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Kreise im Raum ...
die hübsche Muster bilden.
Damit man die 3-dimensionale Sphäre besser versteht,
als Teil des 4-dimensionalen Raumes,
werde ich zeigen, wie man unseren 3-dimensionalen Raum mit Kreisen ausfüllen kann.
Dabei entsteht das, was Mathematiker eine "Faserung" nennen.
Nun also, ich heiße Heinz Hopf
und ich bin einer der Hauptakteure für die Entwicklung der Topologie
in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts.
Bitte betrachten Sie diese Torusförmige Fläche,
die von Kreisen ausgefüllt ist, welche verschränkt scheinen.
Ich werde Ihnen dieses Bild erklären.
Kreise, Sphären und Tori gehören zu den einfachsten Objekten,
die in der Topologie untersucht werden.
Ich versuche, die Beziehung zwischen diesen Objekten zu verstehen.
Ich arbeite in Berlin, Princeton und Zürich, und mein Name
taucht auch in der gegenwärtigen Mathematik noch häufig auf:
der Satz von Poincaré-Hopf, die Hopf-Invariante, die Hopf-Algebra, die Hopf-Faserung.
Hier sehen Sie ein Portrait von mir.
Ich habe die Entdeckung "meiner" Faserung im Jahre 1931 veröffentlicht,
aber, wie üblich, muss man dazusagen, dass ich mich dabei
auf eine Reihe von Vorgängern gestützt habe, wie zum Beispiel Clifford,
den Sie hier sehen: Er hat im 19-ten Jahrhundert in England gearbeitet.
Wir fangen mit einigen Erläuterungen an der Wandtafel an, die diesmal leer ist !
Was sehen Sie ?
Eine 2-dimensionale Ebene, müssten Sie mir antworten.
Na ja, dies ist richtig, aber auch falsch.
In der Tat ist es eine 2-dimensionale Ebene, aber
es handelt sich um eine 2-dimensionale komplexe Ebene,
d.h. also um einen Raum von reeller Dimension 4.
Nun bitte, strengen wir uns ein wenig an !
Jeder Punkt in dieser Ebene wird durch zwei Koordinaten festgelegt,
aber jede dieser beiden Koordinaten ist eine komplexe Zahl,
die, wie Sie sich vielleicht noch erinnern, selbst wiederum durch zwei reelle Zahlen bestimmt ist ...
Jede der beiden Koordinaten-Achsen ist eine komplexe Gerade,
d.h. die Punkte auf einer solchen "Achse" haben als Koordiante
eine komplexe Zahl.
Hier sehen Sie zum Beispiel den Punkt 2-i auf der ersten Achse (die "Abszisse").
Das Gleiche gilt für die zweite Achse, die "Ordinate".
Hier sieht man den Punkt 1-2i auf dieser Achse.
Unsere Wandtafel hat zwar Zauberkräfte,
aber leider reicht das nicht aus, um beide Ebenen gleichzeitig zu sehen !
Im 3-dimensionalen Raum schneiden sie sich entlang einer Geraden,
während sie sich im 4-dimensionalen Raum nur im Nullpunkt schneiden:
Schließlich handelt es sich ja um Achsen !
Was sehen Sie jetzt ?
Den Kreis ? Richtig ... aber auch falsch !
Das was Sie sehen, oder vielmehr was Sie sich vorstellen müssen,
ist die Menge aller Punkte im 4-dimensionalen Raum
mit Abstand 1 vom Nullpunkt.
Anders gesagt, es handelt sich um nichts weniger als genau die Sphäre S3 !
Gut, einverstanden: Man braucht ein wenig Vorstellungskraft ....
Betrachten wir zunächst einmal nur, wie diese Sphäre die erste der beiden Achsen schneidet.
Die Sphäre S3 schneidet die erste Achse
in der Menge der Punkte auf dieser Achse, die Abstand 1 vom Nullpunkt haben.
Sie sehen also, die Sphäre S3 schneidet die erste Achse in einem Kreis.
Das Gleiche gilt ebenfalls für die zweite Achse,
die ebenfalls die Sphäre S3 in einem Kreis schneidet, der hier blau eingefärbt ist.
Aber schauen wir doch ! Was für die waagrechte und für die senkrechte Gerade gilt,
das muss auch auch für all die anderen Geraden richtig sein, die durch den Nullpunkt gehen.
Hier sehen Sie die Gerade für die Gleichung z2=-2z1,
aber man könnte die gleiche Betrachtung auch für jede andere Gerade z2 = a z1 anstellen,
wobei a eine beliebige komplexe Zahl sein kann.
Das heißt also, dass die Abstand-1-Sphäre S3 im 4-dimensionalen Raum
mit Kreisen ausgefüllt ist, und zwar jeweils einer
für jede komplexe Gerade, die durch den Nullpunkt
unserer "Ebene" der komplexen Dimension 2 geht.
Bitte aufgepaßt: In dem Bild sieht es aus, als ob die roten Kreise sich schneiden würden,
aber dies passiert in Wahrheit nicht, im 4-dimensionalen Raum.
Die Geraden schneiden sich nur im Nullpunkt,
also können sich deren jeweilige Schnittmengen mit der Abstand-1-Sphäre
überhaupt nicht berühren.
Diese Zerlegung der Sphäre in Kreise,
das habe ich entdeckt,
und man nennt sie seitdem die "Hopf-Faserung" !
Warum Faserung ?
Weil man dabei ein bisschen an die Fasern eines Stoffes denken soll.
Wir werden dies nun anhand der stereographischen Projektion beobachten.
Stellen Sie sich also bitte vor, daß man die Sphäre S3 von ihrem Nordpol aus
auf den Tangentialraum am Südpol projeziert, der ein 3-dimensionaler Raum ist, genauso wie unsere gewohnte Umgebung.
Hier sehen sie also die Projektion von einem der Schnittkreise, wie wir ihn soeben diskutiert haben,
zwischen einer komplexen Geraden einerseits, und der Abstand-1-Sphäre andererseits.
Es gibt aber viele solcher Schnittkreise,
und zwar immer genau einen für jede Gerade, die durch den Nullpunkt geht.
Für jede komplexe Zahl a
können wir die Gerade z2= a z1 betrachten, sowie den zugehörigen Kreis.
Indem wir die Zahl a variieren, oder, was auf das Gleiche hinausläuft,
indem wir die Gerade drehen, können wir beobachten, wie der Kreis sich ändert.
Beachten Sie, dass gelegentlich aus dem Kreis eine Gerade zu werden scheint,
aber dies passiert einfach nur deswegen, weil der Kreis durch den Nordpol auf unserer Sphäre S3 geht.
Wir beobachten nun zwei solche Kreise gleichzeitig.
Unten links sehen wir zwei variable komplexe Zahlen vom Typ "a", rot und grün.
Und man sieht den zum roten Punkt gehörigen roten Kreis,
und den zum grünen Punkt gehörigen grünen Kreis.
Sie sehen, dass zwei beliebige Kreise verschränkt sind
wie zwei Glieder einer Kette:
Es ist unmöglich sie zu trennen, ohne einen von beiden zu zerbrechen.
Zum Vergnügen wollen wir nun drei Kreise gleichzeitig betrachten ...
Betrachten Sie den Tanz, den diese drei verschränkten Kreise aufführen.
Auf gehts, wollen wir doch ganz viele solcher komplexen Geraden nehmen,
die ein bisschen zufällig ausgewählt sind,
und wir wollen alle diese Kreise gleichzeitig beobachten, nur so, zur Ansicht.
Die Kreise füllen den Raum aus,
und je zwei davon schneiden sich nicht:
Dies ist ein Beispiel für die Struktur einer Faserung.
Versuchen wir, dies noch ein bisschen besser zu verstehen,
und lassen Sie uns zur Tafel zurückkommen.
Schauen Sie: Wir erhalten für jede Gerade einen Hopf'schen Kreis.
Jede der Geraden hat eine Gleichung der Form z2 = a z1,
wobei a eine komplexe Zahl ist,
nämlich die "Steigung" der Geraden,
die angezeigt wird durch den roten Punkt, der auf der grünen Geraden entlang wandert ...
Zwar ist die Gleichung für die vertikale Gerade streng genommen nicht von dieser Form,
aber eigentlich doch, wenn wir für a den Wert Unendlich wählen.
Aber wir sollten auch nicht vergessen, dass a selbst eine komplexe Zahl ist.
Die grüne Gerade ist nämlich ebenfalls eine komplexe Gerade,
d.h. eine reelle Ebene.
Wir fassen zusammen: Die komplexen (roten) Geraden, die uns interessieren,
sind vollständig bestimmt
durch einen Punkt auf jener komplexen (grünen) Geraden, wobei wir hierbei nicht vergessen dürfen,
den Punkt im Unendlichen hinzuzufügen.
Aber wir haben bereits gesehen, dass durch Hinzufügen des Punktes im Unendlichen
zu der komplexen Geraden gerade die uns geläufige Sphäre S2 entsteht.
Und wiederum handelt es sich um die stereographische Projektion.
Somit gilt: Die komplexen Geraden, die uns interessieren,
sind jeweils beschrieben durch einen Punkt auf der gelben Sphäre S2,
d.h. einer Sphäre der Dimension 2.
Für jeden Punkt von S2 erhält man also einen Kreis.
Aber ein Kreis, den können wir doch auch
als Sphäre der Dimension 1 bezeichnen, nicht wahr ?
Und alle diese Kreise zusammen füllen die Sphäre S3 aus.
Jeder Punkt von S3 gehört zu genau einem der Kreise,
und bestimmt somit einen Punkt von S2.
Und damit erhalten wir so eine Art "Projektion"
von der Sphäre S3 auf die Sphäre S2.
Ziemlich kompliziert, nicht wahr ?
Der Mathematiker sagt, dass "über jedem Punkt des Basisraums S2
sich eine Faser befindet, die einem Kreis S1 gleicht,
und dass der Gesamtraum dieser Faserung die Sphäre S3 darstellt".
Ich bin sehr stolz auf meine Faserung,
und zwar um so mehr, als diese
ein fundamentaler Gegenstand der Topologie geworden ist.