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Hallo zur neuen Folge von Gerrits Tagebuch
Heute wird sich mal alles um die Feuerwehr drehen.
Die haben wir zwar schon seit 11 Jahren im Einsatz,
viele von Euch haben sie auch schon gesehen,
aber richtig ausführlich darüber berichtet haben wir noch nie.
Ich höre oft, wenn hier z.B. das Wohnhaus in Knuffingen brennt,
von denen, die sich das anschauen:
"Hm, über 30 Feuerwehrautos? Das ist ja völlig unrealistisch!"
Ist es nämlich nicht! Deswegen möchte ich heute ein bisschen erklären
was wir uns bei den Feuerwehreinsätzen gedacht haben,
und wie dicht wir an der Realität bleiben.
Wir fangen nämlich eine neue Serie an, in der wir alle 11 großen
Wunderland-EInsätze einmal vorstellen wollen, und mit schönen
Kameraperspektiven für jeden Einsatz ein Video schneiden,
und die Geschichte dahinter erzählen wollen.
Anfangen werden wir hier mit dem Wohnhausbrand.
"Feuerwehr und Rettungsdienst Knuffingen,
wo genau ist der Unfallort?"
"Hier ist Schmidt, auf der Schloßstraße, da brennt eine Wohnung
an der Ecke Brauereigasse im 2ten Stock!"
"Sind da noch Personen in der Wohnung?"
"Nein, nein!"
"Sie sind vor Ort und können die Feuerwehr anweisen?"
"Ja, ich bleib dann so lange hier, aber komm' Se denn nu?"
"Wir sind schon unterwegs und sind gleich bei Ihnen."
Hier sitze ich, wo meine Software-Programme und auch
die Feuerwehreinsätze entstehen.
Im Jahre 2000 habe ich schon angefangen die Fahrzeugsteuerung zu schreiben,
die also die Schiffe, die Flugzeuge, und halt die Autos steuert.
Die Autos sind ein ziemlich umfassendes System,
was bis heute gewachsen ist, und immer perfekter geworden ist,
mit den Ampelschaltungen, rechts vor links, und den ganzen
Vorfahrts- und Wegfindungsregeln.
Ich hab vom ersten Tag an versucht, das so realistisch wie geht darzustellen.
Wir haben als Vorbild die Hamburger Feuerwehr genommen.
Ich hab die oft und lange beobachtet,
und versucht, jedes Detail unterzubringen.
Es sind so Kleinigkeiten, wie z.B., wenn ein Löschzug alamiert wird,
alle laufen zu den Fahrzeugen, wer fertig ist schaltet schonmal
Blaulicht und Licht an, zieht sein Fahrzeug schonmal vor auf den Hof vor,
und dann dauert's immer noch einen kleinen Moment.
Für 10 - 15 Sekunden fahren die immer noch nicht los,
und der Hintergrund ist ganz einfach:
In Hamburg ist der Löschzug ein Einsatzleitwagen, also ein kleines Fahrzeug,
und dann drei große Löschfahrzeuge: 2 Löschfahrzeuge
und eine Drehleiter. Die rücken in einer bestimmten Reihenfolge aus -
das hat einsatztaktische Hintergründe, aber zuerst
fährt der kleine Einsatzleitwagen.
In dem sitzt der Zugführer, der hat u.a. die Aufgabe
die Einsatzdepesche aus dem Büro abzuholen.
Das dauert einen kleinen Moment, und deshalb warten die
großen Löschfahrzeuge kurz.
Wir haben ganz häufig Angehörige der Hamburger Feuerwehr hier,
und ich hab's mehrfach erlebt, dass die Kollegen hier standen,
sich den Einsatz angeguckt haben, sich dann erfreut haben,
und dann irgendwann sagten:
"Hey, guck mal, Bernie, ist wie im echten Leben, wie bei uns!
Wir warten doch auch immer auf Dich!"
Dann freu ich mich! Dann weiß ich, alles klar:
Erstens: es passt, und zweitens: es wurde entdeckt!
Und so hab ich versucht, den ganzen Einsatz in seinem Ablauf,
- was wir an technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten haben -
möglichst perfekt darzustellen.
Zum Beispiel möchte ich immer dafür sorgen, dass die Drehleitern,
also die Fahrzeuge mit der Leiter, direkt vor'm Gebäude stehen.
Das ist in echt auch so, denn wenn es irgendwo auf dem Dach brennt,
bringt es überhaupt nichts, wenn man die Fahrzeuge, die Wasser haben,
direkt ums Haus stellt, aber die Leitern, mit denen man von oben
löschen könnte, ganz weit weg stehen und zugeparkt worden sind.
Hat z.B. auch den Hintergrund, passiert in Hamburg auch ganz oft,
wenn es in engen Bereichen der Innenstadt brennen sollte,
dass der normale Löschzugverband, Löschfahrzeug, Drehleiter, Löschfahrzeug,
aufgehoben wird, und über Funk z.B. der dritte anrückende Löschzug
aufgefordert wird, mit der Drehleiter voran zur Einsatzstelle fahren soll,
damit die Drehleiter direkt vor's Gebäude fahren kann.
Auch solche Sachen haben wir über die Jahre realisiert,
passiert bei uns auch, dass das Löschfahrzeug kurz anhält,
die Drehleiter über die Bushaltestelle in diesem Fall überholt,
und somit als erster an der Einsatzstelle ankommt.
Obwohl da schon 20 Autos stehen, ist die Leiter direkt vorm Gebäude.
Klingt simpel, macht viel Spaß dabei eine Lösung zu finden,
manchmal rauft man sich die langsam grau werdenden Haare,
bis man eine Lösung gefunden hat.
Ich hab jetzt hier den Einsatz gestartet, den starten wir mit der Hand,
das machen wir alle 15 min, das hat verschiedene Gründe:
Wir wollen einfach, dass der Einsatz perfekt läuft.
Wenn gerade ein Monsterstau in Knuffingen ist,
macht es keinen Sinn, da auch noch die Feuerwehr reinzujagen.
Da gibt es bestimmte Kriterien, aber grob alle Viertelstunde
wird ein Einsatz gestartet.
Hier ist der erste Löschzug schon alarmiert.
Da sieht man genau diese Szene, die ich vorhin meinte,
dass die großen Fahrzeuge schon mit Blaulicht auf dem Hof stehen und warten.
Da fährt der Einsatzleitwagen jetzt los.
Parallel habe ich jetzt hier einen Rauchgenerator,
der ist unter der Anlage gestartet, der diesen Rauch produziert.
Den bringen wir von einer zentralen Stelle über unterirdische
Kanäle und Ventilatoren an die verschiedenen Einsatzstellen.
Die Fahrzeuge fahren jetzt hier durch diese kleine Gasse,
dahin, wo das Haus brennt, und stellen sofort fest, dass das
eine größere Nummer und der Brand könnte sich ausbreiten.
Also geben wir hier einen zweiten Alarm, d.h. der Nachbarlöschzug
wird alamiert.
Der ist hier oben, hat auch schon Blaulicht an, die haben auch schon
den Weg frei gesperrt, damit sie mit Martinshorn und Blaulicht
schön flüssig über die Landstraße bis zur Einsatzstelle fahren können.
Wenn ein Wohnhaus im größeren Maße brennt,
macht es auf jeden Fall Sinn, egal ob vielleicht keine Menschenleben
in Gefahr sind, Rettungswagen in Bereitstellung zu haben.
Davon alarmiere ich im Laufe des Einsatzes 4 oder 5 Stück,
die stellen sich dann etwas im Abseits in Bereitstellung.
Mittlerweile hat sich das Feuer bis ins Dach ausgebreitet.
Daher wird ein vierter Alarm gegeben,
das heißt von dieser Seite der Anlage unterhalb vom Schattenbahnhof
wird jetzt alles alarmiert, was wir haben:
Zwei weiter Löschzüge, und die werden als Sonderfahrzeuge
zum Einsatz geschickt.
Das THW nimmt hier unten Aufstellung, steht also in Bereitstellung,
um die Feuerwehrkräfte zu unterstützen.
Die Sonderfahrzeuge kommen jetzt hier über die Autobahn,
also von allen Seiten und finden ihren Platz am Einsatzort.
Wenn die Feuerwehr kommt, und das Martinshorn anmacht,
ist es selbstverständlich, dass kein anders Fahrzeug mehr über Grün fährt.
Die Feuerwehr hat immer Vorrecht.
Was aber passieren kann, ist, dass genau an der Kreuzung,
wo die Feuerwehr durchmöchte, die Ampel auf Rot ist,
und ein Stau genau an der Ampel ist.
Sollte ein Fahrzeug an einer Ampel stehen wo eine Feuerwehr hornt,
die Feuerwehr aber hinter einem sein, das Ganze sich aber länger
als 10 Sekunden nicht bewegt, dann fahr ich über Rot.
Mittlerweile kriege ich nur noch etwa einmal im Monat ein Feedback á la:
"Oohh, die Drehleiter wollte da dran, aber von da kam die Polizei..."
Übrigens, wenn von da der Coke-Truck kommt, und nur da abbiegen darf,
weil er seine schönen 140 LEDs sonst an der Tunnelwand zerkratzt,
die Feuerwehr möchte aber, dass der Coke-Truck geradeaus fährt,
weil da schon die Straße gesperrt ist, dann sitz ich da...
und muss dann in einem mittlerweile 12.000 Zeilen langen Einsatz,
also in meiner Programmiersprache ist der Wohnungsbrand 12.000 Zeilen lang,
mit Wenn-Dann-Bedingungen, wo das Fahrzeug hingeschickt wird,
eine Lösung finden, so dass der Coke-Truck es nie wieder macht,
dass er in dem Moment an der Stelle steht.
Bis jetzt ist es immer geglückt, aber manchmal ist es
eine Herausforderung, und macht nicht immer Spaß.
Irgendwann hab ich mal aufgehört in einem kleinen Detail
exakt dem Hamburger Vorbild zu folgen:
Es ist der größte Einsatz, und es ist der
"Wir-zeigen-alles-was-wir-haben-und-können-Einsatz",
d.h. hier stehen auch ab und zu mal 1 - 2 Fahrzeuge,
die bei einem echten Brand vielleicht nicht kommen würden,
da denke ich mir irgendwas zu aus, wie man das erklären würde,
wenn mich mal jemand drauf anspricht.
Hauptsache, ich kann alle unsere Fahrzeuge da in diese Straße stellen!
So z.B. auch unseren fünften Löschzug, den wir gerade im Bau haben,
denn wir haben uns seit 11 Jahren bei der Feuerwehr eigentlich
immer daran orientiert, was wird in Hamburg gerade als neuester
Löschzug angeschafft, dann wurde er auch für Knuffingen gebaut.
Den Löschzug sind wir fleißig am bauen, ein Löschfahrzeug
ist nämlich schon fertig, ein HLF, ein zweites HLF ist Axel gerade
am bauen, dann kommt die Drehleiter noch dazu.
So sind 6 neue Fahrzeuge im Bau, bzw. zwei schon fertig,
und die werden wir demnächst dann mal vorstellen.
Hier ist das Feuer gelöscht, die Fahrzeuge rücken langsam wieder ein,
und wie gesagt, wir werden in den nächsten Monaten versuchen
Euch im 2-Wochen-Rhythmus alle unseren großen Knuffinger,
die amerikanischen und die Flughafeneinsatz-Szenarien mal zu zeigen,
In kleinen Filmchen, die wir schön in Szene setzen.
Wir haben einen neuen Stolz am Knuffinger Flughafen,
das ist eine Frachtmaschine von FedEx,
da zeig ich Euch jetzt am Ende ein paar schöne Eindrücke.
Ich bedanke mich wie immer für's Zusehen, freue mich auf die nächste Folge,
die wahrscheinlich mal wieder von der HafenCity
und der Elbphilharmonie handeln wird.
Tschüß!