ihr ihn anhören?
Was bringst du? Sprich !
Ich bringe Euch Kunde von Eurem Carlo.
- Wo ist er? - Lebt er?
Erwar mein Kamerad bei den Truppen von König Friedrich,
bei denen er, der heimatlose Bettler, Zuflucht ge funden hatte.
DerÄrmste !
Bei Prag focht er mutig,
bis sein Körper mit Wunden übersätwar.
Schweig, herzloser Mensch!
Mit letzter Kraft sagte erzu mir:
»Bring dieses blutige Schwert zu meinem Vater«
»und sag ihm: Der Sohn, den lhr verstoßen habt,«
»stirbt vollerVerzweiflung in Kampf und Gemetzel.«
Ich bin dieserVater, verflucht vom Himmel !
Sein letztes Wortwar » Amalia«.
Ich bin die Beklagenswerte, die nur noch lebt, um zu weinen !
Lies das !
Dein Carlo hat hier mit Blut geschrieben:
»Unseren Eid löst der Tod, Amalia.«
»Francesco, reiche du Amalia die Hand.«
Carlo, Carlo, du hast mich nie geliebt!
Wilder Tiger, welches Blut hast du vergossen !
Carlo, Carlo, du hast mich nie geliebt!
Der Zorn des Himmels
treffe mein schuldiges Haupt!
Du aber, Verräter,
der mir diesen furchtbaren Fluch entlockte,
gib mir meinen toten Sohn zurück !
Vater! Der Gott der Bedrängten hat ihn zu den Märtyrern erhoben,
weil wir auf Erden nicht so glücklich sein sollen wie im Himmel.
Aber getröstetwerden wir ihn sehen, dereinst, zwischen Sternen und Sonne !
Du aber, Verräter, der mir diesen furchtbaren Fluch entlockte...
Dem Teufel sei Dank! Schmerz, Zorn und Gewissensbisse stürmen auf ihn ein.
Vater! Der Gott der Bedrängten hat ihn zu den Märtyrern erhoben.
lch kann den Schmerz seines Vaterherzens nicht länger ertragen !
Gib mir meinen toten Sohn zurück !
Aber getröstetwerden wir ihn sehen, dereinst, zwischen Sternen und Sonne !
Dem Teufel sei Dank! Schmerz, Zorn und Gewissensbisse stürmen auf ihn ein.
Diese grässliche Lüge werde ich ewig bereuen.
Die Verzweiflung versetze ihm den letzten, mächtigsten Stoß.
Gib mir meinen toten Sohn zurück !
Er stirbt.
Er ist tot.
O Gott !
Tot?
Dann bin ich der Herr!
Von dem infamen Bankett stahl ich mich fort,
und flüchte mich hierher, Vater,
zu deinem vergessenen Grab,
denn nur hierfinden meine heimlichen Tränen Trost.
Wirwollen fröhli ch sein, denn flüchtig sind die Stunden der Freude.
Vom Trinken zum Küssen führe uns das Vergnügen.
Grab und Kreuz geben uns diese Warnung:
- Das Leben ist allzu kurz; beeile di ch, es zu genießen. - Ruchloser Schuft !
Lassen wirdie rituellen Klagerufe! Es ist töri cht, die Toten zu beweinen.
Ruchloser Schuft !
Schwarze Farben sollen das Gastmahl nicht stören.
Hier sollen die Becherfunkeln und die Liebe uns ergötzen.
Freude und Jubel über den Tod deines Vaters!
Das Jen seit s schreckt nurdie Schwächlinge;
den Starken ist e s kaum einen Gedanken wert.
Wirwollen fröhli ch sein, denn flüchtig sind die Stunden der Freude.
Aber den Frieden, den du ihm im Leben raubtest,
kannst du dem Toten nicht nehmen!
Deine verhasste Stimme wird nicht durch diese Steine dringen.
Glückliche Seele, du bistwiedervereint mit meinem Carlo,
und was du auf Erden an *** gelitten,
ist im Himmel zu Freude geworden.
Nur ich lebe hier in Jammer,
einsam und ohne Trost.
Oh, wie sehr beneide ich dich um dein glückliches Grab!
- Mein Fräulein ! - Was willst du?
Ich bitte um Eure Vergebung für eine große Missetat.
- Lass mich! - Hört mich an. - Lass mich!
Euer Carlo lebt !
- Was sagst du? - Die Wahrheit.
Und auch Euer Oheim lebt noch.
Bleib!
Großer Gott!
Carlo lebt? Wie schön klingen diese Worte, als kämen sie aus dem Paradies !
Gott hörte meine Klagen und hatte Mitleid mit meinem Schmerz.
Carlo lebt? Jetzt lächeln Erde und Himmel wieder.
Sonne und Sterne leuchten wieder hell, die ganze Welt ist mit Liebe erfüllt.
Warum flohst du den Gesang beim Festbankett?
Eine andere Stimme klang noch in meinem Herzen nach:
das fromme Gebet,
das deinen Vaterzu diesem Grab geleitete.
Willst du ewig um ihn klagen?
Ach, leg endlich diesen Büßerstrick ab
und dieses dunkle Gewand, das deine Reize vor mir verbirgt.
Ich liebe dich, Amalia, ich liebe dich mit einer übergroßen, brennenden Liebe!
Ich bitte dich, mit mirzu herrschen,
ich biete dir meine Hand und mein Herz.
Ich, dein unumschränkter Herr,
falle dir als Sklave zu Füßen.
Du hast meinen Geliebten in den Tod geschickt,
und jetzt lädst du mich als deine Gemahlin zu einem Hochzeitsbankett?
Schurke ! Du wirst mit mir kein ehrloses Brautbett besteigen !
Vermessene! Vier Wände werden gewiss imstande sein, deinen Stolz zu beugen.
O du feiger Tyrann, fern von dir werde ich glücklich sein.
Das ist es, was du erhoffst? O nein, Dreiste !
Du wirst hierbleiben,
als meine Mätresse und Dienerin!
Nein !
Ja, als meine Mätresse!
lch will, dass jeder schon bei deinem Namen errötet.
lch will dich an den Haaren schleifen.
lch habe dich beleidigt. Vergib mir !
Zurück, du Missgeburt, wenn du nicht fühlen willst,
wie sich diese Klinge in dein Herz bohrt.
Den todbringenden Dolch in meiner Hand
lenkt derzornige Geist deines Vaters.
O du gemeines Weib, du weißt nicht, wen du herausforderst.
Mit Blutwirst du für diese Beleidigung bezahlen.
Ketten, Peitschen, immer neue Martern
soll mir die Rache für dich eingeben.
Den ganzen Tag haben wir nichts getan.
- Habt ihr schon gehört? - Was ist passiert?
- Rolla ist gefangen! - Gefangen? Was hören wir?
Erwird schon bald am Galgen baumeln.
Was sagt der Hauptmann?
Erwill aus Prag ein Leuchtfeuer machen.
Seinen Schwurwird er auch halten.
- Armes Prag ! - Wie, ihr habt Mitleid?
Armer Rolla, schon bald...
Oh, seht ihr nicht das gewaltige Feuer?
Das ist kein Scherz,
der Hauptmann hielt sein Wort.
Welch entsetzliches Feuer! Was mag geschehen sein?
Das Ende derWelt ist nahe.
Hilfe ! Rettung !
Tod und Teufel! Wer kommt?
Rollas Geist?
Bei Gott, er ist es selbst!
Wo kommst du her in solcher Eile?
Ich?
lch komme direkt vom Galgen.
Branntwein! lch halt's nicht länger aus.
Trink, und dann berichte!
Erzähle du ihnen.
Die Städter liefen sogleich nach dem Spektakel,
und nachdem wir Brandfackeln geworfen hatten,
riefen wir von allen Seiten: »Feuer !«
Und dann gab es Gedränge, Tumult, Wehgeschrei!
Der Pulverturm explodierte mit lautem Getöse,
und Furcht ergriffdie Soldaten.
In diesem Augenblick stürzte der Hauptmann in die Menge
und befreite Rollas Kopf aus der Schlinge.
Er lebe hoch ! Der Sieg eines starken Armes und Verstandes!
Niemand kann über den Räuber die Oberhand gewinnen.
Ja, mich hat er aus dem Grab gezerrt.
Da ist er ! Er sieht niedergeschlagen und unglücklich aus !
Hauptmann, was hast du vor?
Wir brechen im Morgengrauen auf.
Der Räuber lebe hoch!
Wie herrlich und großartig ist der Sonnenuntergang !
Anbetungswürdig!
So stirbt ein Held!
Natur, du bistwahrhaftig schön!
Wahrhaftig schön und wunderbar.
Und ich, so schrecklich und abscheulich!
Alles hier istfreundlich,
ich allein finde die Hölle im Paradies !
Umlagert von Räubern,
angeschmiedet an das Verbrechen,
bin ich von derWelt verworfen
und vom Himmel verflucht.
Süßes unschuldiges Mädchen!
Wenn meine Gedanken zu dir eilen,
schmerzen mich meine Ketten umso mehr,
ist meine Qual noch grausamer.
Hauptmann, wir sind umzingelt.
- Von wie vielen Bewaffneten? - Von tausend Soldaten.
Auf, Brüder, vereinigt euch zu einer Truppe,
und habt keine Angst vor Leuten, die sich fürchten !
Auf, Brüder, wirwollen zum Kampfeilen wie die Wölfe dieses Waldes!
Über dieses servile Pack zu triumphieren, gibt dem Verzweifelten neuen Mut.
Wer ein freies Schwert führt, hält eine Armee in seiner Hand.
Ein Einziger aus unserer Bande genügt, um sie alle zu schlagen.
lch danke dir, Gott !
ln dieserfremden Wildnis bin ich sicher vor den Klauen des Verruchten.
Wo bin ich?
Welche Einöde umgibt mich?
Ich kann keinen Pfad erkennen
und sehe nur Gestrüpp und Steine,
die meine müden *** behindern.
Stehlen, morden, huren, balgen,
da s ist uns nurZeitvertreib.
Was für Stimmen sind das? Weh mir!
lch bin in die Hände von Räubern gefallen. Himmel, steh mir bei!
- Sie kommen näher. - Großer Gott !
Habt Erbarmen, ihr Grausamen, mit meinem Unglück!
Amalia!
- O wer nennt mich beim Namen? - Sieh mich an ! - Wer bist du?
Erkennst du nicht mehr in meinem sonnenverbrannten Gesicht...
- Es ist mir nicht unbekannt. - ...Carlo?
Bei allen himmlischen Geistern, endlich habe ich dich ge funden !
Ich umarme dich, Carlo/ Amalia, umarme mich !
Drücke dein Herz an meines !
Nie mehr sollen uns Gott oder Menschen trennen!
Carlo, wir müssen fliehen !
Soeben hörte ich scheußliche Stimmen.
Wovor hast du Angst, wenn ich bei dir bin?
Sie darf nie erfahren, an welche Höllenkreaturen ich mich gebunden habe!
Welches Meer, welches Land konnte dich von mirtrennen?
Ach, Unglückliche, lass diese grausamen Fragen !
Falsche Nachrichten meldeten, du seiest tot.
Glücklich wäre ich, hätte ich mein Grab gefunden!
Dann hast du viel gelitten, mein Carlo?
Möge dein Herz es nie erfahren!
Ich war einsam und habe viele Jahre um dich geweint.
Ein Engel hat es gewagt, um mich zu weinen?
Aber ein Regenbogen des Friedens hat die Stürme vertrieben.
Unsere Qualen sind vorüber, unsere Angst ist zuende.
Die grenzenlose Freude dieses himmlischen Augenblicks, mein/e Geliebte/r,
löscht die Erinnerung an alles Leid.
Was suchst du hier im Wald, so einsam und verloren?
Warum flohst du aus dem Schloss?
Höre, Carlo: Nachdem dein Vater begraben war...
Ihm bleiben dieser *** und diese Schande erspart !
...bedrohte Francesco, der neue Herr,
mein Leben und meine Ehre !
Dieser Schurke !
Aber Gott sandte mir dich!
Liebste, vertraue aufdeinen Carlo.
- Komm mit mir ! - Mit dir auf Erden und dann im Himmel !
Schöne betrogene Seele!
Dort oben wird das Licht unserer Liebe
nur noch heller und schöner erstrahlen.
Dort oben, bei den Seligen Gottes,
werden wir alle Sorgen vergessen.
Dort oben wird das Licht unserer Liebe
nur noch heller und schöner erstrahlen.
Dort oben, bei den Seligen Gottes,
werden wir alle Sorgen vergessen.
Stehlen, morden, huren, balgen,
das ist uns nurZeitvertreib.
Brüder, lasst uns heute lustig sein,
morgen hängen wirwohl schon am Galgen.
Auf, lasst uns heute lustig sein,
morgen hängen wirwohl schon am Galgen.
Ein freies Leben führen wir, ein Leben vollerWonne.
Die Höhle gibt uns Schutz, der Wald ist unser Nachtquartier.
Hier sättigt uns ein Pfaffe, dort mästet uns ein Pächter.
Merkur ist unser Schutzgott und der Mond unsre Sonne.
Das Wehgeheul erschlagenerVäter,
das Gezetervon Bräuten und Müttern
sind uns Musik, sind ein Vergnügen
für unsre rohen Herzen aus Stein.
Aberwenn unser Stündlein schlägt
und der Henker uns holen kommt,
dann schütteln wir den Staub von unseren Stiefeln und Mänteln
und ernten den Lohn ruhmreicher Taten.
Dann sind wir am Ziel unseres kurzen Weges und spülen die Kehlen mit dem letzten Wein.
Und mit einem Sprung gelangen wir ins Jenseits.
Willkommen, Hauptmann !
Wie spät ist es?
Mitternacht.
Schlaft ! Ich werde Wache halten.
Ich habe dich getäuscht, Amalia!
Du glaubst, ich sei für immer der Deine,
und ich bin für immer getrennt von dir.
SogarVerworfene finden Schlaf,
aber mich flieht er !
O Leben, du dunkles Mysterium!
Und ihr, Tod und Ewigkeit,
nichtwenigertiefe Geheimnisse, wer kann euch durchdringen?
Diese miserable Waffe könnte mir das große Siegel lösen.
Es sei !
Aus Furcht vor einem qualvollen Leben?
Nein! lch will es dulden.
Die Qual erlahme an meinem Stolz.
Alles ist still und dunkel.
Komm an das Gitter, armer Insasse dieses Gefängnisses.
Dein Essen ist da.
Was höre ich?
Arminio, bist du es?
lch bin es; komm und iss.
Mich zerfraß schon der Hunger.
Leb wohl!
Geh hinunter in dein Loch.
Es ist gefählich, hier bei dirzu sein !
Verruchter Sohn !
Bleib stehen!
- Weh mir ! Ich bin ertappt. - Wer bist du? - Habt Erbarmen, Herr !
Ich bin schuldig, ich hatte nicht das Herz.
- Arminio! lch höre eine andere Stimme. - Wer spricht in diesem Turm?
- Herr ! - Fort mit dir oder ich...
Wer bist du? Wer hilft mir?
Welche Stimme? Mein Vater!
Geist des Grafen Moor!
Welche Sünde lässt dich von den Toten zu uns kommen?
Ich bin kein Geist, und ich bin auch nichttot.
Haben sie dich nicht unter die Erde gebracht?
Ja, lebend, dort hinein!
Himmel! Welcher Teufel hat dich dort hineingestoßen?
Mein Sohn Francesco.
O ewiges Chaos!
Höre und staune !
O ewiges Chaos!
Ein Unbekannter, es mag jetzt drei Monate her sein,
brachte mir die Kunde, dass mein Carlo umgekommen sei.
lch wurde ohnmächtig, übermannt vom plötzlichen Schmerz,
und man hielt meine Ohnmacht für den Tod.
Als ich wiederzu mir kam, fand ich mich zwischen vier Brettern eingeschlossen.
lch schüttle mich, jammere.
Man hebt das Leichentuch.
Francesco steht vor mir.
»Wie?«, ruft er aus. »Bist du vom Tode auferstanden?«
Der Sarg wurde wieder geschlossen und hierhin gebracht,
dann öffnete man abermals den Deckel.
»Kippt dieses Gespenst dort unten hinein.«
»Er hatzu lange gelebt !«, rief mein Sohn.
Vergeblich waren meine Bitten und Klagen.
lch wurde in dieses fürchterliche Loch geworfen,
und mein unmenschlicher Sohn
verschloss eigenhändig die Türen dieses Verlieses.
Steht auf, ihr Steine !
Was ist? Wer greift uns an?
Seht ihr diesen alten Mann?
Die Klauen eines teuflischen Sohns brachten ihn lebendig unter die Erde !
- Er ist mein Vater ! - Dieser hinfällige alte Mann?
Rache !
Dich rufe ich an, Gott im Himmel, der du alle Übeltäterzüchtigst!
Möge ewige Finsternis mein Auge bedecken,
wenn ich nicht vor dem Morgengrauen das Blut des Schändlichen vergieße.
Und ihr, Räuber, werdetzum Arm der göttlichen Gerechtigkeit!
Beugt eure Häupter, fallt in den Staub,
kniet niedervor der Macht, die euch dazu bestimmt.
Dann aber steht geheiligt auf, schrecklich wie die Engel des Gerichts!
Was willst du? Sag es uns.
Jeder von euch schwöre, dieses ehrwürdige weiße Haupt zu rächen!
Wir schwören dir, dieses ehrwürdige weiße Haupt zu rächen!
Ihrwerdet den Vatermörderzu mir bringen, sei es vom Mahle, sei es vom Altar!
Wirwerden den Vatermörderzu dir bringen, sei es vom Mahle, sei es vom Altar!
Schwört, ihn lebend und unversehrt meinem Schwert aufzusparen !
Wir schwören es!
ZerstörenderZorn Gottes,
heute sind wir dein Schwert !
Verraten ! Die Toten stehen auf !
Sie schreien und nennen mich Mörder !
Heda!
- Mein Herr? - Hörtest du nicht den Lärm?
- Nein, mein Herr. - Nein? Geh !
Laufzum Pastor und hol ihn her.
Bleib hier !
Schick jemand anderen.
Wie ! Ihrzittert?
lch? Nein.
lch zittre nicht.
Arminio, sag: Stehen die Toten wieder auf?
Oder lügen Träume?
Mirträumte eben etwas Entsetzliches.
Wie bleich Euer Gesicht ist!
Hör mich an !
lch höre.
Mirwar, als wäre ich von einem üppigen Mahle aufgestanden
und hätte im Schatten eines schönen Gartens geschlummert.
Da erwachte ich plötzlich von einem dumpfen Brausen,
und die Welt schien in Flammen zu stehen.
Dieses Feuerzerschmolz, verzehrte alle menschlichen Wohnungen.
Sodann erscholl ein Ruf:
»Erde, entlasse die Toten aus deinem Schoß !«
»Meer, speie die Toten aus deinem Schlund! «
Und unzählige Gebeine bedeckten das weite Gelände.
In diesem Augenblick wurde ich aufden Rücken des Sinai versetzt,
und drei strahlende Gestalten blendeten mich.
Das istja das Bild vom Jüngsten Tage!
Die erste hielt ein geheimes Buch und rief:
»Wehe dem, dem es an Glauben mangelt !«
Die zweite hielt einen Spiegel in der Hand und sagte:
»Böswillige Lüge kann hier nicht bestehen !«
Die dritte hielt eine Waage hoch und rief laut:
»Tretet herzu, ihr KinderAdams !«
Mein Name erscholl als erster aus den Wolken,
die den Sinai mit einer furchtbaren Hülle umgaben.
Fürjede Stunde meines Lebens kam eine neue Sünde
in eine Waagschale, die zu einem Gebirge wuchs.
Aber das Blut des Erlösers in der anderen
hielt diesen Sündenberg hoch in den Lüften.
Dann kam ein alter Mann, vom Hunger gezeichnet;
er schnitt eine Locke von seinem silbernen Haar,
und in die Schale der Schuld und der Klagen
warfder alte Mann, den ich kenne, die Locke.
Da sank die Schale krachend nach unten,
die andere schnellte hoch in die Wolken,
und es erscholl eine Donnerstimme:
»Für dich, Verfluchter, hat Gottes Sohn nicht gelitten.«
Hast du mich zu dieser Stunde gerufen,
um wie sonst die Religion zu verspotten?
Oder bedrängt dich schon die Ewigkeit?
Hirngespinste!
Deine Blässe verrät dich.
Du zitterst.
Wovor?
Vor dem Gott, den du leugnest,
und dessen Stimme deine verwirrte Seele hört.
Schon hörst du, wie er Rechenschaft für deine Verbrechen fordert.
Was kann er mir schon tun?
Wenn die Seele unsterblich ist,
werde ich deinen Gott so lange reizen, bis er sie vernichtet.
Welche Sünde reizt seinen Zorn am meisten?
Zwei Verbrechen sind es:
Vatermord und Brudermord.
Schweig!
Du lügst!
Aber derVerstand des Menschen kann sie nicht ersinnen.
Ein wilder Trupp von Reitern jagt den Hügel herab.
Alles soll in die Kirche! Jeder soll für mich beten!
Da s Bollwerk ist zerstört!
Gib mir die Absolution !
Das kann nur Gott.
Kein Mensch kann dich lossprechen.
Da s Bollwerk ist zerstört!
Zittre, Bösewicht! Donner und Blitz rasen über dir.
Höre mich, Ewiger !
Das ist das letzte Mal, dass ich zu dir bete.
Da s Bollwerk ist zerstört!
Gott verweigert dir seine Vergebung; der Schlund der Hölle tut sich vor dir auf.
Das ist das erste und letzte Mal, dass ich zu dir bete.
Der Schlund der Hölle tut sich vor dir auf.
Höre mich, Ewiger !
Zittre, zittre!
Nein, die Hölle soll mich nicht verlachen !
Francesco, mein Sohn!
Was! Du beklagst ihn?
Der Himmel rächt mich nicht durch deine Hand,
erzüchtigt mich nur !
Vergib deinem Vater,
Geist meines Carlo !
Er vergibt dir.
lch habe ihn für immerverloren!
Ja, für immer!
Und ich lebe voll Kummerweiter?
Der Himmel weist mir einen Weg ! Wenn ich das von ihm erwirken könnte...
Belohne mich nun für deine Rettung, alter Mann,
und schenke deinem Befreier deinen Segen!
Gott erbarme sich deiner,
wie du dich erbarmst!
Küsse mich, gütiger Greis.
Nimm diesen Kuss, geliebter Fremdling,
wie den Kuss eines liebenden Vaters.
Und lass mich in meinen Gedanken wähnen,
es sei der Kuss eines lieben Sohnes.
Die ganze Süße der Lippen eines Vaters
ging von deinen Lippen in mein Herz über.
Einen flüchtigen, seligen Augenblick lang
sah ich jenen Himmel, den ich für immerverloren habe.
Hier sind sie!
- Hauptmann ! Hauptmann! - Wer seid ihr?
Er ist nicht da; er schlüpfte uns durch die Finger.
Dank sei dir, Allmächtiger!
Hurra, Kameraden! Eine glänzende Beute!
Lasst mich los, ihr Schurken! Carlo, wo bist du?
- Amalia! - Du lebst? - Wer brachte sie her?
- Oh, schütze mich ! - Schicksal, du hast gesiegt !
- Mein Bräutigam, redest du irre? - Dein Bräutigam?
Reißt sie mirvom Hals !
Tötetjenen Alten!
Tötet auch sie, tötet mich, tötet euch alle !
Oh, könnte alles, was lebt, mit einem Schlag vernichtetwerden!
Redet er irre?
Der Sohn, den du verfluchtest, wurde auch von Gott verworfen !
lhr aber, die ihr mich vom Himmel in den Abgrund zogt,
verfluchte Werkzeuge des göttlichen Zorns...
Amalia, höre mich!
UnglücklicherVater, höre mich und stirb!
Diese deine Retter sind Räuber und Mörder!
Und dein Carlo ist ihr Hauptmann !
Wehe, wehe!
Warum schwieg er nicht?
Der Gottlose ist gefallen ! Gott hat ihn verworfen.
Träume der Freude, lebtwohl für immer !
Fesseln, Gefängnis, Henkersbeil und Scheiterhaufen,
das sind die Ehestifter unserer Liebe.
Engel oder Teufel, ich lasse dich nicht!
Ich bin deine Braut und kann nicht von dir getrenntwerden!
Mit dirwill ich Zepter und Joch teilen,
Himmel und Hölle, Freude und Schmerz.
Dieser Engel liebt mich ! Sie liebt mich und vergibt mir!
- Mein Carlo ! Für immer mein ! - Amalia! Für immer mein!
Jahrhunderte werden vorüberziehen, Welten werden untergehen...
Öffnet sich kein Abgrund, mich zu verschlingen?
...mit unseren Seelen wird unsere Liebe weiterleben.
Meineidiger, hör uns an! Hast du deinen unwiderruflichen Schwurvergessen?
Hat Gott keine Erdbeben oder Wirbelstürme mehr?
Es istwahr! Es istwahr!
Diese Narben machten dich zu einem von uns.
Sieh, Verräter ! Wir haben sie deinetwegen.
Wenn du deine Ketten nichtzerbrechen kannst,
dann geh, abertöte mich zuerst !
Das Leben wäre für mich unerträglich.
Gib mir diesen letzten Beweis deiner Liebe.
Sie reißen mir den Schleier von den Augen !
Diese Narben haben wir deinetwegen.
lch werde aus meinem himmlischen Traum gerissen !
Ein Strudel verschlingt mich und zieht mich hinab.
Du gehörst zu uns!
Hört mich, ihr Teufel!
lhr opfertet mir ein Leben voll Abscheulichkeit und Schande.
lch opfere euch einen Engel!
Was tust du? Halt ein !
Jetztzum Galgen! �