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"Die vor der Liebe verrückte" von Antonio Galli ist ein neuartiges Kunstwerk
in der mailändischen Kunst Anfang des 19. Jahrhunderts.
Der Skulptor wurde beeinflusst durch die zeitgenössischen Künstler Alessandro Puttinati und Vincenzo Vela
und schuf ein naturalistisches Kunstwerk, reich an Ausdruckskraft.
Zu jener Zeit probierten die Brüder Induno eine neue Art der Malerei aus,
in der zeitgenössische Subjekte und Genremalerei mit pädagogischen Bedeutungen beladen wurden.
Die Skulptur stellt eine Frau dar, die durch ihren geistesgestörten Gesichtsausdruck zeigt,
dass sie wahnsinnig geworden ist.
Das Werk wurde erstmal 1854 in der Brera Ausstellung gezeigt
und sorgte sofort für eine heftige Debatte.
Die Tatsache, dass Schönheit nicht mehr das Hauptmerkmal war,
sondern *** und Verzweiflung, wurde viel kritisiert, unter anderem, von Carlo Tenca.
Tenca behauptete, dass Kunst keine niederen Gefühle darstellen sollte
sondern nur die gehobene.
Er schrieb die Merkmale des Kunstwerks von Galli einem Moment moralischer Krise
in der mailändischen Bildhauerei zu, das den Inhalt beeinflusste.
Es war dennoch nötig die Wünsche eines neuen Bürgertums zu erfüllen,
das auf der Suche nach einer neuen, dekorativen Kunst war.
Eine Rezension von Antonio Zoncada, die 1855 in der Serie "Gemme d'arti italiane" veröffentlicht wurde,
bot dem Thema der Skulptur eine interessante Deutung.
Die militärische Schulterklappe auf der Erde und das hängende Medaillon auf der Brust
lassen uns denken, dass sie ihren Geliebten verloren hat und davon wahnsinnig geworden ist.
Die Skulptur kann als eine Transposition
von der berühmten Protagonistin des Melodramas "Nina oder die von der Liebe verrückte" von Giovanni Paisiello interpretiert werden,
die Anfang des 19. Jahruhunderts in Mailand sehr bekannt war.
Die Oper, eine italienische Version der berühmten französischen Komödie von de Vivetières
wurde im Mai 1786 in Paris uraufgeführt.
Die Version von Paisiello wurde erst drei Jahre später in dem Königspalast von Caserta
mit dem Libretto von Giuseppe Carpani aufgeführt.
Es handelt sich um die Geschichte von einer jungen Frau, Nina
deren Vater sie gezwungen hat, den geliebten Mann mit einem reicheren zu ersetzen.
Als sie den Körper des Geliebten sah, der während des Duells gegen den Feind schwer verletzt wurde,
wird Nina wahnsinnig.
Die Rückkehr des Geliebten, der überlebt hat,
erlaubt Nina von ihrem Wahnsinn befreit zu werden.
Eines der Hauptthemen des Melodramas ist Wahnsinn,
ein literarisches und theatralisches Topos
das immer Distanz bedeutet hatte.
Der Wahnsinn wurde während der Romantik als Zeichen eines feinen Sinnes angesehen
und man kann in seiner Irrationalität
eine besondere Verbindung mit Gott erkennen.
Nun wird es in seiner Natur mentaler Devianz gezeigt
und als ein würdevoller Gegenstand betrachtet.
Wahnsinn aus Liebe war ein Leitmotiv von anderen Melodramen
wie die "Lucia von Lammermoor" von Donizetti oder "Die Puritaner" von Bellini
und wird eines der beliebtesten Themen während der Romantik.
Der Ausdruck von vergänglichen Gefühlen,
der schon erfolgreich von den Brüdern Induno in ihren Werken behandelt worden war
wird von Galli in seiner Skulptur wieder aufgegriffen
und diese verbildlicht die Neigungen ihrer Zeit